Relativismus
Der Relativismus (Rechtsphilosophie als bewusste Wertentscheidung) ist die Philosophie der Toleranz und der Freiheit. Der philosophische Relativismus akzeptiert Werte als Phänomene, akzeptiert aber nur eingeschränkt ihren Geltungsgrund. Der rechtsphilosophische Relativismus geht von der Unbeweisbarkeit der Werturteile aus. Kann die Rechtsphilosophie selbst keine Inhalte stiften, so liegt ihre Aufgabe darin, die Möglichkeiten von potenziellen Rechtsinhalten.
In der Rechtswissenschaft haben Kelsen und Radbruch diesen Ansatz des Relativismus aufgenommen und die Aufgabe der Rechtsphilosophie von vornherein begrenzt: Rechtsphilosophie hat die persönliche Entscheidung wissenschaftlich vorzubereiten (systematischer Relativismus). Bei Kelsen heißt es: „Dass uns dieser Relativismus ,im Stich lässt`, bedeutet, dass er uns zum Bewusstsein bringt, dass die Entscheidung der Frage an uns liegt, weil die Entscheidung der Frage, was gerecht und was ungerecht ist, von der Wahl der Gerechtigkeitsnorm abhängt, die
wir zur Grundlage unseres Werturteils nehmen, und daher sehr verschieden beantwortet werden kann; dass diese Wahl nur wir selbst, jeder Einzelne von uns, dass sie niemand anderer, nicht Gott, nicht die Natur und auch nicht die Vernunft als objektive Autorität für uns treffen kann. Das ist der wahre Sinn der Autonomie der Moral”. Und nach Radbruch existieren gewisse Höchstwerte (Freiheit, Macht, Kultur), denen das Recht zu dienen hat. Diese Werte stehen in Konkurrenz, sodass der Inhalt des Rechts unterschiedlich — je nach Betonung des einzelnen Wertes — sein kann. Die Eigengesetzlichkeit der Werte bewirkt Unbeweisbarkeit.
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