Vollzugsgrundsätze
In §3 StVollzG programmatisch normierte Grundprinzipien, die Mindestanforderungen an die Vollzugsdurchführung stellen. Diese Grundsätze geben den Gefangenen zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf ihre Verwirklichung, sie sind jedoch von entscheidender Bedeutung für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie der Bewertung von Ermessensentscheidungen. § 3 StVollzG normiert drei Vollzugsgrundsätze:
Angleichungsgrundsatz: Grundprinzip des Strafvollzuges, wonach das Leben des Gefangenen im Strafvollzug dem Leben in Freiheit so weit wie möglich angeglichen werden soll (auch als Gleichstellungsgrundsatz bezeichnet). Danach soll beispielsweise ein
geregelter Tagesablauf eingehalten werden, welcher
Arbeits- wie auch Ruhezeiten beinhaltet. Auch übliche Verhaltensweisen in der Freiheit sollen, soweit der Strafvollzug dies zulässt, befolgt werden (z. B. Anklopfen an Hafträume). Der Grundsatz löste das vor dem Erlass des StVollzG geltende Vergünstigungsprinzip ab, wonach der Gefangene nur Rechte besaß, die ihm vom Anstaltsleiter gewährt wurden.
Gegensteuerungsgrundsatz: Grundprinzip des Strafvollzuges, dass den schädlichen Einflüssen und Folgen des Freiheitsentzuges, die nicht durch den Angleichungsgrundsatz auszuräumen sind, während des Strafvollzuges entgegenzuwirken ist (sog. „nil nocere”-Prinzip). Unzulässig hiernach sind insbesondere der Verlust der Verfügungsmöglichkeit über private Kleidung oder Gegenstände sowie die Aufhebung von Möglichkeiten zu selbst gewählten sozialen und heterosexuellen Kontakten.
Integrationsgrundsatz: Grundprinzip im Rahmen des Strafvollzuges, dass dieser von Beginn an dahin gehend auszurichten ist, dass der Täter nach Verbüßung ein Leben in Freiheit zu führen in der Lage ist.
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