Aristoteles

(384-322 v. Chr.), studierte ab 367 in Athen bei Platon, dessen Schule, der berühmten Akademie, er 20 Jahre lang angehörte. 347 verließ Aristoteles die Akademie und widmete sich biologischen Studien. Ab 343 unterrichtete er den späteren Alexander den Großen. Aristoteles kehrte nach Athen zurück und gründete dort seine eigene Schule, das Lykeion. Im Laufe der Zeit löste sich Aristoteles von den Lehren Platos (insbesondere dem platonischen Konzept des „einen Wissens”) und kehrte auf den „Boden der Tatsachen” zurück, den berühmten Wirklichkeitssinn des Aristoteles. Er kritisierte vor allem die platonische Ideenlehre. Die meisten der überlieferten Werke tragen den Charakter von Vorlesungsmanuskripten und Aufzeichnungen zum Gebrauch für Schüler und Mitarbeiter. Im Bereich der Ethik geht Aristoteles nicht von einer Idee des Guten aus, sondern er fragt nach dem höchsten Zweck, der für den Menschen als Vernunftwesen gelte. Er findet ihn in einer Tätigkeit der Seele, die der Tüchtigkeit und den Tugenden entspricht.
Die Gerechtigkeit ist nach Aristoteles eine soziale Tugend; sie bezieht sich auf die Stellung zu den Mitmenschen. Im Gemeinwesen zeige sich die Gerechtigkeit in der Gleichheit. Aristoteles unterscheidet zwei
Formen der Gerechtigkeit, die ausgleichende Vertragsoder Tauschgerechtigkeit (iustitia commutativa), die im Verhältnis der Einzelnen untereinander gilt und die nach arithmetischer Proportionalität bemessen wird. Ihr steht die austeilende Gerechtigkeit (Verteilungsgerechtigkeit) gegenüber (die iustitia distributiva im Rahmen gesellschaftlicher Güterverteilung; relative Gleichheit), die Ehre, Reichtum und andere Güter innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft, z. B. des Staates, nach dem Maßstab des „suum cuique” bestimmt (Maßstab abgestufter Verhältnismäßigkeit). Aristoteles ist sich der Verschiedenheit der positiven Rechtsordnungen bewusst. Gleichwohl sieht er im Recht nicht nur eine positive Satzung, sondern er unterscheidet Bestimmungen, die kein Gesetzgeber hätte anders ordnen können, und solche, die nur auf positiver Bestimmung beruhen. Natürlich ist jenes, das überall die nämliche Wirkung hat; gesetzlich jenes, dessen Inhalt ursprünglich indifferent ist, das aber, einmal durch Gesetz festgelegt, seinen bestimmten Inhalt hat. Aristoteles zitiert für die Macht und die Geltung des Naturrechts den Vers der Antigone (1373 b 12): „Nicht heute nur gilt das oder nur gestern, sondern immer lebt es, und niemand weiß, von wannen es kam.” — Aristoteles erfasst das Wesen der Billigkeit als Gerechtigkeit des Einzelfalls und notwendige Ergänzung des allgemein gefassten Gesetzes.




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