Primat des Völkerrechts

Für das Verhältnis zwischen Völkerrecht (VR) und innerstaatlichem Recht ist nach den sog. dualistischen Theorien maßgebend, dass beide verschiedenartige und getrennte Rechtssysteme sind, von denen jeweils nur eines anwendbar ist, so dass ein Konflikt zwischen beiden nicht entstehen kann. Diese Auffassung wird den tatsächlichen Gegebenheiten aber nicht gerecht. Die monistischen Theorien sehen beide Rechtssysteme als Teil einer Gesamtrechtsordnung an mit der Folge, dass eines das übergeordnete sein (den Primat haben) muss; dabei wird überwiegend dem V. der Vorrang zugewiesen. Der gemäßigte Monismus verzichtet dabei auf die uneingeschränkte Durchsetzung des Vorrangs des Völkerrechts. Danach sind nur im Kriegsrecht die Regeln des Völkerrechts unmittelbar bindend. Im Übrigen hat der Einzelmensch die Normen des innerstaatlichen Rechts zu beachten, auch wenn er dieses für völkerrechtswidrig hält. Die Staaten wiederum sind gegenüber der Völkerrechtsgemeinschaft verpflichtet, ihr innerstaatliches Recht den Normen des Völkerrechts anzupassen. Andererseits ist die Gültigkeit des Völkerrechts unabhängig von der Entscheidung nationaler Gesetzgeber oder Gerichte; kein Staat kann sich gegenüber der Völkerrechtsgemeinschaft darauf berufen, eines seiner Gerichte ge- oder verbiete ihm ein bestimmtes Handeln. Die in der Praxis herrschende Transformationslehre geht davon aus, dass die innerstaatliche Wirksamkeit des V. eine Transformation voraussetzt, was beim völkerrechtlichen Vertrag durch staatlichen Einzelakt, beim Völkergewohnheitsrecht häufig durch generelle Transformationsbestimmungen in den Staatsverfassungen geschieht (so z. B. in Art. 25 GG). Solche Bestimmungen enthalten häufig Vorrangklauseln, nach denen sich der Rang des transformierten V. im innerstaatlichen Rechtssystem bestimmt; so Art. 25 GG, wonach die „allgemeinen Regeln des Völkerrechts“ den Gesetzen vorgehen und unmittelbar Rechte und Pflichten für die Bewohner der BRep. begründen. Bei völkerrechtlichen Verträgen unterscheidet man die automatische (generelle) Transformation, wonach mit der Veröffentlichung des Zustimmungsgesetzes die völkerrechtlichen Regelungen innerstaatliches Recht werden (so Deutschland, Österreich, Schweiz und USA), und die spezielle Transformation, wonach es nach dem völkerrechtlichen Inkrafttreten eines besonderen Gesetzes bedarf (so Großbritannien).




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