Anwartschaftsrecht bei beweglichen Sachen
Erwerb vom Nichtberechtigten. Zu unterscheiden sind zwei Konstellationen: der gutgläubige Ersterwerb und der gutgläubige Zweiterwerb.
Vom Ersterwerb spricht man, wenn eine Sache unter Eigentumsvorbehalt vom vermeintlichen Eigentümer erworben wird. Hierbei handelt es sich um einen normalen Erwerb vom Nichtberechtigten, der lediglich aufschiebend bedingt ist, §§ 929 ff., 932 ff. i.V.m. § 158 I BGB. Bzgl. der Gutgläubigkeit kommt es ausschließlich auf den Zeitpunkt der Übergabe an, Bösgläubigkeit bei Bedingungseintritt ist unschädlich.
Umstritten ist die Frage eines gutgläubigen Zweiterwerbs, d.h., wenn sich der Veräußerer nicht als Eigentümer, sondern als Anwartschaftsberechtigter ausgibt und auch nur diese Anwartschaft übertragen werden soll. Die Übertragung richtet sich nach den für das Vollrecht geltenden Vorschriften, hier also nach den §§ 929 ff. BGB.
Nach Medicus (BR Rn. 475) soll aber ein gutgläubiger Erwerb hier nicht in Betracht kommen, da die Publizitätsfunktion des Besitzes zerstört sei, wenn der Veräußerer selbst zugebe, nicht Eigentümer zu sein. Der Erwerber könne dann bloß auf das Gerede des Veräußerers vertrauen und sei deshalb nicht schutzwürdig. Anders die h.M.: sie läßt einen gutgläubigen Erwerb zu, sofern das A. in der Person eines Dritten tatsächlich existiert. Ansonsten kann es nämlich gar nicht zum Bedingungseintritt kommen. An dieser Stelle zeigt sich die generelle Schwäche des A., die aus seiner schuldrechtlichen Abhängigkeit resultiert: ein A. kann immer nur dann existieren, wenn der Bedingungseintritt noch möglich ist.
Einen gewissen Schutz bietet hier nur § 936 III BGB, der auf den besitzenden Anwartschaftsberechtigten Anwendung findet. Das A. besteht in diesem Fall weiterhin und kann bei Bedingungseintritt zum Vollrecht erstarken.
Anwartschaftsrecht bei beweglichen Sachen, Schutz. Zu unterscheiden ist hier der Schutz vor dem Herausgabeverlangen des Eigentümers und der Schutz vor Zwischenverfügungen, der die Existenz des A. betrifft. Im Falle des Vorbehaltskaufs steht dem Erwerber gegenüber dem Veräußerer ein obligatorisches Besitzrecht aus dem Kaufvertrag zu. Die Frage nach einem dinglichen Besitzrecht stellt sich nicht. Dieses obligatorische Besitzrecht wirkt nach § 986 II BGB auch im Falle der Übertragung des Eigentums an einen Dritten. Problematisch ist der Fall des gutgläubigen Ersterwerbs, wenn der Eigentümer vor Bedingungseintritt die Sache nach § 985 BGB heraus-verlangt. Die wohl h.M. geht davon aus, daß das A. auch ein dingliches Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I BGB gewährt, wohingegen der BGH mit der dolo-facit-Einrede hilft, wenn die Zahlung der letzten Rate kurz bevorsteht. Gegen Zwischenverfügungen des Vorbehaltsverkäufers wird der Anwartschaftsberechtigte über § 161 BGB geschützt. Der Verkäufer kann bis zum Bedingungseintritt unbeschränkt über die Sache verfügen. Jedoch wird der Vorbehaltskäufer mit Eintritt der Bedingung rückwirkend Eigentümer, wodurch alle anderen Zwischenverfügungen unwirksam werden. Zu beachten ist aber, daß ein Dritter die Sache gemäß § 161 III BGB (i.V.m. §§ 932 ff. BGB) gutgläubig ohne Belastung mit dem A. erwerben kann.
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