Baugenehmigung

Für die Erstellung, aber auch für den Abbruch einer baulichen Anlage — im Gesetzeswortlaut: eine unmittelbar mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlage — ist eine behördliche Erlaubnis, die Baugenehmigung, erforderlich. Durch das dazugehörige Baugenehmigungsverfahren will der Gesetzgeber gewährleisten, dass die baurechtlichen Vorschriften beachtet werden; darüber hinaus soll es sicherstellen, dass die Baubehörde die städtebauliche Entwicklung mitbestimmen kann. Um die Voraussetzungen für den Wohnungsbau zu vereinfachen, haben die Länderregierungen in den Landesbauordnungen bei der Errichtung von Wohngebäuden — mit Ausnahme von Hochhäusern — das so genannte Kenntnisgabeverfahren eingerichtet. Dieses wird jedoch grundsätzlich nur innerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplans angewendet.

Die Vorbereitungsphase für einen Bau gliedert sich in folgende Schritte:
Obwohl man für den Bau eines normalen Wohnhauses keine spezielle Genehmigung der Baubehörde mehr benötigt, muss man der Behörde das Bauvorhaben noch anzeigen. Auch in diesem Kenntnisgabeverfahren sind der Gemeinde die erforderlichen Bauunterlagen, insbesondere ein von einem Architekten erstellter und von Bauherr und Architekt unterzeichneter Bauplan, vorzulegen.
Daraufhin bestätigt die Gemeinde dem Bauherrn innerhalb kurzer Frist den Eingang der vollständigen Bauvorlagen und leitet diese, wenn sie nicht selbst Baurechtsbehörde ist, an die zuständige Behörde weiter. Gleichzeitig informiert die Gemeinde die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke von dem Bauvorhaben, falls diese nicht schon vorher zugestimmt haben. Die Baurechtsbehörde selbst prüft anhand der Bauvorlagen, ob die öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften wie etwa die festgelegten Grenzabstände eingehalten werden. Anschließend darf der Bauherr nach Ablauf bestimmter Fristen ohne gesonderte Baugenehmigung mit der Ausführung des Bauvorhabens beginnen, wenn er nicht zuvor von der Gemeinde oder von der zuständigen Baurechtsbehörde eine anderweitige Mitteilung erhält.


Behördliche Voraussetzungen für Bauvorhaben
Die Bauordnungen der Bundesländer enthalten abweichende Vorschriften; man sollte deshalb im konkreten Einzelfall immer die jeweils gültige Landesbauordnung zu Rate ziehen. Die folgenden Angaben gelten jedoch für viele Bundesländer.
Ein Kenntnisgabeverfahren ist ausreichend für
* normale Wohngebäude,
* Gebäude ohne Aufenthaltsräume bis 100 WGrundfläche und bis zu drei Geschossen,
* eingeschossige Gebäude ohne Aufenthaltsräume bis zu 250 WGrundfläche,
* Stellplätze und Garagen für Wohngebäude,
* den Abbruch von Anlagen und Einrichtungen, so weit die Vorhaben nicht verfahrensfrei sind.

Eine Baugenehmigung ist erforderlich für
* die Errichtung und den Abbruch aller baulichen Anlagen, sofern es sich nicht um verfahrensfreie Vorhaben oder solche Vorhaben handelt, die nach dem Kenntnisgabeverfahren ausgeführt werden dürfen,
* Bauvorhaben, die außerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplans liegen,
* Hochhäuser.
* Als verfahrensfreie Vorhaben gelten
* die Errichtung von Anlagen und Einrichtungen, die im Anhang der jeweiligen Landesbauordnungen genannt sind,
* der Abbruch von Gebäuden bis 300 m3 umbauten Raumes, ausgenommen notwendige Garagen, der Bau land- und forstwirtschaftlicher Schuppen bis zu 5 m Höhe.

Mitteilung genügt
Neben diesem Kenntnisgabeverfahren gibt es noch so genannte verfahrensfreie Vorhaben, die der Gemeinde nur einfach mitgeteilt werden müssen. Unter diese Rubrik fallen kleinere Baumaßnahmen, z. B. Reparaturen, die verschiedenartigsten Instandhaltungsarbeiten oder auch die Nutzungsänderungen von Gebäuden, allerdings nur dann, wenn für die neue Nutzung keine weitergehenden Anforderungen gelten als bis dahin.

ist die schriftliche Bestätigung der Baubehörde (Bauaufsicht), dass das Bauvorhaben allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und durchgeführt werden kann. Die B. ist Voraussetzung für den Baubeginn. Für einzelne Bauarbeiten (Baugrubenaushub) kann vorweg eine Teil-
B. erteilt werden. Die B. kann von den Nachbarn vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.

ist im Verwaltungsrecht die Feststellung der zuständigen Behörde (Landkreis, kreisfreie Stadt), dass einem - genehmigungsbedürftigen - Bauvorhaben aus dem zur Zeit ihrer Erteilung geltenden Recht keine Hindernisse entgegenstehen. Die B. ist ein auf Antrag (Bauantrag) ergehender und damit mitwirkungsbedürftiger feststellender Verwaltungsakt, der die formelle baurechtliche Voraussetzung eines Bauvorhabens darstellt, so dass die Errichtung eines genehmigungspflichtigen Bauwerks ohne die erforderliche Genehmigung dieses formell rechtswidrig macht. Die B. ist eine Erlaubnis gegenüber einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Sie muss erteilt werden, wenn das Bauvorhaben in jeder Hinsicht den materiellen baurechtlichen Bestimmungen entspricht. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ist ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig, wenn es dem Plan nicht widerspricht. Bauordnungsrechtlich ist die Übereinstimmung mit den jeweiligen Bauordnungsvorschriften erforderlich. Mit der Bauausführung darf nach Unanfechtbarkeit oder Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit begonnen werden. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die B. haben grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist ein Bauvorhaben ohne B. verwirklicht worden und entspricht es nicht den materiellen baurechtlichen Bestimmungen, so muss mit einer Abbruchverfügung gerechnet werden. Ist es materiell baurechtlich unbedenklich, so kann es formell baurechtlich auch nachträglich genehmigt werden. Lit.: Hauth, M., Vom Bauleitplan zur Baugenehmigung, 8. A. 2005

dient der präventiven Kontrolle von Bauvorhaben und ist in den Bauordnungen der Länder geregelt. Genehmigungspflichtig ist grundsätzlich jede Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder der Abbruch baulicher Anlagen. Bauliche Anlagen sind nach der Legaldefinition der Landesbauordnungen „mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen”. Ausreichend ist, dass die Anlage durch eigene Schwere auf dem Erdboden ruht. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht sind gesetzlich abschließend geregelt für genehmigungsfreie Vorhaben (z. B. Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Einfriedungen, Stellplätze, Werbeanlagen, Gartenlauben, Gewächshäuser etc.) und freigestellte bzw. anzeigepflichtige Vorhaben. Das Anzeige- und Freistellungsverfahren dient der Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung und gilt vor allem für bestimmte Wohnbauvorhaben, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans entsprechen. Sonstige Wohnbauvorhaben unterliegen i. d. R. einem vereinfachten Genehmigungsverfahren, das durch eine eingeschränkte Prüfung seitens der Baubehörde gekennzeichnet ist. Teilweise sind spezialgesetzliche Genehmigungen gegenüber der Baugenehmigung vorrangig. Diese Genehmigung umfasst die baurechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens (sog. Konzentrationswirkung; z.B. Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, Planfeststellungsbeschluss nach § 75 Verwaltungsverfahrensgesetz). Verfahren: Das Baugenehmigungsverfahren wird durch einen entsprechenden Antrag des Bauherrn eingeleitet. Genehmigungsbehörde ist grundsätzlich die untere Bauaufsichtsbehörde, die häufig bei den Kreisen bzw. kreisfreien Städten angesiedelt sind. Nach § 36 Abs. 1 BauGB darf die Baugenehmigungsbehörde über die Zulässigkeit von Vorhaben nach §§ 31, 33-35 BauGB nur im Einvernehmen der Gemeinde handeln. Diese Mitentscheidungskompetenz der Gemeinde folgt aus der über Art. 28 Abs. 2 S.1 GG verfassungsrechtlich geschützten Planungshoheit der Gemeinde. Eine ohne das Einvernehmen der Gemeinde erteilte Baugenehmigung ist allein wegen des fehlenden Einvernehmens aufzuheben. Das Einvernehmen gilt als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. Es darf nur aus Gründen, die sich aus §§3l, 33-35 BauGB ergeben, versagt werden. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn die Gemeinde das Einvernehmen rechtswidrig verweigert. Da es sich bei dein Einvernehmen lediglich um eine verwaltungsinterne Erklärung der Gemeinde gegenüber dem Baugenehmigungsbehörde handelt (mehrstufiger Verwaltungsakt), kann der Bauherr das verweigerte Einvernehmen nicht isoliert einklagen, sondern muss gegen die Baugenehmigungsbehörde eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung anstrengen. Das Gericht prüft inzident die Rechtmäßigkeit der Versagung des Einvernehmens. Wurde dies zu Unrecht versagt, verpflichtet das Gericht die Baubehörde zur Erteilung der Baugenehmigung. Das fehlende Einvernehmen der Gemeinde wird dann durch das Gerichtsurteil ersetzt. Darüber hinaus kann nunmehr gem. § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB das rechtswidrig versagte Einvernehmen durch einen nächsthöhere Behörde (Widerspruchsbehörde, Kommunalaufsichtsbehörde) ersetzt werden.
Neben dem gemeindlichen Einvernehmen kann das Landesrecht eine Beteiligung anderer Fachbehörden (z. B. Naturschutzbehörde, Umweltamt etc.) vorsehen. Auch eine frühzeitige Anhörung der Nachbarn kann vorgesehen sein.
Pflicht zur Erteilung: Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Bauvorhaben nicht entgegenstehen. Privatrechtliche Hindernisse (z. B. ein Überbau) sind grundsätzlich irrelevant. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören neben den Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts auch andere Fachgesetze, soweit sie spezifische Aussagen über Bauvorhaben treffen (z. B. Straßenrecht, Naturschutzrecht etc.). Zu beachten ist, dass für ein bestimmtes Vorhaben neben der Baugenehmigung noch andere Genehmigungen erforderlich
sind, die in parallelen Gestattungsverfahren beantragt werden müssen (z. B. Sondernutzungserlaubnis nach dem Straßenrecht; naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung). Die Baugenehmigung bedarf der Schriftform und kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Sie wirkt für und auch gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn.

1. Errichtung, Änderung (i. d. R. auch Nutzungsänderung) und Abbruch baulicher Anlagen bedürfen nach den Bauordnungen der Länder grundsätzlich der vorherigen baubehördlichen Genehmigung (von ganz geringfügigen Vorhaben abgesehen). In neuester Zeit sehen manche Bauordnungen in stark vermehrtem Maße Freistellungen und Ausnahmen von der Genehmigungspflicht vor (vgl. z. B. Art. 57 und 58 der Bayer. Bauordnung - BayBO - i. d. F. vom 14. 8. 2007, GVBl. 588, m. Änd.), z. T. aber Anzeigepflichten. So sind gem. Art. 58 II BayBO Gebäude genehmigungsfrei gestellt, wenn sie im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht, die Erschließung gesichert ist und die Gemeinde binnen eines Monats nach Anzeige nicht die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens anordnet.

2. Das Genehmigungsverfahren wird auf Antrag (Bauantrag) eingeleitet, der zusammen mit den Bauvorlagen (Pläne usw.) i. d. R. bei der Gemeinde (Bauamt) einzureichen ist. Über den Antrag entscheidet die Kreisverwaltungsbehörde (Kreisverwaltung). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Dabei ist insbes. die Beachtung der bauplanungsrechtlichen Vorschriften des Baugesetzbuches (namentlich die Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan; vgl. Bauleitpläne; Bebaubarkeit) und der bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Bauausführung sowie die Baugestaltung zu prüfen. Einschlägige Vorschriften enthalten die Bauordnungen der Länder und zahlreiche andere Gesetze (z. B. Wassergesetze, Straßen- und Wegegesetze der Länder; Bundesfernstraßengesetz; Luftverkehrsgesetz). Unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen können von einzelnen Beschränkungen Ausnahmen und Befreiungen (Abweichungen) erlaubt werden. Überdies sieht das Recht der meisten Länder vereinfachte Genehmigungsverfahren vor (vgl. Art. 59 BayBO). Die B. kann mit Auflagen und Bedingungen (Verwaltungsakt) verbunden werden. Sie ergeht unbeschadet der Rechte Dritter; diese können privatrechtliche Einwendungen gegen das Bauvorhaben (Nachbarrecht) auch nach erteilter Genehmigung noch geltend machen. Öffentlich-rechtliche Bestimmungen zugunsten Dritter (insbes. „nachbarschützende“) sind im Genehmigungsverfahren aber zu beachten. Soweit solche Vorschriften dem Dritten ein subjektives Recht gewähren, kann er gegen eine B., die sein Recht nicht beachtet, mit Anfechtungsklage (Verwaltungsstreitverfahren) vorgehen.

3. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die B. haben grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (§ 212 a I BauGB). Unter den Voraussetzungen des § 80 V VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung wiederherstellen (Vollziehung, sofortige). Wird ein Bauvorhaben ohne Genehmigung begonnen („Schwarzbau“), kann es von der Bauaufsichtsbehörde eingestellt werden. Eine Beseitigung kann jedoch nur dann angeordnet werden, wenn das Vorhaben nach den baurechtlichen Vorschriften nicht genehmigungsfähig ist (vgl. zur Beseitigungsanordnung z. B. Art. 76 BayBO).




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