Funktion des Rechts

Das Recht ist ein (staatliches) Entscheidungssystem für soziale Sachverhalte und Konflikte, die nach materiellen Regeln in einem vorgeschriebenen Verfahren (Diskurs) gelöst werden (Allgemeine Rechtslehre, Rechtstheorie). Die Leistung des Rechts besteht darin, dass es das Konfliktpotenzial „entfesselter” subjektiver Freiheiten durch Gleichheit verbürgende Normen zähmt, die nur so lange zwingen können, wie sie als legitim anerkannt werden.
— Recht ist der Versuch, soziale Sachverhalte und Konflikte mit den Mitteln des Rechts zu lösen (Recht als „ars boni et aequi” [Celsus]). Die Reine Rechtslehre vernachlässigt diesen Aspekt bewusst; die Naturrechtsidee verabsolutiert ihre Erkenntnisse; die Wahrheit liegt eher in der Mitte.
— Recht ist von der jeweiligen Sozialstruktur abhängig und daher wandelbar. Es gibt kein allgemein gültiges Naturrecht; zumindest ist es nicht erkennbar.
Recht kann seine soziale Konfliktlösungsfunktion nur erfüllen, wenn es gilt (d. h. generell verbindlich ist) und wenn es für den Fall der Nichtbefolgung Sanktionen vorsieht. Die Verbindlichkeit des Rechts beruht auf demokratisch legitimierter Vereinbarung.
— Gesetze müssen nicht richtig sein; es gibt ungeeignete Gesetze und „Un-Gesetze”. In diesem Fall entspricht die äußere Gestalt des Rechts nicht seinem materiellen Anspruch. Selbst wenn eine Norm verfahrenskonform zustande gekommen sein sollte, ist (theoretisch) nicht gewährleistet, dass diese Norm Recht ist (Verfassungswidrigkeit von Gesetzen).
Recht und Staat sind Instrumente der Gesellschaft, die nach Maßgabe des Demokratieprinzips das Zusammenleben regeln. Recht und Staat sind keine Werte an sich, sondern haben Wert nur im Rahmen ihrer Funktion. Der Satz „Recht ist Recht” oder „Befehl ist Befehl” verkennt die Funktion von Recht.
— Ob der Einzelne das Recht befolgt oder sich dem Recht verweigert, ist ein Akt freier Entscheidung. Verweigert er sich, z. B. wenn das Recht nicht seinen Moralvorstellungen entspricht oder wenn er das Recht als ungeeignet ansieht, geht die Verweigerung auf seine Rechnung. Befolgt er eine Norm, die objektiv ungeeignet ist (z.B. bei Gesetzen gegen die Menschlichkeit; vgl. den Mauerschützen-Fall), trägt er ebenfalls die Verantwortung.
— Der Satz „Nulla poena sine lege” gilt nicht unbeschränkt. Es gibt Taten, die auch ohne Gesetz (Verbotsgesetz) strafbar sind, z. B. Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In diesen Fällen bedarf es nicht der Warnfunktion des Strafgesetzes, um die Sozialwidrigkeit des Tuns erkennen zu können.
— Recht hat — gewollt — nur eine begrenzte Reichweite; z.B. hat das Recht nur einen begrenzten Zugriff auf den privaten Bereich. Wer nur der schwarzen Hautfarbe wegen zu jemandem Kontakt meidet, verhält sich nicht ungesetzlich, aber unmoralisch. Rechtstheorie
Weber-Grellet, Steuerrecht und Steuerstaat in rechtsrealistischer Perspektive, Rechtstheorie (Zeitschrift) 2005, S. 301 Funktionalreform: Reform, durch die bei Beibehaltung der Gebietsgrenzen die Verwaltungszuständigkeiten zwischen Gemeinden und Kreisen und sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung neu geordnet werden. Die Funktionalreform dient ebenso wie eine Gebietsreform der Herstellung einer leistungsstarken bürgernahen Verwaltung.




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