Strafverfolgung, ungerechtfertigte

Strafrechtsentschädigungsgesetz.

Wer im Straf- oder Bußgeldverfahren verfolgt worden ist, kann nach dem Ges. über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) v. 8. 3. 1971 (BGBl. I 157) Entschädigung aus der Staatskasse für erlittenen Vermögensschaden verlangen, soweit keine verurteilende Entscheidung ergangen oder diese wieder aufgehoben oder gemildert worden ist.

1.
Entschädigung für Untersuchungshaft oder eine andere Verfolgungsmaßnahme (vorläufige Festnahme, Beschlagnahme, Entziehung der Fahrerlaubnis usw.) wird gewährt, soweit Freispruch oder Einstellung erfolgt oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist. Entschädigt wird ferner, wer durch eine Verurteilung (Strafurteil, Bußgeldbescheid) geschädigt ist, soweit diese nach Rechtskraft im Wiederaufnahmeverfahren oder sonstwie in einem Strafverfahren - also nicht im Gnadenwege - aufgehoben oder gemildert worden ist (§§ 1, 2 StrEG). Kein Rechtsanspruch, aber Möglichkeit der Billigkeitsentschädigung besteht nach §§ 3, 4 StrEG bei Ermessensentscheidungen (z. B. Einstellung wegen Geringfügigkeit), Absehen von Strafe oder Anordnung milderer Rechtsfolgen als zunächst angestrebt (z. B. Geld- statt Freiheitsstrafe).

2.
Die Entschädigung ist ausgeschlossen (§ 5 StrEG), wenn der Beschuldigte die Maßnahme schuldhaft verursacht hat (wobei i. d. R. mindestens grobe Fahrlässigkeit vorliegen muss), z. B. Inhaftnahme wegen Flucht ins Ausland oder Ausbleibens auf richterliche Ladung (nicht bei Weigerung, zur Sache auszusagen). Sie kann versagt werden (§ 6 StrEG) bei falscher Selbstbeschuldigung oder Verschweigen entlastender Umstände, bei Nichtverfolgung wegen Schuldunfähigkeit oder wegen eines Verfahrenshindernisses (Prozessvoraussetzungen).

3.
Ersetzt wird nur ein Vermögensschaden von mehr als 25 EUR (aber ohne obere Begrenzung), der durch die Verfolgungsmaßnahme verursacht worden ist, bei Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung auch der sog. immaterielle Schaden (pro Tag 25 EUR).

4.
Ergeben sich die Voraussetzungen der Entschädigung bei einer das Verfahren abschließenden gerichtlichen Entscheidung, so stellt das Gericht hierbei von Amts wegen die Entschädigungspflicht fest (§ 8 StrEG). Stellt die StA das Verfahren ein, geschieht dies nur auf Antrag des Beschuldigten, der binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung einzureichen ist (§ 9 StrEG); zuständig ist dann das Amtsgericht (bei Einstellung nach Zurücknahme der Klage das für das Hauptverfahren zuständige Gericht; in politischen Strafsachen stets das hierfür zuständige Oberlandesgericht). Gegen die Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

5.
Der Anspruch ist verwirkt, wenn der Berechtigte es schuldhaft unterlässt, ihn binnen 6 Mon. nach rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung der Entschädigungspflicht und Belehrung über Antragsrecht und Frist bei der StA geltend zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit rechtskräftiger Feststellung ist der Antrag schlechthin ausgeschlossen, auch wenn kein Verschulden vorliegt. Über den Antrag entscheidet die Landesjustizverwaltung; bei Ablehnung kann binnen 3 Mon. seit Zustellung Klage bei der Zivilkammer des Landgerichts erhoben werden (§§ 10, 12, 13 StrEG). Leistet die Staatskasse Ersatz, so geht ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Verfolgten gegen einen Dritten, z. B. wegen Denunziation, kraft Gesetzes auf sie über (§ 15 II StrEG).

6.
Anspruchsberechtigt ist auch ein kraft Gesetzes Unterhaltsberechtigter (Unterhaltspflicht unter Verwandten), dem durch eine Verfolgungsmaßnahme - z. B. Inhaftierung des Vaters - der Unterhalt entzogen worden ist (§ 11 StrEG).

7.
Nach internationalem, für die BRep. verbindlichem Recht kann ein Schadensersatzanspruch auf Grund des Art. 5 V der Konvention zum Schutze der Menschenrechte von jedem erhoben werden, der entgegen den dort niedergelegten Verfahrensgarantien festgenommen oder inhaftiert worden ist. In diesem Fall wird Haftentschädigung ohne Rücksicht darauf gewährt, ob der Betroffene zu Unrecht verfolgt worden ist. Das gilt auch bei unverhältnismäßig langer Haftdauer (BGH NJW 1966, 924).




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