Differenztheorie
ist die von der Verrechnung ausgehende Theorie des Schadensersatzes bei vom Schuldner zu vertretender Verletzung einer Gegenseitigkeitspflicht. Nach ihr entfällt die Verpflichtung des Gläubigers zur Gegenleistung und kann der Gläubiger die Differenz zwischen dem Wert der unmöglich gewordenen Leistung und seiner Gegenleistung verlangen. Dies entspricht seinen Interessen dann, wenn er seine Leistung nicht erbringen möchte. Lit.: Köbler, G., Schuldrecht, 2. A. 1995; Kaiser, D., Rückkehr zur strengen Differenzmethode, NJW 2001, 2525; Manthe, U., Der Schatten, FS Musielak, H., 2004, 357
Berechnungsmethode für den Schadensersatz statt der Leistung bei vertraglichen Ansprüchen. Danach fließt der Gegenleistungsanspruch in jedem Fall in die Berechnung des Schadensersatzanspruchs mit ein. Anstelle der beiderseitig erloschenen Erfüllungsansprüche tritt eine einseitige Geldforderung des ersatzberechtigten Gläubigers in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung zuzüglich etwaiger Folgeschäden.
Einen anderen Ansatzpunkt verfolgt die sog. Surrogationstheorie. Danach tritt der Ersatzanspruch an die Stelle des Leistungsanspruchs, der durch die Leistungsstörung (insbesondere Unmöglichkeit) erloschen ist. Der Schadensersatzanpruch ist mit der noch möglichen Gegenleistung auszutauschen, soweit er nicht durch Aufrechnung verrechnet wird.
Herrschend ist heute die abgeschwächte Differenztheorie. Danach ist grundsätzlich von der Differenztheorie auszugehen. Es bestehen aber zwei Ausnahmen:
* Ist die Gegenleistung bereits erbracht, kann der Gläubiger nur nach der Surrogationstheorie den Schaden berechnen. Die Anwendung der Differenztheorie würde in diesen Fällen dazu führen, dass der Schuldner die erlangte Gegenleistung zurückzugewähren hätte. Diese Rechtsfolge soll aber nur eintreten, wenn der Gläubiger den Rücktritt wählt.
* Der Gläubiger kann nach seiner Wahl die Schadensberechnung auch nach der Surrogationstheorie vornehmen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Erbringung der Gegenleistung hat.
Wird Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB verlangt, kann der Schaden nur nach der Differenztheorie verlangt werden. Mit dem Schadensersatzverlangen erlischt gemäß § 281 Abs. 4 BGB der Anspruch auf Erfüllung. Bei gegenseitigen Verträgen erlischt dann auch der Anspruch auf die Gegenleistung
Arg.: Wenn schon der leistungstreue Gläubiger seinen primären Leistungsanspruch verliert, muss dies erst recht für den leistungsuntreuen Schuldner gelten.
Mit dem Verlangen auf Schadensersatz statt der Leistung verwandelt sich das vertragliche Austauschverhältnis in ein einseitiges Abrechnungsverhältnis. Das untergegangene Austauschverhältnis kann nicht durch das Angebot der Leistung wieder hergestellt werden (BGH NJW 1994, 3351 zu § 326 BGB a. F.).
Der Streit um die Berechnungsmethode hat erheblich an Bedeutung verloren, da gemäß § 325 BGB auch nach einem Rücktritt Schadensersatz verlangt werden kann. Der Gläubiger kann die Rechtsfolgen beider Rechtsbehelfe miteinander kombinieren.
(im Schuldrecht) Schadensersatz (2 b).
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