Informationelle Selbstbestimmung

ein aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht mit Rücksicht auf den Datenschutz abgeleitetes Grundrecht. Demgemäss kann der Einzelne beanspruchen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, soweit nicht überwiegende Interessen des Gemeinwohls entgegenstehen. Dieser grundrechtliche Schutz ist besonders wichtig unter den heutigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung. Die neuartige Gefahr für die Persönlichkeitssphäre rührt vor allem daher, dass nicht wie früher auf manuell zusammengestellte Karteien und Akten zurückgegriffen werden muss. Vielmehr sind die Einzelangaben über Personen kraft moderner Datenverarbeitungstechniken unbegrenzt speicherbar und jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar.
Auch ist es möglich, die Daten durch integrierte Informationssysteme mit anderen Datensammlungen zu einem mehr oder minder vollständigen Persönlichkeitsbild zu komponieren, ohne dass der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung zu kontrollieren vermag. Dies steht im Widerspruch zum Prinzip der individuellen Selbstbestimmung. Unbeschadet der rapide fortschreitenden Informationstechnologien muss der Einzelne grundsätzlich frei bestimmen können, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebensdaten offenbart werden. In seinem Recht, aus eigener Entscheidung zu planen und zu handeln, ist der Mensch auch dann beeinträchtigt, wenn er nicht mehr übersehen kann, wer was wann von ihm weiss und ob persönliche Daten von ihm dauerhaft gespeichert und abrufbar sind.
Ungeachtet der grundlegenden Bedeutung der informationellen Selbstbestimmung für die Entfaltung des Individuums und des freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist auch dieses Grundrecht nicht schrankenlos von der Verfassung garantiert. Denn die in der sozialen Gemeinschaft stehende Persönlichkeit muss gewisse Beschränkungen ihrer Selbstbestimmung hinnehmen, wenn ein überwiegendes Allgemeininteresse dies erfordert. Solche Eingrenzungen bedürfen jedoch einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Dabei hat der Gesetzgeber besondere verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen zu treffen und nicht zuletzt den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten. Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommen insbesondere für Zwecke der polizeilichen Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung in Betracht.

Datenschutz; Persönlichkeitsrecht.

Persönlichkeitsrecht, allgemeines.

Das BVerfG hat im „Volkszählungsurteil“ vom 15. 12. 1983 (BVerfGE 65, 1) ausgeführt, dass unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 I i. V. m. Art. 1 I GG umfasst wird. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzl. selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönl. Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Rechts auf i. S. sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig; sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatl. Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten; auch hat er verfahrensmäßige Vorkehrungen gegen die Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu treffen.




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