Verfassungstreue

Sie wird von allen Bürgern, insbesondere aber von den Beamten, Richtern und Soldaten verlangt, da diese die Verfassung und die auf ihrer Grundlage ergangenen Gesetze ausführen, anwenden und notfalls auch verteidigen sollen. Hierüber besteht Einigkeit. Streit besteht jedoch darüber, ob bereits vor Einstellung in den öffentlichen Dienst eine Überprüfung der Verfassungstreue der Bewerber stattfinden, wie diese erfolgen und aufweichen Personenkreis sie sich erstrecken soll. Zu ersterem ist zu sagen, daß sich eine Überprüfung vor Einstellung in den öffentlichen Dienst empfiehlt, da es schwierig ist, einen einmal eingestellten Bewerber wieder aus demselben zu entfernen. Da jedoch Bewerber für den öffentlichen Dienst im allgemeinen jung sind, besteht die Gefahr, daß dabei «Jugendsünden» (Mitgliedschaft in radikalen Studentenverbänden und so weiter) überbewertet werden. Hinsichtlich der Frage, wie die Überprüfungen durchgeführt werden sollen, gibt es die verschiedensten Ansichten. Sie reichen von dem Vorschlag, überhaupt nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine mangelnde Verfassungstreue des Bewerbers eine Überprüfung vorzunehmen, bis zu dem Vorschlag, alle Bewerber zu überprüfen und die Tatsache einer bloßen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation, auch einer zugelassenen politischen Partei, bereits ausreichen zu lassen, um sie abzulehnen. Dazu ist anzumerken, daß es sicher nicht erforderlich ist, Personen, die lediglich untergeordnete Funktionen im öffentlichen Dienst übernehmen sollen, auf ihre Verfassungstreue zu überprüfen. Diese widersprüchlichen Auffassungen haben zunächst 1972 zu dem sogenannten Radikalenerlaß des Bundes und der Länder geführt, der eine allgemeine Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst vorsieht (Vorstellung der CDU/CSU), aber allein die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation für eine Ablehnung nicht ausreichend sein läßt, sondern eine Prüfung jedes Einzelfalles verlangt (Vorstellung der SPD/FDP). Diese mittlere Linie ist vom Bundesverfassungsgericht 1975 gutgeheißen worden. Inzwischen ist in alle Beamtengesetze aufgenommen worden, daß Beamter nur werden kann, wer «die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt» (so z.B. § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes und §7 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes, beide aus dem Jahre 1985). Ein besonderes Problem ist das der Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für einen Vorbereitungsdienst (Referendarzeit), der gesetzlich auch für solche Personen vorgeschrieben ist, die später nicht endgültig in den öffentlichen Dienst gehen wollen (zum Beispiel Juristen oder Lehrer). Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß auch diese auf ihre Verfassungstreue geprüft werden müssen, daß für solche Bewerber, die als nicht verfassungstreu gelten, aber ein gleichwertiger Vorbereitungsdienst im Angestelltenverhältnis eingerichtet werden muß.

ist i. Gegensatz zum Verfassungsverrat ein Verhalten im Einklang mit den Normen der Verfassung.

ist eine ausdrückliche Schranke der Freiheit der Lehre als Teil der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 III 2). Diese Vorschrift erklärt sich aus dem - von den Schöpfern des Grundgesetzes angenommenen - Missbrauch des akademischen Katheders zu verfassungsfeindlicher Agitation in der Weimarer Republik.
Im übrigen ist es ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass den Beamten eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt. Diese Loyalität erfordert mehr als nur eine formal-korrekte Amtsausübung. Sie verlangt von dem Beamten insbesondere, dass er die Verfassung als einen hohen Wert anerkennt, für den es einzutreten gilt. Von Gruppen und Bestrebungen, die den Staat, seine verfassungsmässigen Organe und die geltende Verfassungsordnung bekämpfen, hat der Beamte sich eindeutig zu distanzieren.

Extremisten im öffentlichen Dienst.

die Gewähr dafür, dass der Beamte jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Die Verfassungstreue ist für den einzelnen Beamten ein persönliches Eignungsmerkmal i. S. d. Art. 33 Abs. 2 GG. Sie ist Einstellungsvoraussetzung (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG/BBG) und außerdem Dienstpflicht (§ 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG, § 60 Abs. 1 S. 3 BBG).
Aus Art. 33 Abs. 4 GG folgt, dass Beamte in einem besonderen Treueverhältnis zu ihrem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn stehen. Ob der Beamte oder Beamtenbewerber die erforderliche Gewähr bietet, ist aufgrund einer Prognoseentscheidung festzustellen, die allerdings von dem Verhalten in der Vergangenheit auszugehen hat. Unproblematisch schließt ein aktives Handeln gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung die Eignung zum Beamten aus (z. B. Kandidatur für eine verfassungsfeindliche Partei, sonstige Handlungen, die auf eine Identifikation mit den Parteizielen schließen lassen).
Nach h. M. kann auch bereits die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation Zweifel an der Verfassungstreue begründen. Denn die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, dass er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten es sich lohnt” (BVerfGE 39, 334 ff., insb. 347).
Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation schließt zwar ein zukünftiges verfassungstreues Verhalten nicht ohne weiteres aus, jedoch kann schon die bloße Mitgliedschaft bei der gebotenen Gesamtabwägung als Indiz für die mangelnde Verfassungstreue gewertet werden.

Radikale im öffentlichen Dienst.




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