dolus generalis
(lat.), allgemeiner auf einen bestimmten Erfolg gerichteter Vorsatz. Im Strafrecht seit einiger Zeit nicht mehr verwendeter Rechtsbegriff, da unklar. Rechtsprechung urteilt nach objektiven Kriterien, denen zufolge unerhebliche Abweichungen des tatsächlichen vom vorgestellten Geschehensablauf den Vorsatz bei Tätern in bezug auf den herbeigeführten Erfolg nicht ausschliessen, wenn die Abweichung sich noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält. Zum Beispiel: A will B töten, schiesst auf ihn, hält ihn für tot und verscharrt B; tatsächlich war B durch den Schuss nur schwer verwundet, sein Tod trat erst durch Ersticken ein. Da in diesem Fall der Erfolg vom Täter A gewollt und erreicht wurde, nur Geschehensablauf von der Vorstellung des Täters unerheblich abwich, muss A wegen vorsätzlicher Tötung (Mord oder Totschlag) verurteilt werden. - Vergleiche auch aberratio ictus, Irrtum.
(lat.) allgemeiner Vorsatz
früher in der strafrechtlichen Rspr. und Lehre vertretene zeitliche Ausweitung des Vorsatzes. Danach sollte es für die Bestrafung aus einem Vorsatzdelikt genügen, dass der Täter zu irgendeinem Zeitpunkt eines einheitlichen Geschehenskomplexes Tatvorsatz besaß. Folglich war derjenige aus vollendeter Vorsatztat strafbar, der irrtümlich annahm, den Deliktserfolg schon im ersten Handlungsakt herbeizuführen, diesen aber erst in einem zweiten Handlungsakt verursachte, der subjektiv nur noch auf Verdeckung des vermeintlich schon herbeigeführten Erfolges gerichtet war.
Hauptfälle liegen bei den Tötungsdelikten: A würgt sein Opfer mit Tötungsvorsatz bis zur Bewusstlosigkeit. In dem Glauben, es sei tot, wirft er die vermeintliche Leiche in eine Jauchegrube, wo das Opfer erst zu Tode kommt (Jauchegruben-Fall).
Heute wird die Rechtsfigur des dolus generalis allgemein abgelehnt. Sie steht im Widerspruch zu dem in § 16 StGB verankerten Simultaneitätsprinzip, wonach es unzulässig ist, einen im erfolgsverursachenden Handlungszeitpunkt erloschenen Vorsatz strafbarkeitsbegründend zu unterstellen. Die h. M. knüpft die Strafbarkeit heute vielmehr an die vorsätzliche und versuchsüberschreitende Ersthandlung an und rechnet den Erfolg i. d. R. als unwesentliche Kausalabweichung zu.
ist ein im Strafrecht heute nur noch selten verwendeter Rechtsbegriff. Er bezeichnet die Fälle, in denen der Erfolg nicht durch die zu diesem Zweck vorgenommene Handlung, sondern durch eine weitere erreicht wird, die der Täter in der irrigen Annahme ausführt, der Erfolg sei bereits eingetreten (er hält das Opfer, auf das er geschossen hat, irrig für tot und wirft es ins Wasser, um die Tat zu verwischen; der Tod tritt durch Ertrinken ein). Da es sich hierbei nur um eine unwesentliche Abweichung vom gewollten Tatverlauf handelt, nimmt die h. M. vollendete vorsätzliche Tötung (Mord) an, eine Mindermeinung versuchten Mord in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung.
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