Fahrgastrechte (Eisenbahnverkehr)

1.
Mit VO (EG) 1371/2007 v. 23. 10. 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315/14) hat die EU die F. im Eisenbahnverkehr unionsweit harmonisiert. Die VO gilt für alle Eisenbahnfahrten und -dienstleistungen eines Eisenbahn- Unternehmens (Art. 2), ist am 3. 12. 2009 in Kraft getreten (Art. 37) und hat in allen Staaten der Europäischen Union unmittelbare Wirkung (Verordnungen der Europäischen Union). Sie stärkt die Verbraucherschutzrechte ähnlich der VO 261/2004 v. 11. 2. 2004 über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (ABl. L 46/1).

2.

a) Die VO enthält Regelungen zu Reiseinformationen (Art. 8), Verfügbarkeit und Vertriebswegen von Fahrkarten (Art. 9), Buchungssystemen (Art. 10), Haftung für Fahrgäste und Gepäck (Kap. III), Rechten von Reisenden mit eingeschränkter Mobilität (Kap. V, Grundsatz des diskriminierungsfreien Zugangs) sowie zu Beschwerde (Art. 27) und Durchsetzungsstellen (Art. 30 ff.). Die Vorschriften können vertraglich nicht abbedungen werden (Art. 6).

b) Kernstück der VO ist die Regelung der Haftung des Eisenbahnunternehmens für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle (Art. 15 ff.). Ist mit einer Verspätung von über 60 Minuten am Zielort zu rechnen, so kann der Fahrgast wählen zwischen der vollständigen Erstattung des Fahrpreises für die nicht gefahrene Strecke oder der sofortigen oder späteren Fortsetzung der Fahrt auf einer anderen Strecke (Art. 16). Zusätzlich erhält er eine Entschädigung i. H. v. 25 v. H. des Preises der Fahrkarte bei einer tatsächlichen Verspätung zwischen 60 und 119 Minuten und 50 v. H. bei tatsächlichen Verspätungen über 120 Minuten (Art. 17). Ferner hat der Fahrgast u. U. Anrecht auf bestimmte Hilfeleistungen wie Mahlzeiten, Erfrischungen, Telefonkosten und Hotelunterbringung (Art. 18). Auch Zeitfahrkarten-Besitzer können Entschädigungen für wiederholt aufgetretene Verspätungen oder Zugausfälle geltend machen.

c) Fahrpreisentschädigungen für Verspätungen scheiden aus, wenn der Entschädigungsbetrag 4 EUR nicht überschreitet (Art. 17 III, Bagatellgrenze), der Fahrgast schon vor dem Kauf der Fahrkarte über eine Verspätung informiert wurde oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort die tatsächliche Verspätung weniger als 60 Minuten beträgt (Art. 17 IV). Die Haftung des Eisenbahn-Unternehmens entfällt ferner, wenn die Verspätung auf einem betriebsfremden, vom Unternehmen nicht zu vertretenden Umstand beruht, etwa dem grundlosen Betätigen der Notbremse durch Fahrgäste (Art. 32 CIV = Anh. I der VO 1371/2007).

3.
Das Inkraftreten der VO wurde in Deutschland durch das Fahrgastrechteverordnung-Anwendungsgesetz v. 26. 5. 2009 (BGBl. I 1146) flankiert, das ausführende Änderungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) enthält. § 17 EVO enthält Sonderregelungen für Verspätungen im Schienenpersonennahverkehr (Regional- und S-Bahn, Straßenbahn, öffentlicher Personennahverkehr), die zusätzlich zu den Vorschriften der VO eingreifen. § 37 bestimmt zur Durchsetzungsstelle gem. Art. 30 VO eine Schlichtungsstelle, deren Aufgaben von der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V. wahrgenommen werden.




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