Flexibilisierung der Arbeitszeit

Im Arbeitsrecht :

Hierunter werden verschiedene Formen der Arbeitszeit verstanden, wie die -s Abrufarbeit, die kapazitätsorientierte Arbeitszeit, das Job Sharing, die Verkürzung der Lebensarbeitszeit u. die verschiedenen Formen der Verkürzung der betrieblichen Arbeitszeit. Die flexible betriebliche Arbeitszeit beruht auf einem Schlichtungsspruch vom 28. 6. 1984 (RdA 84, 362 = NZA 84, 79), der im Rahmen der Auseinandersetzung der AG um die Erhaltung der 40-Stundenwoche u. der Gewerkschaften um die Einführung der 35-Std.-Woche erging. II. 1. Das Grundprinzip des Schlichtungsspruches besteht (1) in der Einführung einer durchschnittlichen tariflichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Std. Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen dieses Arbeitszeitvolumens durch -s Betriebsvereinbarungen geregelt (Buchner RdA 90, 1; v. Hoyningen-Huene ZfA 88, 293; Linnenkohl BB 88, 1459; Weyand ArbuR 89, 193). Dabei können für Teile des Betriebes, einzelne AN o. Gruppen von AN unterschiedliche Wochenarbeitszeiten zwischen 37 u. 40 Std. festgelegt werden. (2) Unterschiedliche Arbeitszeiten in den Betriebsabteilungen. Produktive Abteilungen können länger arbeiten; unproduktive arbeiten nur kürzer uaw. (3) Kontrolle der unterschiedlichen Arbeitszeiten. Lit.: Linnenkohl BB 89, 2472; Zmarzlik BB 88, 2377; Zöllner ZfA 88, 265.
2. Gegen die f. AZ sind zahlreiche Rechtsbedenken erhoben worden, die jedoch vom BAG nicht geteilt werden (AP 23 zu § 77 BetrVG 1972 = NJW 87, 510 = NZA 87, 779).
III. Die Einführung der f. AZ führt zu zahlreichen Rechtsfragen im Einzelfall.
1. Nach dem jeweiligen Wortlaut des Tarifvertrages muss entschieden werden, ob die Arbeitszeit allgemein auf 38,5 Std. gesenkt worden ist. Alsdann können für die länger Arbeitenden Ansprüche auf Zuschläge ( Überstunden) erwachsen.
2. Ist der AN an der Arbeitsleistung verhindert (Arbeitsverhinderung, Krankheit, Urlaub) erlangt er Anspruch auf die Vergütung, die er erhalten hätte, wenn der Verhinderungsgrund nicht eingetreten wäre. Ihm ist mithin diejenige Vergütung fortzuzahlen, die seiner Arbeitszeit entspricht. Bei der Berechnung der Krankenvergütung im Freischichtenmodell wird nach vielen Tarifverträgen die Zahl der bei Arbeitsunfähigkeit zu vergütenden Stunden ermittelt aus den im Bezugszeitraum geleisteten Arbeitsstunden (AP 54 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZA 88, 663; AP 80 zu § 1 LohnFG = NZA 89, 350; AP 16 zu § 2 LohnFG = BB 89, 1620). Zur Feiertagsvergütung im Freischichtenmodell: AP 52-54 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZA 88, 663, 538; AP 71 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie). Lit.: Bengelsdorf DB 88, 1161; Veit NZA 90, 249.
3. Ein AN kann unter Wahrung der Rechte des Betriebsrates von einer Gruppe der AN in eine andere mit anderer Arbeitszeit versetzt werden, ohne dass es hierfür einer Änderungskündigung bedarf. Die f. AZ gilt auch für AT-Angestellte, deren AZ sich nach der betrieblichen AZ richtet (AP 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Stahlindustrie = NZA 88, 289 = DB 88, 657).
IV. Das vorstehend geschilderte Flexibilisierungssystem ist weitgehend abgelöst. Nach dem neuen System wird die Arbeitszeit generell auf eine bestimmte Zeitspanne (37 h) festgesetzt. Lediglich einem bestimmten Prozentsatz der Belegschaft wird ermöglicht, über die betriebliche Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. Auch dies hat zu vielen Folgestreitigkeiten im Schrifttum geführt: Bellgardt BB 91, 1; Bengelsdorf ZfA 90, 563; Buchner DB 90, 1715; Heinze NZA 91, 329; Käppler NZA 91, 745; Kilz/Reh BB 93, 1209; Löwisch BB 91, 59; Loritz ZfA 90, 133; Neumann NZA 90, 961; Richardi DB 90, 1613; ZfA 90, 211; Waltermann NZA 91, 754.
Fliessarbeit ist eine örtlich fortschreitende, zeitlich bestimmte, lükkenlose Folge von Arbeitsvorgängen, wobei nicht notwendig ein laufendes Band zur Beförderung der Werkstücke von Arbeitsvorgang zu Arbeitsvorgang vorhanden sein muss. Die Beschäftigung von Schwangeren (§ 41112 MSchG; Mutterschutz) u. Jugendlichen mit Fl. ist unzulässig (§ 23 JArbSchG; Jugendarbeitsschutz).

In Tarifverträgen wird neuerdings verschiedentlich nur die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit geregelt, während die individuelle Ausgestaltung einer ergänzenden Betriebsvereinbarung vorbehalten wird.




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