Geschäftsführung ohne Auftrag, berechtigte
Fall der rechtlich zulässigen und nicht verbotenen Geschäftsführung ohne Auftrag. Berechtigt ist die Geschäftsführung ohne Auftrag,
— wenn deren konkrete Übernahme im Zeitpunkt der Übernahme dem Interesse und (soweit dieser nicht nach § 679 BGB unbeachtlich ist) dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 S.1 BGB)
— oder wenn der Geschäftsherr die Geschäftsführung nachträglich genehmigt (§ 684 S. 2 BGB).
Dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht die Geschäftsführung, wenn sie ihm objektiv nützlich ist. Darüber hinaus muss aber die konkrete Geschäftsführung durch den handelnden Geschäftsführer im Zeitpunkt der Übernahme auch dem Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Hierfür maßgeblich ist zunächst — auch wenn der Geschäftsführer die Willensäußerung (auch unverschuldet) nicht kennt — der wirkliche geäußerte Wille des Geschäftsherrn, selbst wenn dieser unvernünftig oder interessewidrig ist. Nur wenn es keine Willensäußerung des Geschäftsherrn gibt, ist der mutmaßliche Wille maßgeblich, der nicht subjektiv aus der Sicht des Geschäftsführers zu ermitteln, sondern derjenige ist, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Unerheblich ist allerdings der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn, wenn die Geschäftsführung in der rechtzeitigen Erfüllung einer Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung von öffentlichem Interesse ist, oder einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn liegt (§ 679 BGB). Liegen die Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vor, wird ein (auftragsähnliches) gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn begründet, aufgrund dessen die Führung des fremden Geschäftes rechtmäßig ist. Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis ist der Geschäftsführer verpflichtet, das Geschäft so zu führen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert (§ 677 BGB).
Maßgeblich ist auch hier in erster Linie der wirkliche Wille des Geschäftsherrn. Nur soweit sich dieser nicht ermitteln läßt, ist der mutmaßliche Wille zugrundezulegen, der danach festzustellen ist, wie ihn ein mit den Verhältnissen des Geschäftsherrn Vertrauter annehmen würde. Nur wenn keine Anhaltspunkte für besondere Vorstellungen des Geschäftsherrn vorliegen, kann der mutmaßliche Wille aus der objektiv zu ermittelnden Interessenlage erschlossen werden. Auch bei der Ausführung der Geschäftsführung ist aber in den Fällen des § 679 BGB (Erfüllung einer Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung in öffentlichem Interesse steht, oder die eine gesetzliche Unterhaltspflicht ist) ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn unbeachtlich.
Der Geschäftsführer hat die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherren anzuzeigen, sobald es die Verhältnisse erlauben, und — soweit keine Gefahr in Verzug ist — die Entschließung des Geschäftsherrn abzuwarten (§ 681 S.1 BGB). Im Übrigen treffen ihn die Verpflichtungen eines Beauftragten aus den §§ 666-668 BGB (d. h. auf Erteilung von Auskunft und Rechenschaft sowie auf Herausgabe und Verzinsung des aus der Geschäftsführung Erlangten) entsprechend (§ 681 S.2 BGB). Eine Verletzung dieser Pflichten kann zur Haftung des Geschäftsführers nach § 280 Abs. 1 BGB führen. Seine Haftung ist allerdings bei Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr (§ 680 BGB) und bei eigener fehlender oder beschränkter Geschäftsfähigkeit (§ 682 BGB) abgemildert.
Der Geschäftsführer hat seinerseits einen gesetzlichen Aufwendungsersatzanspruch (der auch eine angemessene Vergütung der Tätigkeit des Geschäftsführers umfasst) gegen den Geschäftsherrn (§ 683 S.1 BGB).
Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag schließt Ansprüche aus anderen gesetzlichen Schuldverhältnissen regelmäßig aus: Die Berechtigung ist Rechtfertigungsgrund für Eingriffe in die Sphäre des Geschäftsherrn, so dass deliktische Ansprüche ausgeschlossen sind. Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag kann überdies bereicherungsrechtlich Rechtsgrund und Recht zum Besitz i. S. d. § 986 BGB sein.
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