Beweisantrag

im Strafverfahren das Verlangen, über eine bestimmte Tatsache durch ein bestimmtes Beweismittel Beweis zu erheben. In der Hauptverhandlung darf der zulässige B. nur aus bestimmten Gründen vom Gericht abgelehnt werden. B. auch in anderen vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren (z.B. Verwaltungsgerichtsverfahren).

Antrag eines Prozessbeteiligten, zum Nachweis einer bestimmten Tatsache einen bestimmten Beweis zu erheben. Im Strafprozess kann das Gericht einen B. nur in den in § 244 StPO genannten Fällen ablehnen, z. B. wenn die zu beweisende Tatsache offenkundig, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist; ferner wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist. Prozessverschleppung. Die Ablehnung eines B.s bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Kein B. ist der sog. Beweisermittlungs(Ausforschungs)antrag (z. B. Antrag nach weiteren Tatzeugen zu suchen); dieser unterliegt nicht den Vorschriften des § 244 StPO über die Behandlung eines B.s und ist lediglich als Anregung aufzufassen, der das Gericht jedoch u. U. auf Grund seiner Pflicht zur Wahrheitsforschung nachzugehen hat, ‘Ausforschungsbeweis. Für den Zivilprozess enthält das G. keine dem § 244 StPO entsprechende Bestimmung. Ein B. darf aber auch hier - nach ständiger Rechtsprechung des BGH - nur unter bestimmten Voraussetzungen abgelehnt werden (z.
B. wenn die zu beweisende Tatsache schon erwiesen oder unerheblich ist oder wenn sie als wahr unterstellt werden kann).

ist im Strafverfahren das Begehren (des Angeklagten, Verteidigers, Staatsanwalts oder sonstigen Verfahrensbeteiligten), über eine bestimmte Tatsache durch ein bestimmtes Beweismittel Beweis zu erheben. Einem B. ist im Ermittlungsverfahren stattzugeben, wenn der Beweis von Bedeutung ist (§ 163a II StPO). In der Hauptverhandlung darf der zulässige B. nur aus bestimmten Gründen und grundsätzlich nur in einem begründeten Beschluss abgelehnt werden (§ 244 StPO). Der B. ist im Übrigen auch in den ändern, vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren vorgesehen (z. B. § 86 VwGO). Lit.: Hamm, R./Hassemer, W./Pauly, J., Beweisantragsrecht, 2000; Beulke, W., Der Beweisantrag, JuS 2006, 597

Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Durchführung einer gerichtlichen Beweisaufnahme.

, Strafprozessrecht: Ernsthaftes, unbedingtes oder an eine Bedingung geknüpftes Verlangen eines Verfahrensbeteiligten, über eine die Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage betreffende Behauptung durch ein bestimmtes, nach der StPO zulässiges Beweismittel Beweis zu erheben.
Notwendig ist daher die Angabe einer bestimmten Beweistatsache und eines bestimmten Beweismittels. Von der Beweistatsache zu unterscheiden ist das Beweisziel, d. h. das vom Antragsteller erhoffte Ergebnis der Beweiswürdigung des Gerichts.
Der Umfang der gerichtlichen Aufklärung hängt, anders als im Zivilprozess, nicht von Beweisanträgen der Beteiligten ab, da das Gericht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet ist ( Untersuchungsgrundsatz).
Im Ermittlungsverfahren ist Beweisanträgen des Beschuldigten zu entsprechen, wenn sie von Bedeutung sind (§ 163a Abs. 2 StPO). Gleiches gilt gemäß § 166 Abs. 1 StPO für Beweisanträge, die der Beschuldigte bei einer gerichtlichen Vernehmung stellt.
Im Zwischenverfahren kann der Angeklagte gemäß § 201 StPO Beweisanträge stellen, über die das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Die Ablehnung von Beweisanträgen ist zulässig, wenn der hinreichende Tatverdacht keine weiteren Beweiserhebungen erfordert. Die Ablehnungsgründe des § 244 StPO gelten nicht.
Beweisanträge und die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung regelt § 244 StPO. Den Beweisanträgen der Verfahrensbeteiligten ist grundsätzlich unabhängig von der gerichtlichen Aufklärungspflicht nachzukommen, arg. ex. § 244 Abs. 3 StPO.
— Berechtigt zur Antragstellung sind der Angeklagte, sein Verteidiger, der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft sowie mit Einschränkungen auch der Privatkläger und der Nebenkläger.
— Beweisanträge müssen nach h. M. mündlich gestellt werden, wobei aus § 246 Abs. 1 StPO bislang gefolgert wurde, dass Anträge bis zum Beginn der Urteilsverkündung gestellt werden können und eine Ablehnung „verspäteter” Beweisanträge ausgeschlossen war. Der BGH bejaht in seiner jüngeren Rspr. nunmehr die Möglichkeit des Gerichts, eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen zu setzen (BGH NJW 2007, 2501; NJW 2009, 605), die insbesondere bei längeren Verfahren in Betracht kommen soll, die sich über mehr als zehn Verhandlungstage hinziehen. Dabei folgert der BGH aus dem Beschleunigungsgrundsatz, dass eine Fristsetzung bei längeren Verfahren regelmäßig angezeigt sein wird. Der Antrag muss eine bestimmte Beweistatsache und ein bestimmtes Beweismittel bezeichnen. An einer bestimmten Beweistatsache fehlt es i. d. R. bei „negativen Tatsachen”, etwa der Behauptung, ein bestimmtes Ereignis habe nicht stattgefunden, ebenso bei Beweisanträgen, die auf die Erforschung der Motivation zu einem Handeln oder Unterlassen oder andere Vorgänge im Inneren eines Menschen gerichtet sind. Bedingte Beweisanträge, Hilfs- und Eventualbeweisanträge sind grundsätzlich zulässig. Unzulässig ist jedoch ein Hilfsbeweisantrag, der sich nach der zu beweisenden Behauptung gegen den Schuldspruch richtet, aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung als gestellt gelten soll. Vom Beweisantrag abzugrenzen ist die bloße
Beweisanregung, bei der die Beweiserhebung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und die vom Gericht ohne Beschluss übergangen werden kann. Kein Beweisantrag ist auch der Beweisermittlungsantrag, d. h. eine bloße, den Erfordernissen des Beweisantrags nicht entsprechende Anregung an das Gericht auf Vornahme weiterer Beweishandlungen zur Aufklärung der Schuld- oder Straffrage.
— Die Ablehnung eines Beweisantrages kann nur auf die in §§ 244 Abs. 3-5, 245 Abs. 2 StPO bezeichneten Gründe gestützt werden. Für die Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 S. 2 StPO gilt:
Wegen Offenkundigkeit ist die Beweiserhebung überflüssig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache allgemeinkundig oder gerichtskundig ist. Bedeutungslos ist eine Tatsache, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen kann, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulässt, und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will. Erwiesen ist die Beweistatsache, wenn das Gericht aufgrund der bisherigen Beweiserhebung so überzeugt von ihr ist, dass es sie dem Urteil ohne weiteres zugrunde legen will. Völlig ungeeignet ist ein Beweismittel, wenn ohne Rücksicht auf das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme die Lebenserwartung die sichere Prognose zulässt, dass die Beweiserhebung das im Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nicht erbringen kann (BVerfG NJW 2004, 1443). Unerreichbar ist das Beweismittel, wenn alle Bemühungen des Gerichts zu dessen Beibringung erfolglos geblieben sind und keine begründete Aussicht besteht, es in absehbarer Zeit herbeizuschaffen. Für Auslandszeugen gilt die Sonderregelung des § 244 Abs. 5 S. 2\' StPO. Verschleppungsabsicht liegt nicht nur dann vor, wenn der Antragsteller nur eine nicht unerhebliche Verfahrensverzögerung anstrebt. Sie erfasst auch die Absicht des Antragstellers, einen Zeugen bloßzustellen, Propaganda zu betreiben oder den Richter dadurch auszuschalten, dass er als Zeuge benannt wird. Ein Indiz für die innere Tatsache der Verschleppungsabsicht liegt vor, wenn der Antragsteller Beweisanträge erst nach der — nach neuer Rspr. zulässigen — Frist des Gerichts stellt und Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substanziiert darlegen kann.
— Der Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann gemäß § 244 Abs. 4 StPO darüber hinaus abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Ein zweites Sachverständigengutachten kann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Sachverständigengutachten das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache bereits bewiesen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Sachkunde des früheren Sachverständigen zweifelhaft ist oder wenn sein Gutachten von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist.
— Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist.
— Ein in der Hauptverhandlung präsentiertes Beweismittel kann nur unter den engeren Voraussetzungen
des § 245 Abs. 2 StPO und nicht wegen Unerreichbarkeit, Unerheblichkeit oder Offenkundigkeit abgelehnt werden. Bei vorheriger Ablehnung eines
Beweismittels, das nunmehr präsent ist, liegt keine Wiederholung des abgelehnten, sondern ein neuer Beweisantrag vor.
— Kann ein zentrales Beweismittel nicht in die Hauptverhandlung eingeführt werden, obwohl dessen Erhebung ein Gebot der Aufklärungspflicht gewesen wäre bzw. ein Beweisantrag des Angeklagten aus keinem der in § 244 Abs. 3-5 StPO genannten Ablehnungsgründe hätte zurückgewiesen werden können, muss der Tatrichter die hierdurch bedingte Einschränkung seiner Erkenntnismöglichkeiten sowie die Beschneidung der Verteidigungsrechte des Angeklagten bei seiner Überzeugungsbildung berücksichtigen und in den Urteilsgründen im Rahmen der Beweiswürdigung erörtern (BGH NJW 2004, 1259 — Fall Motassadeq).
Für die Revision gilt: Eine Verletzung der aufgrund § 244 Abs. 2 StPO bestehenden Aufklärungspflicht ist mit der sog. Aufklärungsrüge geltend zu machen. Bei vorheriger Ablehnung eines Beweisantrags ist demgegenüber die Verfahrensrüge auf die Verletzung von § 244 Abs. 3-6 StPO zu stützen.
f.L2 Deckers, Rüdiger: Der strafprozessuale Beweisantrag. Berlin (BWV) 2. Aufl. 2007
Zivilprozessrecht: Die Beweiserhebung erfolgt regelmäßig auf Antrag (= Beweisantritt oder Beweisantrag) der Partei, die die Beweislast trifft. Der notwendige Inhalt des Antrags richtet sich nach dem gewählten Beweismittel:
— Für den Beweis durch Augenschein muss der Antrag den Gegenstand des Augenscheins bezeichnen und die zu beweisenden Tatsachen angeben (§ 371 Abs. 1 ZPO). Befindet sich der Gegenstand des Augenscheins ins Besitz eines Dritten, ist im Beweisantritt ggf. zu beantragen, zur Herbeischaffung oder Vorlegung eine Frist zu setzen (§ 371 Abs. 2 ZPO i. V. m. §§ 144, 429-432 ZPO).
— Ein Zeuge ist zu benennen (mit ladungsfähiger Anschrift; fehlt diese zunächst, ist der Partei ggf. eine Beibringungsfrist nach § 356 ZPO zu setzen; die in der Praxis häufig anzutreffende Angabe „Zeugnis N. N.” ist kein wirksamer Beweisantritt) und es sind die Tatsachen zu bezeichnen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll (§ 373 ZPO).
— Für den Beweis durch einen Sachverständigen sind die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen (§ 403 ZPO; die Auswahl der Person des Sachverständigen erfolgt demgegenüber — ggf. auf Anregung der Parteien — durch das Gericht, § 404 Abs. 1, 3 ZPO).
— Eine Urkunde ist, wenn sie sich in Händen des Beweisführers befindet, im Original vorzulegen (§ 420 ZPO, bei öffentlichen Urkunden genügt auch eine beglaubigte Abschrift, § 435 ZPO; in der Praxis genügt aber stets die Vorlage von Kopien, auch wenn es sich dann formal nicht um einen Beweis, sondern nur um Parteivortrag handelt; das bloße Bestreiten der Echtheit ist in aller Regel unsubstantiiert), Befindet sich die Urkunde in Händen des Gegners, ist zu beantragen, dass das Gericht dem Gegner die Vorlage der Urkunde aufgebe (§§ 421, 424 ZPO; einen Anspruch auf Vorlage der Urkunde durch den Gegner hat die Partei aber nur, wenn auch dieser sich auf die Urkunde bezieht, § 423 ZPO, sonst nur aus materiell-rechtlichen Gründen, § 422 ZPO, vgl. etwa §§259 Abs. 1, 371, 402, 716, 809, 810, 985, 1144 BGB). Befindet sich die Urkunde in Händen Dritter, ist zu beantragen, eine Frist zur Beschaffung der Urkunde zu bestimmen (§§ 428, 430 ZPO; ein — ggf. im Wege der gesonderten Klage geltend zu machender — Anspruch auf Herausgabe der Urkunde kann sich nur aus materiellem Recht ergeben, vgl. § 429 ZPO). Befindet sich die Urkunde im Gewahrsam einer Behörde, ist zu beantragen, die Behörde im Wege der Amtshilfe um Mitteilung der Urkunde zu bitten (§ 432 ZPO).
— Für die Parteivernehmung ist unter konkreter Bezeichnung der zu beweisenden Tatsache die Vernehmung des Gegners (§ 445 Abs. 1 ZPO) oder die
eigene Vernehmung (die aber nur mit Zustimmung
des Gegners durchgeführt wird, § 447 ZPO) zu beantragen.
Ob ein Beweisantrag abzulehnen ist, ist analog § 244 Abs. 3 StPO zu beurteilen (BGHZ 53, S. 245 ff., 259 f.). Hiernach darf ein Beweisantrag dann abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache unerheblich, bereits erwiesen oder offenkundig ist (nicht aber umgekehrt, wenn das Gegenteil als erwiesen angesehen wird; keine Vorwegnahme der Beweiswürdigung), wenn das Beweismittel unzulässig (Beweisantritte, die darauf zielen, erst aufgrund der Beweisaufnahme die zur Konkretisierung des Parteivorbringens benötigten eigentlichen beweiserheblichen Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die sodann behauptet, unter Beweis gestellt und damit zur Grundlage neuen Vortrags gemacht werden sollen — sog. Ausforschungsbeweis), unerreichbar oder völlig ungeeignet ist oder wenn die behauptete Tatsache als wahr unterstellt wird, wobei die Wahrunterstellung nicht zum Nachteil der Gegenpartei verwertet werden darf, wenn diese die Behauptung bestritten hat.

Beweis (1), Beweisantrag im Strafprozess.




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