Neutralitätspflicht
Pflicht der Staatsorgane zur parteipolitischen Neutralität. Nach dein Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 S.1 GG) geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Dementsprechend findet die politische Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen statt („von unten nach oben”). Daraus folgt für die Staatsorgane, zu denen auch die Regierung und die ihr angehörenden Minister gehören, die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität. Aus diesem Grunde ist es jedem Staatsorgan (gern. Art. 28 Abs. 1 GG auch der Länder) verwehrt, im Vorfeld von Wahlen in seiner amtlichen Funktion offen oder verdeckt für eine bestimmte Partei einzutreten.
Andererseits sind die Staatsorgane befugt, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, d. h. sich selbst und die eigene Arbeit der Bevölkerung vorzustellen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt. Den Staatsorganen ist es von Verfassungs wegen untersagt, sich in amtlicher Funktion bei Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen und dadurch die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen. Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit wird verletzt, wenn Staatsorgane einseitig zugunsten oder zulasten einer politischen Partei oder einzelner Wahlbewerber auf den Wahlkampf Einfluss nehmen. Ob die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Abgrenzungskriterien sind insb. Inhalt, Aufmachung und Anlass der Publikation, Menge und Adressatenkreis.
Die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung ist überschritten, wenn die Regierung den politischen Gegner angreift oder der informative Gehalt der Publikation eindeutig hinter der reklamehaften Aufmachung zurücktritt.
Auch wenn sich regierungsamtliche Veröffentlichungen weder durch ihren Inhalt noch durch ihre Aufmachung als Werbemaßnahmen zu erkennen geben, können sie unzulässig sein, wenn sie im nahen Vorfeld der Wahl ohne akuten Anlass in so großer Zahl erscheinen und in solchem Umfang verbreitet werden, dass Auswirkungen auf das Wahlergebnis nicht mehr ausgeschlossen werden können.
Großformatige Anzeigenserien in der Presse, Herausgabe eines amtlichen Umweltberichtes, Veranstaltung eines Informationstages.
Während dieses Zeitraums, der spätestens sechs Wochen vor dem Wahltermin beginnt, hat die amtliche Öffentlichkeitsarbeit auf jegliche Arbeits-, Leistungsund Erfolgsberichte zu verzichten. Ausgenommen sind lediglich Veröffentlichungen, die aus aktuellem Anlass geboten sind.
Veröffentlichungen, die sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Textes kürzlich verabschiedeter oder in naher Zukunft in Kraft tretender Gesetze beschränken.
Übernahme eines Handelsgeschäfts (Unternehmens).
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