Wohnraumüberwachung

Abhören und Aufzeichnen des in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochenen Worts zu Zwecken der Strafverfolgung. Die auch als „großer Lauschangriff\' bezeichnete Eingriffsmaßnahme ist in §§ 100 c f. StPO geregelt.
Die Vorschrift führte seit ihrer Aufnahme in die StPO im Jahr 1998 zu erheblichen rechtspolitischen Diskussionen und wurde in ihrer ursprünglichen Form durch das BVerfG (NJW 2004, 999) wegen der Verletzung des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung für teilweise verfassungswidrig erklärt. Die nunmehr geltende Fassung der Vorschriften hat durch einen restriktiven materiell-rechtlichen Anwendungsbereich und erhebliche Verfahrensanforderungen zu einer geringen Anordnungshäufigkeit geführt. Voraussetzungen der Maßnahme sind gemäß § 100 c Abs. 1 StPO:
— alaf bcstirrimtc Tatrachen hegründeter Verdacht der
Täterschaft oder Teilnahme an einer besonders schweren „Katalogtat” des § 100 c Abs. 2 StPO.
— besonders schwerwiegende Tat im Einzelfall. Demnach muss die Anlasstat nicht nur abstrakt schwer wiegen, was sich aus einer Gesamtbewertung unter Berücksichtigung der Tathandlung, der Tatfolgen und der gesamten Tatumstände ergeben muss. Die Anforderungen sind höher als im Fall der Telekommunikationsüberwachung, die eine „schwerwiegende Tat im Einzelfall” verlangt.
— auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Annahme, dass Äußerungen erfasst werden, die für die Erforschung des Sachverhalts oder Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Beschuldigten von Bedeutung sind.
— Aussichtslosigkeit oder wesentliche Erschwerung der Erforschung des Sachverhalts oder Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Beschuldigten.
Die Maßnahme darf sich gemäß § 100c Abs. 3 S. 1 StPO nur gegen den Beschuldigten und nur in dessen Wohnung durchgeführt werden. In Wohnungen Dritter ist die Maßnahmen gemäß § 100c Abs. 3 S. 2 StPO nur zulässig, wenn sich der Beschuldigte dort aufhält und die Maßnahme allein in der Wohnung des Beschuldigten zum Erreichen des Untersuchungszwecks nicht ausreichend ist. § 100 c Abs. 4 S. 1 StPO schränkt die Anordnung im Hinblick auf die Vorgaben des BVerfG dahingehend ein, dass die Maßnahme ausgeschlossen ist, wenn durch sie Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Eingeschränkt wird die Regelung durch § 100c Abs. 4 S. 3 StPO, wonach Gespräche über begangene oder Äußerungen über geplante Straftaten nicht diesem Kernbereich zuzurechnen sind. Soweit bei deren Durchführung kernbereichsrelevante Äußerungen festgestellt werden, ist die Maßnahme gemäß § 100 c Abs. 5 S. 1 StPO unverzüglich zu unterbrechen; bereits aufgezeichnete Gespräche sind zu löschen.
Die Anordnung der Maßnahme ist gemäß § 100 d Abs. 1 StPO der Staatsschutzkammer des Landgerichts am Sitz der Staatsanwaltschaft vorbehalten, wobei bei Gefahr im Verzug deren Vorsitzender die Entscheidung allein treffen kann. Die Anordnung ergeht schriftlich mit den in § 100 d Abs. 2 S. 2 StPO festgelegten Angaben und ist auf höchstens einen Monat zu befristen, wobei eine Verlängerung um den gleichen Zeitraum möglich ist (§ 100d Abs. 1 S. 4 StPO). Bei Verlängerungen über einen Zeitraum von insgesamt sechs Monaten entscheidet das Oberlandesgericht gemäß § 100 c Abs. 1 S. 6 StPO über weitere Verlängerungen. § 100 e StPO sieht eine den Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung in § 100b Abs. 5 StPO entsprechende Berichtspflicht vor. Im übrigen gelten die grundrechtssichernden Verfahrensregelungen des § 101 StPO.

zur Gefahrenabwehr Datenerhebung, zur Strafverfolgung Einsatz technischer Mittel.




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