Kodifikation

(lat.), Schaffung eines Gesetzeswerkes, insbes. durch Zusammenfassung verschiedener Gesetze bzw. Rechtsnormen des Gewohnheitsrechts.

(Gesetzbuchmachung) ist (nur) die grundsätzlich erschöpfend gedachte Zusammenfassung des gesamten Stoffes eines oder mehrerer Rechtsgebiete in einem einheitlichen Gesetzbuch (Gesetz) (z.B. Preußisches Allgemeines Landrecht 1794, Code civil 1804, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch [Österreichs 1811/1812], Bürgerliches Gesetzbuch 1900, Zivilgesetzbuch [Schweiz] 1907, nicht demgegenüber jedes einfache Gesetz, die Kompilation Justinians oder die Gesetze Bayerns zwischen 1751 und 1756). Die K. will vielfach weitere Rechtsquellen (z.B. Gewohnheitsrecht) gänzlich ausschließen. In der Praxis hat sie sich aber stets als ergänzungsbedürftig und entwicklungsbedürftig erwiesen. Lit.: Dittmann, M., Das Bürgerliche Gesetzbuch aus Sicht des common law, 2001; Caroni, P., Gesetz und Gesetzbuch, 2003

Völkerrecht; Das geltende Völkerrecht kann nur durch multilaterale Verträge (Konventionen) kodifiziert werden, weil es an einem internationalen Gesetzgeber mangelt. Zum Teil wird dabei vertragliches
Völkerrecht wiederholt, meist jedoch bereits geltendes Völkergewohnheitsrecht formuliert. Eine völkergewohnheitsrechtliche Norm bleibt auch nach der Kodifikation und dem Inkrafttreten der Konvention vom Charakter her Völkergewohnheitsrecht. Für die Vertragspartner leitet sich die Verbindlichkeit der kodifizierten Bestimmung aus dem Vertrag ab, während sich ihre Verbindlichkeit für die Nichtvertragspartner aus dem Völkergewohnheitsrecht herleitet. Der Vorteil von schriftlich festgehaltenem Völkergewohnheitsrecht liegt im nicht mehr erforderlichen Nachweis seiner Existenz. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Kodifikation des Völkerrechts intensiv vorangetrieben (z. B. Kodifikation des Kriegsrechts durch die Haager Landkriegsordnung von 1907). So verpflichtet Art.13 UN-Charta die Generalversammlung unter anderem, die Kodifikation des Völkerrechts voranzutreiben. S. a. International Law Commission.
Rechtsgeschichte: Gesetz, das den Anspruch erhebt, eine Materie vollständig und systematisch zu regeln, und in einem Gesetzbuch (lat. codex) enthalten ist. Der Begriffstammt von Jeremy Bentham (1748-1832).
Als Ergebnis der systematischen und dogmatischen Durchdringung des Rechts durch die vernunftrechtlich geprägte Rechtswissenschaft (Vernunftrecht) gelang es einigen Staaten, die neu entwickelten Ideen in Gesetzesform umzusetzen. Am Ende der naturrechtlichen Epoche entstanden keine „Reformationen” wie im 16. Jh. (Stadtrecht, Landrecht). Vernunft, nicht Tradition, sollte den Inhalt der neuen Gesetze bestimmen. Die Sprache des Gesetzbuches wurde auf die Bedürfnisse und die Bildung der Rechtsadressaten hin orientiert. Die naturrechtlich geprägten Kodifikationen waren Teil einer umfassenden Gesellschaftsplanung durch erschöpfende und systematische Neuordnung. Sie entstanden in der Hoffnung, Kriterien inhaltlich richtigen Rechts in Gesetzen festzuhalten.
Naturrechtskodifikationen waren das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, das von Friedrich II. 1794 erlassen wurde und über 20 000 Paragraphen enthielt, der französische Code Civil von 1804 (und vier weitere Codes) sowie das bis heute geltende österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811. Auch wenn sich diese drei Kodifikationen in Inhalt, Form und Wirkung erheblich voneinander unterscheiden, lassen sie sich als Ergebnis der aufklärerischen Bemühungen um Rechtserneuerung erfassen und als Umsetzung des naturrechdichen Kodifikationsgedankens begreifen.

1. K. ist Zusammenfassung der Rechtssätze eines Rechtsgebietes in einem einheitlichen Gesetzeswerk. Grundsätzlich soll die K. das Rechtsgebiet erschöpfend regeln und weitere Rechtsquellen ausschließen; die Vielschichtigkeit der Gesetzgebung bringt es aber häufig mit sich, dass eine K. durch Bestimmungen in anderen Gesetzen ergänzt wird. K.en sind beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch für das bürgerliche Recht, das Strafgesetzbuch für das Strafrecht, das Handelsgesetzbuch für das Handelsrecht; Ergänzungen finden sich z. B. im Ehegesetz, in den Nebenstrafgesetzen, im Wechsel- und Scheckrecht usw.

2. Verfassungsrechtlich bedeutsam ist die Frage der K. im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung. Wenn der übergeordnete Gesetzgeber in zulässiger Art und Weise im Wege einer K. von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch macht, hat der andere Gesetzgeber daneben keinen eigenen Gestaltungsspielraum mehr.




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