Handeln auf eigene Gefahr

Gefälligkeitsfahrt.

(bewusste Selbstgefährdung): haftungsrechtlicher Begriff, der die Situation bezeichnet, dass sich jemand ohne triftigen Grund in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen. Führt diese Gefährdung zu einer Schädigung, so stellt sich die Frage, ob der so Geschädigte uneingeschränkt Schadensersatz von einem anderen fordern kann, der an sich nach dem Recht der Gefährdungshaftung oder nach Vertrags- oder Deliktsrecht schadensersatzpflichtig wäre.
Praktisch wichtige Fälle sind die Sportverletzung (insbes. bei Mannschaftssportarten) und Straßenverkehrsunfälle, bei denen ein Beifahrer verletzt wird, der trotz des Wissens um die Fahruntauglichkeit des Fahrers mit diesem mitgefahren ist.
Das Reichsgericht (seit RGZ 141, S.262 ff.) hat in der bewussten Selbstgefährdung eine (konkludente) Einwilligung in eine als möglich vorgestellte Körperverletzung gesehen, die bei Wirksamkeit die Rechtswidrigkeit des Eingriffs und damit eine Haftung des anderen vollständig ausschließt. Der BGH folgt dieser Auffassung nur noch für ausgesprochen gefährliche Sportarten wie gefährliche Autorennen, waghalsige Felskletterei, Box- und Ringkämpfe, und hält die Konstruktion einer Einwilligung im Übrigen. für eine künstliche Unterstellung.
Nach Auffassung des BGH (seit BGHZ 34, S.355 ff.) liegt das Problem der bewussten Selbstgefährdung regelmäßig nicht in der Schädigung und deren Rechtswidrigkeit, sondern ins Versuch der Abwälzung des Schadens auf einen anderen durch Geltendmachung von Schadensersatz. Diese Geltendmachung verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Verbot des widersprüchlichen Verhaltens, „venire contra factum proprium”, unzulässige Rechtsausübung), da sich der Geschädigte hierdurch mit seinem eigenen
und von ihm zu verantwortenden früheren Verhalten in Widerspruch setzt. Folge ist regelmäßig eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs nach § 254 BGB (der den Grundsatz Treu und Glauben im Schadensersatzrecht näher ausprägt) unter Abwägung aller Umstände. Vollständig ausgeschlossen nach § 242 BGB sind Schadensersatzansprüche demgegenüber bei Mannschaftssportarten für Schäden, die trotz Einhaltung der Spielregeln eingetreten sind (BGHZ 63, S. 140 ff.; Grund ist die Reziprozität der Verletzungsgefahr: jeder Spieler ist sowohl potenzieller Verletzer als auch potenzieller Verletzter).

Mitverschulden, Gefälligkeitsfahrt.




Vorheriger Fachbegriff: Handeln auf Befehl | Nächster Fachbegriff: Handeln für einen anderen


Status der Seite: Auf aktuellem Stand. Nach Überprüfung freigegeben.

 


 


 

 

MMnews

 

Copyright 2023 Rechtslexikon.net - All rights reserved. Impressum Datenschutzbestimmungen Nutzungsbestimmungen