Betriebsvereinbarung
Vereinbarung, die der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über solche Fragen abschließt, bei denen der Betriebsrat mitzubestimmen hat, zum Beispiel über die Arbeitsordnung im Betrieb. Die Betriebsvereinbarung wird automatisch zum Bestandteil der einzelnen Arbeitsverträge der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer, ohne daß dies ausdrücklich vereinbart werden müßte. Sie darf aber keine für die Arbeitnehmer ungünstigeren Regelungen enthalten als jene, die das Gesetz in dem für den Betrieb anwendbaren Tarifvertrag vorsieht.
(§ 77 BetrVG) ist eine formbedürftige Vereinbarung zwischen AG und Betriebsrat über Angelegenheiten, die zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Die B. hat normative Wirkung. Zu beachten ist jedoch § 77 III BetrVG, der den Vorrang des Tarifvertrags festschreibt.
Vertrag zwischen Unternehmer und Betriebsrat zur Regelung betrieblicher Angelegenheiten (Betriebsnorm, Betriebsordnung). Die B. geht in der Regel einem Tarifvertrag vor.
ist ein schriftlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber u. Betriebsrat (§ 77 BetrVG, Mitbestimmung). Er kann, wie der Tarifvertrag, einen schuldrechtlichen Teil zur Festlegung der wechselseitigen Rechte u. Pflichten der Vertragsparteien (z.B. Arbeitsfreistellung der Betriebsratsmitglieder) sowie einen normativen Teil zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der dem Betrieb angehörenden Arbeitnehmer (z. B. Arbeitszeit) enthalten. B. können sich nur auf Angelegenheiten beziehen, die zu den Aufgaben des Betriebsrates gehören. Arbeitsentgelte u. sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nur dann Gegenstand einer R. sein, wenn ein Tarifvertrag ausdrücklich dazu ermächtigt. Der Abschluss einer B. kann, im Unterschied zum Tarifvertrag, nicht durch Streik erzwungen werden. - Der B. in der Privatwirtschaft entspricht die Dienstvereinbarung im öfftl. Dienst.
Im Arbeitsrecht:
Die B. gehört zu den betrieblichen Einigungen. Sie ist privatrechtliche, kollektivrechtliche Vereinbarung auf betriebl. Ebene, durch die AG u. -s Betriebsrat (Gesamt-) Konzernbetriebsrat) die betriebl. Arbeitsbedingungen bzw. dieje- rügen des -3 Unternehmens (Konzerns) im Rahmen der funktionellen Zuständigkeit des BR (GBR, KZBR) gestalten; sie enthält, wie der Tarifvertrag, einen schuldrechtlichen Teil, durch den die Rechtsbeziehungen zwischen AG u. BR geregelt werden, u. einen normativen Teil, also Rechtsnormen, die den Inhalt der betriebl. Arbeitsverhältnisse ordnen. Sie setzt voraus: eine sich nach bürgerl. Recht beurteilende wirksame Vereinbarung (jedoch keine Rückwirkung der Anfechtung; AP 1 zu § 615 BGB Kurzarbeit) zwischen AG u. BR bzw. GBR, KZBR, wobei sich der AG durch seine Vertreter u. der BR nur bei Unterzeichnung durch seinen Vorsitzenden (AP 1 a. a. 0.) vertreten lassen kann, ihre schriftl. Niederlegung (§ 77 II BetrVG), anderenfalls kann es äusserstenfalls zur Betriebsübung kommen (AP 42 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 90, 69 = DB 90, 184) u. einen zulässigen Inhalt. Indes bewirkt die Erfüllung einer nichtigen BV nicht ohne weiteres eine betriebliche Übung (AP 2 zu § 77 BetrVG 1972). Die Einhaltung der Schriftform ist nicht notwendig, wenn die BV auf einem schriftlich abgefassten Spruch der -s Einigungsstelle beruht. Nach Ansicht des 1. Senats des BAG sind Verweisungen in einer BV auf den jeweils geltenden Rahmentarifvertrag (sog. dynamische Blankettverweisung) grundsätzlich unzulässig. Die Unwirksamkeit der dynamischen Blankettverweisung führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Verweisung auf den Tarifvertrag, der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Tarifvereinbarung gilt (AP 55 zu § 77 BetrVG 1972 = BB 92, 2150; Vetter DB 91, 1833). Nach ihrem Inhalt zulässig ist die BV über alle Fragen der erzwingbaren Mitbestimmung o. der freiwilligen betriebl. Regelung ( Betriebsratsaufgaben), soweit nicht im Einzelfall eine gesetzl. o. tarifl. Regelung vorgeht (Strasser RdA 89, 258). Eine unter Überschreitung der funktionellen Zuständigkeit des BR abgeschlossene BV ist unwirksam. Der AG kann in der BV auf ihm individualvertraglich zustehende Rechte verzichten (s Abrufarbeit: AP 2 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung = NZA 88, 253; Überwachung des Alkoholverbots: AP 24 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 88, 255). BV sind wie Gesetze auszulegen (AP 1 zu § 77 BetrVG 1972). Sie unterliegen der gerichtl. Billigkeitskontrolle (AP 17 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 87, 168; v. Hoyningen-Huene BB 92, 1640 = BetrAV 92, 185). Die BV soll vom AG im Betr. ausgelegt werden (§ 7711 BetrVG; Ordnungsvorschrift). Von ihren Wirkungen werden alle AN des Betr. u. die später eingestellten erfasst; dazu gehören auch die Leiharbeiter (Leiharbeitsverhältnis), soweit ihre Arbeitsbedingungen durch den entleihenden AG bestimmt werden. Nicht erfasst werden leitende ---4 Angestellte (§ 5 II, III BetrVG; -4 Betriebsverfassung), Ausgeschiedene (also keine Stundungsvereinbarung der Vergütungsansprüche im Insolvenz-fall) sowie Ruheständler (AP 1 zu § 57 BetrVG, AP 46, 47, 142 zu,GB Ruhegehalt; AP 1 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung NZA 89, 522). Räumlich erfasst die BV alle Arbeitsverhältnisse des Betr., für den AG u. BR zuständig sind. Der zeitliche Geltungsbereich hängt von der Vereinbarung zwischen AG u. BR ab; sie kann befristet abgeschlossen, aber auch durch Aufhebungsvertr. o. Kündigung beseitigt werden. Soweit nichts anderes vereinbart ist, können sie mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden (§ 77 V BetrVG). Man unterscheidet erzwingbare u. freiwillige BV; von erzwingbaren spricht man dann, wenn der BR bei Weigerung des AG die Einigungsstelle anrufen kann u. deren Spruch die BV ersetzt. Freiw. sind die übrigen. Gegenüber Gesetz u. Tarifvertrag ist die BV die schwächere Rechtsquelle. Sie kann vom Gesetz nur abweichen, wenn dies nachgiebiges (dispositives) Recht enthält; vom Tarifvertrag, wenn sie günstiger ist. Arbeitsvergütungen u. Arbeitsbedingungen dürfen auch dann nicht durch sie geregelt werden, wenn ein Tarifvertrag üblich ist, es sei denn, dass dieser ausdrücklich eine Regelung zulässt (§ 77 III BetrVG; vgl. AP 33 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie = DB 86, 595; Feudner DB 93, 2231; vgl. Hanau RdA 93, 1; Wagner DB 92, 2500). Im Bereich der erzwingbaren sozialen Mitbestimmung kann der BR ein Mitbestimmungsrecht nicht durchsetzen, wenn eine gesetzliche o. tarifliche Regelung besteht (§ 87 BetrVG); dagegen lebt das Mitbestimmungsrecht dann wieder auf, wenn der Tarifvertrag nur kraft Nachwirkung gilt o. ausser Kraft getreten ist. Für die erzwingbare soziale Mitbestimmung gilt die Regelungsschranke des § 77 III BetrVG nicht (GS AP 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = NZA 92, 749, 767, 961; AP 21 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 87, 639; AP 6 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung = DB 88, 813; dagegen Wank RdA 91, 129). Die BV erfasst die einzelnen Arbeitsverhältnisse wie ein Gesetz; ihre Vorschriften gelten unmittelbar u. zwingend (Tarifvertrag). Sie gestalten es daher ohne Rücksicht auf den Willen der Vertragsparteien u. sind zum Nachteil der AN nicht abdingbar. Dagegen kann einzelvertraglich eine günstigere Regelung getroffen werden. Eine spätere BV löst eine frühere ab, auch wenn sie für den AN ungünstiger ist. Insoweit unterliegt sie der Billigkeitskontrolle (AP 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung = NZA 87, 855; AP 3 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung = NZA 90, 813). Eine BV kann dagegen nicht durch eine Regelungsabrede ersetzt werden (AP 14 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 86, 401; AP 48 = NZA 91, 426). Eine spätere BV vermag auch eine Gesamtzusage, arbeitsvertragliche Einheitsregelung o. Betriebsübung abzulösen. Jedoch ist zu unterscheiden: (1) Umstrukturierende BV, die den Dotierungsrahmen des AG unverändert lassen, sondern lediglich die Mittel anders verteilen wollen, sind wirksam, wenn sie Recht und Billigkeit entsprechen (kollektiver Günstigkeitsvergleich). Das BAG nimmt an, dass die AN jederzeit mit kollektiven Änderungen rechnen müssen. (2) Ablösende, ungünstigere BV unter Kürzung des Dotierungsrahmens sind nur wirksam, wenn der AG wegen eines Widerrufsvorbehaltes o. wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Kürzung o. Streichung der Sozialleistungen verlangen kann (AP 17 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 87, 168. Diese Grundsätze haben jedoch nur eine begrenzte Rückwirkung auf die Ablösung von Gesamtzusagen vor 1982 (AP 14 zu § 1 BetrAVG Ablösung = NZA 91, 477).
Keine Änderung ist bei einzelvertraglichen Ansprüchen möglich (AP 43 = NJW 90, 1315 = NZA 90, 351). Werden den AN durch die BV Rechte eingeräumt, so ist ähnlich wie beim Tarifvertrag ein Verzicht nur mit Zustimmung des -s Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung der Rechte ist ausgeschlossen. Die Vereinbarung von Verfallfristen o. die Abkürzung von Verjährungsfristen für die Geltendmachung von Rechten ist nur in einer BV o. einem Tarifvertrag zulässig. Sind Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen tarifvertraglich geregelt, so können durch Tarifvereinbarung für die Geltendmachung von Akkordlohnansprüchen keine Verfallfristen durch BV geregelt werden, weil § 77 III BetrVG entgegensteht (AP 1 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). B. können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden (§ 77 V BetrVG; Hanau/Preis NZA 91, 81). Zu betriebsratslosen B: Gaul NZA 86, 628. Eine B., die als Ergänzung zu einem Tarifvertrag abgeschlossen wird, ist grundsätzlich in ihrer Laufzeit auf die Dauer des Tarifvertrages sowie ggf dessen Nachwirkungszeitraum begrenzt (AP 7 zu § 77 BetrVG 1972 = DB 84, 1302). Nach Ablauf einer BV gelten ihre Regelungen in Fällen, in denen sie durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt werden können, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 77 VI BetrVG; vgl. Tarifnachwirkung). Die Nachwirkung einer einen Tarifvertrag ergänzenden Betriebsvereinbarung kann ausgeschlossen werden (AP 9 zu § 77 BetrVG 1972 = DB 84, 1477). Keine Nachwirkung besteht bei sog. freiwilligen BV (AP 40 -= NZA 89, 765; AP 2 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung = NZA 90, 67; AP 4 zu § 77 BetrVG Nachwirkung = NZA 90, 814; AP 5 = NZA 91, 190; AP 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung = DB 92, 1735; zur Nachwirkung einer teilmitbestimmten BV: v. 26. 10. 1983 1 AZR 46/93 —; Loritz RdA 91, 65; Schirge DB 91, 441; Hilger/ Stumpf BB 90, 929). Dies gilt auch für BV, durch die Ruhegelder geregelt werden. Jedoch besteht für die aus der BV erwachsenden Besitzstände ein besonderer Bestandsschutz (AP 2 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung = NZA 90, 67; vgl. Blomeyer DB 90, 173; Schaub BB 90, 289). Eröffnet ein Tarifvertrag den Betriebspartnern
die Möglichkeit, durch freiwillige Betriebsvereinbarung statt des tariflichen Systems der Lohnfindung die analytische Arbeitsbewertung einzuführen, so gilt wiederum die tarifliche Regelung, wenn die B. gekündigt u. die Kündigungsfrist abgelaufen ist (AP 5 zu § 77 BetrVG). Streitigkeiten über Bestehen o. Nichtbestehen sowie Durchführung der BV entscheidet das -s Arbeitsgericht im -s Beschlussverfahren; aufgrund des Anspruches zur Durchführung der BV folgt nicht das Recht des BR, die Erfüllung der Ansprüche der einzelnen AN zu verlangen (AP 53 zu § 112 BetrVG 1972 = NZA 90, 486, 2018 = DB 90, 486). Auslegung der normativen o. obligator. Bestimmungen erfolgt mit Wirkung für das einzelne Rechtsverhältnis im Urteilsverfahren. Handelt es sich dagegen um den Abschluss einer erzwingbaren BV, liegt eine vor der Einigungsstelle auszutragende Regelungsstreitigkeit vor. Den Gewerkschaften steht kein Klagerecht gegen tarifwidrige BV zu (AP 9 zu § 81 ArbGG 1979 = NZA 89, 229; dagegen Däubler BB 90, 2256).
(§ 77 BetrVG) ist die formbedürftige Vereinbarung (Vertrag, Str., a.M. Satzung) zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über Angelegenheiten, die zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Die B. hat teilweise rechtssetzende (normative) Wirkung (z.B. Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Sie geht dem Gesetz und dem Tarifvertrag nach, dem Einzelarbeitsvertrag als dessen Mindestinhalt grundsätzlich vor, kann aber einen Arbeitsvertrag nicht zum Nachteil eines Arbeitnehmers abändem. Sie ist nicht erzwingbar. Gegen eine einem Tarifvertrag widersprechende B. gewährt das Bundesarbeitsgericht der Gewerkschaft einen Anspruch auf Unterlassung. Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Arbeitsrecht, 14. A. 2006; Waltermann, R., Die Rechtssetzung durch Betriebsvereinbarung, 1997; Streicher, H., Die Betriebsvereinbarung, 3. A. 2004; Frey/Pulte, Betriebsvereinbarungen in der Praxis, 3. A. 2005; Krasshöfer, //., Betriebsvereinbarung, 2. A. 2007
privatrechtlicher Normenvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat. Von einem Normenvertrag spricht man deshalb, weil Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG unmittelbar und zwingend wirken (Normwirkung). Die Qualifikation als privatrechtlicher Vertrag beruht auf der Tatsache, dass Betriebsvereinbarungen nach den Regeln der Rechtsgeschäftslehre abgeschlossen werden. Nach dem sog. Günstigkeitsprinzip kann jedoch zugunsten der Arbeitnehmer durch einzelvertragliche Abreden von einer unmittelbar geltenden Betriebsvereinbarung abgewichen werden.
Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung: Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen erfolgt nach den Regeln der §§ 145 ff. BGB. Sie müssen nach § 77 Abs. 2 S. 1 BetrVG schriftlich geschlossen werden und sind von beiden Seiten zu unterzeichnen, § 77 Abs. 2 S. 1, 2 BetrVG. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 77 Abs. 2 BetrVG hat gem. § 125 S. 1 BGB die Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung zur Folge. Mögliche Regelungsgegenstände: Eine Betriebsvereinbarung muss einen zulässigen Inhalt haben. Sie darf insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Wie sich aus den §§ 77 Abs. 3 S. 1, 88 BetrVG schließen lässt, können Betriebsvereinbarungen grundsätzlich die gleichen Gegenstände wie Tarifverträge zum Inhalt haben. Sie können daher Rechtsnormen für den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie für betriebsverfassungsrechtliche Fragen enthalten.
Grenzen betrieblicher Regelungen: § 77 Abs. 3 BetrVG bestimmt zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie, dass Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, welche durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Unter Arbeitsentgelten versteht man sowohl Geld als auch jede geldwerte Leistung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (Lohn, Leistungs- und Sozialzulagen, Gratifikationen, Deputate, Gewinnbeteiligungen, vermögenswirksame Leistungen und Ähnliches).
Was unter sonstigen Arbeitsbedingungen zu verstehen ist, war und ist umstritten. Man könnte aufgrund der systematischen Stellung hinter dem Begriff Geld sonstige Arbeitsbedingungen als Bedingungen verstehen, die wie der Begriff Geld den Leistungsaustausch im Arbeitsverhältnis betreffen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, so hätte er nach h. M. aber wie in § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG das Wort „vergleichbar” verwendet und von Geld und vergleichbaren Arbeitsbedingungen gesprochen. Da dies nicht der Fall ist, sind die Arbeitsbedingungen nicht aus systematischen Gesichtspunkten auf materielle Arbeitsbedingungen zu beschränken. Daher umfasst die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG materielle und formelle Arbeitsbedingungen (Torkontrollen als Beispiel für formelle Arbeitsbedingungen). Betriebsvereinbarungen, die gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG verstoßen, sind wegen der fehlenden Kompetenz der Betriebsparteien unwirksam. Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kann eine unwirksame Betriebsvereinbarung jedoch als formlose Regelungsabrede wirksam sein. Nach § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG kann ein Tarifvertrag zudem den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zulassen. Für den Bereich der sozialen Angelegenheiten trifft § 87 Abs. 1 BetrVG eine weitere Regelung. Danach kann der Betriebsrat in den dort aufgezählten Fällen mitbestimmen, wenn und soweit keine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung besteht. Diese Norm wird überwiegend so verstanden, dass abweichend von § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG im Bereich der sozialen Angelegenheiten der Betriebsrat schon dann mitbestimmen kann, wenn keine tarifliche Regelung besteht (sog. Vorrangtheorie, vergleiche noch die Ausführungen zur Zweischrankentheorie). Das bedeutet, dass nur dann, wenn die Angelegenheit tatsächlich durch Tarifvertrag abschließend geregelt wird, der Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die gleiche Angelegenheit ausgeschlossen ist. Die Tarifüblichkeit ist dagegen bei § 87 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend für eine Sperrwirkung.
Erzwingbare/freiwillige Betriebsvereinbarung: Das BetrVG sieht bei bestimmten Regelungsinhalten vor, dass eine Betriebsvereinbarung erzwingbar ist. Werden sich in einem solchen Fall die Betriebsparteien nicht einig, so ersetzt der Spruch der nach § 76 BetrVG zu bildenden Einigungsstelle die Einigung der Betriebsparteien, § 76 Abs. 5 BetrVG. Dann spricht man von erzwingbarer Mitbestimmung und erzwing-baren Betriebsvereinbarungen. Der wichtigste Fall der erzwingbaren Mitbestimmung ist die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG. Daneben können die Betriebsparteien zu allen nur vorstellbaren weiteren Regelungsinhalten freiwillige Betriebsvereinbarungen abschließen. Dieser Gedanke ist in § 88 BetrVG niedergelegt. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die fehlende Einigung dabei jedoch nur dann, wenn beide Betriebspartner sich ihm im Voraus unterwerfen oder ihn nachträglich annehmen (§ 76 Abs. 6 BetrVG).
Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung: Der räumliche Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung erstreckt sich ausschließlich auf den Betrieb,
für den sie abgeschlossen ist. Ist eine Betriebsvereinbarung unter Mitwirkung des Gesamtbetriebsrats (§ 50 BetrVG) oder des Konzernbetriebsrats (§ 58 BetrVG) zustande gekommen, gilt sie für alle Einzelbetriebe des Unternehmens oder Konzerns, für die sie vereinbart ist. In persönlicher Hinsicht erstreckt sich der Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung auf alle im Betrieb Beschäftigten mit Ausnahme der leitenden Angestellten (§ 5 Abs. 3 BetrVG). Sie gilt auch für Arbeitnehmer, die erst nach Abschluss der Betriebsvereinbarung in den Betrieb eintreten. In zeitlicher Hinsicht gilt die Betriebsvereinbarung innerhalb der vereinbarten Zeit. Nach § 77 Abs. 5 BetrVG kann sie darüber hinaus, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Unabhängig davon besteht auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund oder des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages. Als vorzeitiger Beendigungsgrund kommt schließlich eine Betriebsstilllegung in Betracht. Zur Nachwirkung vergleiche Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen.
1.
B. ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (Vertragstheorie), der gegenseitige Pflichten, Angelegenheiten des Betriebs und der Betriebsverfassung zum Gegenstand haben, ferner sich auf die Arbeitsverhältnisse des Betriebs beziehen kann. Nach der Satzungstheorie stellt die B. eine autonome Satzung dar, die dadurch zustande kommt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat gleich lautend aufeinander bezogene Beschlüsse fassen. Die B. bedarf der Schriftform (§ 77 II BetrVG). Vertragspartner sind der Arbeitgeber und die durch den Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer des Betriebs. Die B. gilt nur in dem Betrieb, für den sie abgeschlossen ist, aber für alle seine Arbeitnehmer (nicht für die ausgeschiedenen und im Ruhestand lebenden). Die B. kann nur solche Angelegenheiten zum Inhalt haben, die zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Sie ist vom Tarifvertrag zu unterscheiden, hat aber mit ihm insbes. gemeinsam, dass sie einen schuldrechtlichen und normativen Teil haben kann. Schuldrechtlich können bestimmte Pflichten der Vertragspartner begründet werden (z. B. über Aufwandsentschädigung der Betriebsratsmitglieder). Normativ (d. h. wie ein Gesetz auf den Inhalt der Arbeitsverhältnisse wirkend) können durch B. Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses (sog. Inhaltsnormen) und Regelungen von betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen (sog. Betriebsnormen) getroffen werden. Inhaltsnormen sind z. B. die Festsetzung von Akkordlohnsätzen, Arbeitszeitbeginn und -ende oder Gruppenarbeit (§ 87 BetrVG). Betriebsnormen sind z. B. Errichtung und Verwaltung betrieblicher Wohlfahrtseinrichtungen, Erlass von Unfallverhütungsvorschriften oder Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes (§ 88 BetrVG).
2.
Gegenüber der B. besteht ein Vorrang des Tarifvertrags insbes. insoweit, als Arbeitsentgelte (d. h. Arbeitslohn) und sonstige Arbeitsbedingungen (insbes. die Arbeitszeit) üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden (auch wenn sie im Einzelfall nicht durch Tarifvertrag geregelt sind); in diesem Rahmen ist eine B. unzulässig (§ 77 III BetrVG) und nichtig (§ 134 BGB), wenn sie im Tarifvertrag nicht ausdrücklich zugelassen ist (anders aber für sog. übertarifliche Zulagen). Eine wirksame B. ist in ihren Inhaltsnormen unabdingbar, d. h. es dürfen in den Arbeitsverträgen für den Arbeitnehmer ungünstigere Arbeitsbedingungen nicht vereinbart werden. Eine B. kann zustande kommen durch freiwilligen Vertragsabschluss (§§ 145-151 BGB) oder im Verfahren nach § 76 BetrVG durch die Einigungsstelle, deren Spruch in vielen Fällen, z. B. bei der sozialen Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 BetrVG, erzwingbar ist und die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt. B. können mangels anderweitiger Vereinbarung mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die B. endet darüber hinaus (bei durch die Einigungsstelle ersetzbaren B. mit Nachwirkung bis zum Abschluss einer anderen Abmachung) durch Zeitablauf, formfreien Aufhebungsvertrag (der auch im Abschluss einer neuen B. gegenteiligen Inhalts gesehen werden kann), ferner mit Beendigung des Betriebs (z. B. durch Stilllegung). S. a. Gesamtzusage.
3.
Von der B. zu unterscheiden ist die bloße betriebliche Einigung (Regelungsabrede) zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Regelungsabrede hat keine normative Bindung, kann also durch Einzelvereinbarung im Arbeitsvertrag abgeändert werden.
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