Rechtsfortbildung

im Rahmen der richterlichen Bindung an
Gesetz und Recht ist eine mit grosser Behutsamkeit zu erfüllende Aufgabe vor allem der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zwar schützt das Rechtsstaatsprinzip gegen rückwirkend belastende Gesetze, grundsätzlich aber nicht gegen die Änderung einer ständigen Rechtsprechung.

Im Arbeitsrecht:

durch die Arbeitsgerichte wird vorgenommen, wenn infolge gewandelter Rechtsanschauungen ein Notstand erwächst, der auf andere Weise nicht zu beheben ist. Preis RdA 89, 327.

ist die - infolge der Veränderung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse notwendig werdende - Weiterentwicklung des Rechts. Sie erfolgt in erster Linie durch Schaffung, Beseitigung oder Änderung von Gesetzen: Bei deren gerechtigkeitswidrigem Ausbleiben ist auch Richterrecht möglich, gegebenenfalls auch gesetzesänderndes Gewohnheitsrecht. Lit.: Hergenröder, C., Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, 1995; Kaufmann, A., Das Verfahren der Rechtsgewinnung, 1999; Schulze, R., Richterrecht und Rechtsfortbildung in der europäischen Rechtsgemeinschaft, 2003

ist möglich einmal durch Weiterentwickeln der Gesetzgebung (Anpassung an veränderte Verhältnisse, insbes. in der Struktur von Wirtschaft oder Technik; Einfluss gewandelten Rechtsdenkens). Bis diese wirksam wird, kann die R. dem Richter obliegen, insbes. durch Ausfüllen von Gesetzeslücken (Auslegung), Grundsatzentscheidungen der oberen Gerichte zu streitigen Rechtsfragen, Fortentwicklung oder Überprüfung bereits bestehender Auslegungen (sog. Richterrecht). Dabei hat der Richter darauf zu achten, dass er sich im Rahmen des gesetzten Rechts hält. Maßgebend für die R. sind die im Gesetz niedergelegten Leitgedanken, die aber wiederum wandelbar und durch Änderung der Verhältnisse, die für sie bestimmend waren, überholt sein können. Das gilt ebenso für überkommene Wertauffassungen, die Wandlungen unterliegen können. Ein Wandel rechtsethischer Auffassungen kann sogar dazu führen, dass sich der Richter unter Abwendung von der Begriffsjurisprudenz und dem Rechtspositivismus vom Wortlaut des Gesetzes (der Kodifikation) entfernt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn sich soziale Vorstellungen grundlegend geändert haben, so dass sie zu einer anderen Gesetzesanwendung nötigen. Der Gedanke der Rechtssicherheit, dem jedes Gesetz dient, muss insoweit zurücktreten, darf aber nicht aufgegeben werden.




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