unbestimmter Rechtsbegriff

vom Gesetzgeber nicht genau festgelegter Begriff, der zu seiner Anwendung einer näheren, durch Auslegung zu ermittelnden Bestimmung bedarf (z.B. Gemeinwohl, öffentliche Sicherheit und Ordnung). Soweit ein Verwaltungsakt auf der Anwendung eines u.R. beruht, unterliegt er (anders als bei einer Ermessensentscheidung) in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung.

Im G werden z.T. Tatbestände, bei deren Vorliegen bestimmte Rechtsfolgen eintreten sollen, nur allgemein mit einem unbestimmten R. beschrieben; z. B. "Treu und Glauben", "öffentliches Interesse", "Gemeinwohl", "grober Unfug", "unzüchtig". Die Ausfüllung u. R.e mit einem, dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Inhalt ist Aufgabe der Rechtsprechung. Dabei sind neben den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen insbes. die allgemeinen, üblichen oder "durchschnittlichen" Anschauungen in sozialer, wirtschaftlicher oder technischer Hinsicht zu berücksichtigen. Soweit ein Verwaltungsakt auf der Anwendung eines u.n R.s beruht, unterliegt er - i. Gegensatz zu einer auf Ermessen (kognitives Ermessen) beruhenden Behördenentscheidung - in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung. Denn beim unbestimmten R. kann nur (eine) Entscheidung die richtige sein, während bei der Ermessensentscheidung mehrere richtige Entscheidungen denkbar sind. Gesetzesauslegung.

Rechtsbegriff, unbestimmter

Begriff, dessen Inhalt und genaue Definition nicht feststehen, sondern der verschiedenen Interpretationen zugänglich ist und daher einer Auslegung bedarf. Unbestimmte Rechtsbegriffe (z.B. Unzuverlässigkeit, Nachtzeit) werden vom Gesetzgeber auf der Tatbestandsseite einer Rechtsnorm verwendet. Diese müssen dann vom Rechtsanwender nach einer Auslegung und Definition auf den jeweiligen Einzelfall angewendet werden.
Grundsätzlich sind auch unbestimmte Rechtsbegriffe vom Verwaltungsgericht wegen Art.19 Abs. 4 GG (Rechtsschutzgarantie, Rechtsweggarantie) voll nachprüfbar. Allerdings sind eng begrenzte Fallgruppen anerkannt, in denen dem Rechtsanwender ein Wertungsspielraum verbleibt, der von den Gerichten nicht voll überprüfbar ist. Dann spricht man von einem unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum.
Anerkannte Fallgruppen eines Beurteilungsspielraumes sind
— Prüfungs- und prüfungsähnliche Entscheidungen, also z. B. die Benotung einer Leistung in der mündlichen Prüfung zum ersten juristischen Staatsexamen,
— die beamtenrechtlichen Beurteilungen der Person (z. B. § 8 Abs. 1 S. 2 BBG),
— prognostische Entscheidungen wertenden Charakters (z. B. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, wonach die „erforderliche Vorsorge” gegen Schäden getroffen sein muss) und
— persönliche Wertungen eines weisungsfreien, pluralistisch besetzten Gremiums (z. B. die Entscheidungen der Bundesprüfstelle zum Schutze der Jugend nach §§ 14,17 ff. JuSchG).
Wenn ein solcher Beurteilungsspielraum besteht, dann ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf die Beurteilungsfehler beschränkt. Beurteilungsfehler sind
— Verstöße gegen das Bewertungsverfahren (eine Prüfungskommission ist nicht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben besetzt),
— offensichtlich willkürliche Auslegungen des unbestimmten Rechtsbegriffs,
— das Zugrundelegen eines unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalts (es werden nicht alle Seiten einer Klausur berücksichtigt, einige Seiten werden übersehen),
— die Missachtung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe (es werden höchstrichterlich gebilligte Rechtsansichten als falsch bewertet) und
die Berücksichtigung sachfremder Erwägungen, wobei insbesondere der Grundsatz der Chancengleichheit aus Art.3 Abs. 1 GG zu beachten ist (es werden
unterschiedliche Prüfungsanforderungen gestellt). Soweit keiner dieser Beurteilungsfehler gegeben ist, ist das Verwaltungsgericht an die Wertung des Rechtsanwenders gebunden und muss diese bei seiner Entscheidung zugrunde legen.




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