Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens
kann als „regulatives Prinzip” die Strafbarkeit einer Handlung ausschließen. Hinsichtlich der Anwendbarkeit und der rechtlichen Wirkung ist jedoch zu differenzieren.
Beim vorsätzlichen Begehungsdelikt spielt sie nach allgemeiner Ansicht mangels tauglicher Maßstäbe und wegen der sonst eintretenden erheblichen Rechtsunsicherheit keine Rolle. Stattdessen ist dort der übergesetzliche entschuldigende Notstand analog § 35 StGB als Entschuldigungsgrund anerkannt.
Beim Fahrlässigkeitsdelikt wird sie vereinzelt bereits im Tatbestand als sorgfaltspflichtbegrenzendes Kriterium angesehen. Nach h. M. hat sie dagegen die Bedeutung eines Entschuldigungsgrundes.
Beim Unterlassungsdelikt wird der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens vereinzelt jede Eigenbedeutung abgesprochen und ihr eine Rolle nur im Rahmen der Prüfung des § 35 StGB beigemessen. Nach h. M. kann sie jedoch jenseits der Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe die Strafbarkeit ausschließen. Dabei wird ihr z. T. in Anlehnung an die gesetzlichen Voraussetzungen des § 323 c StGB im Tatbestand eine garantenpflichtbegrenzende Funktion beigemessen. Nach a. A. hat sie auch hier die Bedeutung eines Entschuldigungsgrundes.
Soweit sie hiernach für die Strafbarkeit von Bedeutung ist, folgt die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens, der Regelung des § 323 c StGB entsprechend, aus notstandsähnlichen Konfliktsituationen wegen der
Gefährdung eigener Interessen oder Pffichtenkollisionen. Dabei ist jedoch stets abzuwägen zwischen dem Gewicht der gefährdeten Rechtsgüter, dem Umfang des drohenden Schadens und dem Grad der Gefahr für die beteiligten Interessen.
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