Fremdgeschäftsführungswille
Bewusstsein und Wille, die Angelegenheit eines anderen (der als Person nicht bekannt zu sein braucht, vgl. § 686 BGB) zu besorgen und ihm die Vorteile der Geschäftsbesorgung zugute kommen zu lassen; Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag. Für den Nachweis dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals ist zu unterscheiden:
— Bei Vornahme eines objektiv fremden Geschäftes besteht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen des Fremdgeschäftsführungswillens. Nur wenn der Geschäftsführer die Fremdheit nicht kennt oder das fremde Geschäft bewusst als eigenes führt (irrtümliche oder angemaßte Eigengeschäftsführung), fehlt es am Fremdgeschäftsführungswillen.
— Alle anderen Geschäfte (i. d. R. objektiv neutrale Geschäfte) werden nur durch den konkreten Nachweis des Fremdgeschäftsführungswillens zu sog. subjektiv fremden Geschäften. Bei objektiv eigenen Geschäften dürfte dies allerdings kaum vorstellbar sein.
Ein fremdes Geschäft liegt vor, wenn es seiner Natur, seinem Inhalt und seinem äußeren Erscheinungsbild nach unmittelbar in die Rechts- und Interessensphäre eines anderen fällt. Problematisch ist die Behandlung sog. auch fremder Geschäfte, bei denen der Geschäftsführer zugleich eine eigene Angelegenheit besorgt.
Ein Kraftfahrer, der zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit einem Radfahrer das Lenkrad herumreißt und vor einen Baum fährt, nimmt damit die Belange des Radfahrers wahr, erfüllt aber zugleich seine eigene allgemeine Pflicht zur Vermeidung eines Unfalls (BGHZ 28, S. 270 ff.). Die Feuerwehr, die den durch Funkenflug einer Lokomotive verursachten Waldbrand löscht, handelt im Interesse der schadensersatzpflichtigen Bahngesellschaft, erfüllt aber zugleich ihre eigenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen (BGHZ 40, S. 28 ff.). Der von der Polizei beauftragte Abschleppunternehmer erledigt die Verpflichtung des Falschparkers zur Entfernung seines Fahrzeugs, erfüllt aber zugleich seine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Polizei (LG München I, NJW 1978, S. 48 f.). Der Fiskus baut aufgrund seiner Kirchenbau-last einen ausgebrannten Turm des Fuldaer Doms wieder auf, für dessen Beschädigung ein Feuerwerker schadensersatzpflichtig ist (RGZ 82, S. 206 ff.).
Vor allem die Rspr. geht regelmäßig davon aus, dass auch bei den sog. auch fremden Geschäften eine tatsächliche Vermutung für einen Fremdgeschäftsführungswillen gegeben ist. In der Literatur wird dies jedenfalls für die Fälle, bei denen der Geschäftsführer eine konkrete eigene öffentlich-rechtliche oder vertragliche Verpflichtung erfüllt, überwiegend abgelehnt. Ebenso abgelehnt wird die Annahme, dass ein Schuldner, der neben anderen Schuldnern die Beseitigung eines Schadens schuldet, mit seiner Schadensersatzleistung das Geschäft der anderen Schuldner führt.
Hiernach können sich Ersatzansprüche z. B. der Feuerwehr gegen den Brandstifter oder den Eigentümer nur nach den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben. Im Fall des Abschleppunternehmens kann dieses nur vertragliche Ansprüche gegen seinen Auftraggeber geltend machen. Haften mehrere Schuldner auf Ersatz eines Schadens, sind zunächst die Regeln über die Gesamtschuld vorrangig. Liegt kein Gesamtschuldverhältnis vor (wie im „Fuldaer Dombrandfall”), nimmt der Leistende in aller Regel nur seine eigenen Interessen wahr.
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