Insichgeschäft

Grundsätzlich soll jemand, der aufgrund rechtsgeschäftlicher Vollmacht oder als gesetzlicher Vertreter für einen anderen handeln darf oder muss, nicht die Möglichkeit haben, als deren Vertreter mit sich selbst ein Geschäft abzuschliessen. Die Gefahr des Interessenkonfliktes wäre möglicherweise zu gross. Ist es dem Vertreter allerdings ausdrücklich gestattet, diese Insichgeschäfte trotzdem durchzuführen, dann sind sie auch rechtsgültig. Eine besondere Bedeutung hat das Insichgeschäft im Gesellschaftsrecht, insbesondere im Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, also der GmbH\'s. Im Gesellschaftsvertrag wird meist schon eine entsprechende Klausel festgeschrieben, die dem Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft und sich selbst als möglicher Alleingesellschafter gestattet, Verträge abzuschliessen.

Rechtsgeschäft, das jemand als Vertreter eines anderen entweder mit sich selbst im eigenen Namen abschließt (Selbstkontrahieren; z.B. Vormund kauft Grundstück von seinem Mündel) oder mit sich als Vertreter eines Dritten (Mehrvertretung; z.B. M verkauft das Grundstück des A an B, wobei er von A zum Verkauf und von B zum Kauf bevollmächtigt ist). I. ist grundsätzlich verboten, um unklare Rechtslagen und Interessenkonflikte zu vermeiden. Ausnahmen: wenn I. aufgrund Gesetzes, Willens des Vertretenen oder Verkehrsübung gestattet ist, nur in der Erfüllung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit besteht oder dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Rechtsfolge eines unzulässigen L: schwebende Unwirksamkeit.

gem. § 181 BGB stellt eine Beschränkung der gesetzlichen (§§ 1795 II; 1629 II BGB) und der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht zugunsten des Vertretenen dar. Der Vertreter kann in dessen Namen weder mit sich selbst (Brustgeschäft) noch mit sich im Namen eines Dritten (Mehrvertretung) kontrahieren. Bei einem Verstoß gegen § 181 BGB ist die Rechtsfolge jedoch nicht Nichtigkeit, sondern die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes. Dies hat den Vorteil, daß es vom Vertretenen analog § 177 I BGB genehmigt werden kann.

Dennoch muß bei der Anwendung des § 181 BGB sein Schutzzweck berücksichtigt werden, was dazu führt, daß sein Tatbestand in einigen Fällen zu eng, in anderen zu weit ist. Das Gesetz geht in zwei Fällen von der Zulässigkeit eines I. aus. Bei der Gestattung der Vertretung bzw. wenn das Rechtsgeschäft zur Erfüllung einer Verbindlichkeit vorgenommen wird. Die Gestattung kann rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Natur sein. Um Fälle der gesetzlichen Gestattung handelt es sich z.B. bei §§1009 II BGB: 125 II S.2 HGB und § 78 IV S.1

Darüber hinaus wird eine weitere Ausnahme durch teleologische Reduktion des § 181 BGB gewonnen: Um ein zulässiges I. handelt es sich auch, wenn es dem Vertretenen ledglich einen rechtlichen Vorteil (vgl. §107 BGB) bringt. Eine Interessenkollision ist dann nämlich ausgeschlossen und es stehen auch keine Belange Dritter entgegen.

Andererseits darf der Zweck des § 181 BGB auch nicht einfach umgangen werden. Unzulässig ist damit auch, wenn der Vertreter einen Untervertreter bestellt und das Geschäft mit diesem vornimmt.

heisst ein Rechtsgeschäft, das jemand als Vertreter (Stellvertretung) eines anderen mit sich selbst abschliesst, z.B. der Bevollmächtigte verkauft ein Grundstück des Vollmachtgebers an sich. Ein I. ist wirksam, wenn dem Vertreter das Handeln mit sich selbst gestattet ist oder nachträglich genehmigt wird; ebenso, wenn das Rechtsgeschäft ausschliesslich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht, § 181 BGB. Interessenkollision.

(§181 BGB) ist das Geschäft zwischen zwei Beteiligten, bei dem auf jeder Seite (infolge Vertretung) dieselbe Person steht (Selbstkontrahieren). Dies kann zu einer Interessenkollision führen. Nach § 181 BGB kann ein Vertreter, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist (z. B. Vollmacht), im Namen des Vertretenen (z.B. des A) mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten (z.B. des D) ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen (Verbot des Selbstkontrahierens), es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit (z.B. geschuldete Übereignung von Geld) besteht. Das unzulässige I. des Vertreters ist schwebend unwirksam, das zulässige I. dagegen wirksam. Die Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts kann im Handelsregister eingetragen werden. Lit.: Claussen, S., Grenzen der Insichgeschäfte, 2000

Rechtsgeschäft, das eine Person mit sich selbst vornimmt. Die Begründung von Rechten und Pflichten gegen sich selbst ist allerdings schon begrifflich nicht möglich. Im Rahmen der Stellvertretung ist jedoch denkbar, dass formal nur ein Vertreter handelt, hierbei aber materiell Rechtswirkungen zwischen unterschiedlichen Personen begründen will. Hierbei können zwei Fälle unterschieden werden: Selbstkontrahieren ist die Vornahme eines Rechtsgeschäfts durch den Vertreter im eigenen Namen mit dem von ihm Vertretenen, Mehrvertretung ist die Vornahme eines Rechtsgeschäfts durch den Vertreter im Namen eines von ihm Vertretenen gegen einen anderen von ihm Vertretenen.
Ein Fall des Selbstkontrahierens liegt etwa vor, wenn ein GmbH-Geschäftsführer Rechtsgeschäfte im eigenen Namen mit der von ihm vertretenen GmbH vornimmt. Mehrvertretung liegt etwa vor, wenn jemand, der innerhalb eines Konzerns Geschäftsführer mehrerer Tochtergesellschaften ist, für diese Rechtsgeschäfte untereinander vornimmt.
Beides — Selbstkontrahieren und Mehrvertretung — ist gern. § 181 BGB rechtlich ausgeschlossen, soweit das Rechtsgeschäft nicht ausschließlich der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient. Der hiergegen verstoßende Vertreter (der § 181 BGB auch nicht durch die Unterbevollmächtigung eines Dritten umgehen kann) wird
wie ein Vertreter ohne Vertretungsmacht behandelt, so dass das Insichgeschäft zunächst nur ein schwebend unwirksames Rechtsgeschäft ist und
durch den oder die Vertretenen genehmigt werden kann (§ 177 Abs. 1 BGB). Dem Vertreter kann aber die Vornahme von Insichgeschäften (als „Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB”) auch im Voraus gestattet werden (kraft Gesetzes zulässig sind bestimmte Insichgeschäfte etwa nach § 3 Abs. 3 BBiG).
Nach vordringender Auffassung wird § 181 BGB nicht mehr als strikte formale Ordnungsvorschrift aufgefasst, sondern als Regelung eines typisierten Interessenkonflikts. Daher ist dort eine teleologische Reduktion der Vorschrift möglich, wo ein Interessenkonflikt ausgeschlossen ist. Dies ist insbes. dann der Fall, wenn der Vertretene durch das Insichgeschäft lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt (Rechtsgedanke des § 107 BGB) oder das Insichgeschäft neutral ist, dem Vertretenen also weder einen rechtlichen Vorteil noch einen rechtlichen Nachteil bringt.
Machen etwa Eltern ihrem minderjährigen Kind ein Geschenk, können sie als gesetzliche Vertreter des Kindes für dieses sowohl den Schenkungsvertrag als auch die dingliche Einigung mit sich selbst abschließen, ohne dass dies durch § 181 BGB verhindert würde (etwas anderes gilt etwa bei der Übertragung von Wohnungseigentum wegen der sich hieraus nach dein WEG ergebenden Pflichten des Wohnungseigentümers).

Selbstkontrahieren; s. a. Eigentumsübertragung (2).




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