Auslegung von Verfügungen von Todes wegen

Eine V. v. T. w. ist eine Willenserklärung des Erblassers und unterliegt daher grundsätzlich den allgemeinen Regeln über die Auslegung (§ 133 BGB). Bei Zweifeln ist der Wille des Erblassers aus allen, auch außerhalb des Testaments liegenden Umständen zu ermitteln. Bei Veränderung der Lebensverhältnisse seit Testamentserrichtung ist zu klären (hypothetisch), wie der Erblasser bei Kenntnis der veränderten Umstände testiert hätte. Die Rspr. verlangt aber zur Erhaltung der grundsätzl. Formstrenge im Erbrecht, dass die Auslegung des letzten Willens des Erblassers in der Testamentsurkunde selbst einen, wenn auch nur geringen Anhaltspunkt findet. Die A. geht stets der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung vor.

Das Gesetz stellt darüber hinaus eine Reihe von Auslegungsvorschriften auf: Mehrdeutige Verfügungen des Erblassers sind so auszulegen, dass der - durch Auslegung zu ermittelnde - Wille des Erblassers zum Erfolg führt (§ 2084 BGB). Eine unwirksame V. v. T. w. ist soweit möglich in eine andere, bei der sie Erfolg haben kann, umzudeuten (§ 140 BGB, z. B. bei Bedenkung einer nicht erbfähigen Person). Entgegen der Regel des § 139 BGB führt die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments, wenn nicht ein untrennbarer Zusammenhang anzunehmen ist (§ 2085 BGB). Mangels entgegenstehenden, feststellbaren Willens des Erblassers sind bei Einsetzung der „Verwandten“ die gesetzlichen Erben im Zeitpunkt des Erbfalls (§§ 2066, 2067 BGB) erbberechtigt; bei Einsetzung von Kindern oder sonstigen Abkömmlingen treten im Zweifel bei Wegfall des Bedachten nach Testamentserrichtung dessen Abkömmlinge an seine Stelle (§§ 2068, 2069 BGB). Bei Einsetzung der „Armen“ ist der örtliche Träger der Sozialhilfe als bedacht anzusehen (§ 2072 BGB).

Die Einsetzung eines Ehegatten oder eines Verlobten ist i. d. R. unwirksam, wenn die Ehe oder das Verlöbnis vor dem Erbfall aufgelöst worden ist, sofern nicht die Auslegung ergibt, dass der Erblasser die Verfügung auch für diesen Fall getroffen hätte (§ 2077 BGB).

Eine letztwillige Zuwendung ist auch unter einer Bedingung möglich. Bei einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung ist im Zweifel anzunehmen, dass die Zuwendung nur gelten soll, wenn der Bedachte den Eintritt der Bedingung erlebt (§ 2074 BGB; z. B. die Wiederverheiratung des Vorerben). Umgekehrt ist bei Zuwendung unter der Bedingung des Unterlassens (z. B. der Scheidung) oder eines fortgesetzten Tuns (z. B. der Übernahme einer Pflege) eine sofortige Zuwendung unter der auflösenden Bedingung der Vornahme der Handlung oder des unterlassenen Tuns zu erblicken (§ 2075 BGB). Die Verwirkungsklausel (Entziehung der Zuwendung für den Fall des Zuwiderhandelns des Bedachten gegen den geäußerten letzten Willen des Erblassers oder bei Anfechtung) ist i. d. R. ebenfalls als auflösende Bedingung auszulegen.




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