Körperverletzung, gefährliche
einfache Körperverletzung unter Verwirklichung weiterer Qualifikationen des § 224 StGB. Hierzu gehört:
1) Körperverletzung durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen. Unter Gift versteht man jede organische oder anorganische Substanz, die unter bestimmten Bedingungen chemisch oder chemisch-physikalisch die Gesundheit zu beeinträchtigen vermag, z.B. Arsen, Morphium, E 605. Andere gesundheitsschädliche Stoffe sind solche, die mechanisch (Glassplitter), thermisch (kochendes Wasser) oder biologisch (Viren, Bakterien, Aids-Virus) wirken. Röntgenoder Gammastrahlen gehören indes nicht dazu. Zudem müssen sowohl das Gift als auch die anderen Stoffe gesundheitsschädlich sein, was dann zu bejahen ist, wenn sie die Eigenschaft haben, im konkreten Fall die Gesundheit zu schädigen, was auch mit Blick auf das konkrete Opfer zu beurteilen ist (z. B. alte oder kranke Menschen; Allergien gegen bestimmte Substanzen). Die Stoffe müssen dem Opfer auch beigebracht werden. Dafür muss der Täter eine Verbindung des Tatmittels mit dem Körper des Opfers derart hergestellt haben, dass dieses seine Wirkung entfaltet. Dabei ist nicht unbedingt erforderlich, dass die Substanz in das Körperinnere gelangt. Schon das Bespritzen kann, je nach Wirkungsweise, ausreichen (z. B. bei Salzsäure). Die Schädlichkeit der Substanzen muss sich in der Vollendung des Grunddelikts manifestiert haben, d. h., dass die Körperverletzung gerade durch die Wirkung des beigebrachten gesundheitsschädlichen Stoffes oder des Giftes vollendet wurde. Nicht ausreichend ist aber die Beibringung des Stoffes und die daneben verwirklichte Körperverletzung. Eine Besonderheit liegt dann vor, wenn das Gift durch einen Arzt benutzt wurde und er dieses für einen ärztlichen Eingriff (wenn auch nicht Heileingriff) verwendet. Denn da das Gift nur einen Sonderfall des gefährlichen Werkzeugs darstellt, gelten diese Grundsätze hier entsprechend (siehe sogleich).
2) Die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs. Unter Waffe, welche ein gesetzliches Beispiel für das gefährliche Werkzeug darstellt, sind nur Waffen im technischen Sinn zu verstehen. Darunter fallen solche Gegenstände, die schon ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, als Angriffs- oder Verteidigungsmittel Verletzungen beizubringen, also Schuss-, Gas-, Hieb-, Stich-, Stoß- oder Schlagwaffen. Da die Waffe nur ein Spezialfall des gefährlichen Werkzeugs ist, setzt sie voraus, dass sie in ihrer Eigenschaft als gefährliches Werkzeug benutzt wird, ihr also in concreto die besondere Gefährlichkeit anhaftet. Ein gefährliches Werkzeug ist danach jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach seiner Art der Verwendung in der konkreten Situation geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Nach h. M. muss der Gegenstand beweglich sein, sodass ein Schleudern gegen eine Hauswand ausscheidet. Zudem muss es sich bei dem Gegenstand um einen körperfremden handeln, sodass die Handkante nicht in Betracht kommt. Es genügt jedoch der „beschuhte Fuß”, soweit der Schuh eine gewisse Festigkeit aufweist. Leichte Turnschuhe oder Sandalen reichen insoweit nicht. Ein medizinisches Instrument in der Hand eines Arztes bei Vornahme eines ärztlichen Eingriffs erfiillt die Voraussetzungen nicht, gleichviel ob es sich um einen echten Heileingriff handelt oder ob eine fehlerhafte Einwilligung des Patienten vorliegt.
3) Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls. Überfall ist jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen. Hinterlist liegt
dann vor, wenn der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung seiner wahren Absicht berechnenden Weise vorgeht, um dadurch dem Gegner die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf die Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen.
4) Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich wird ebenfalls der Qualifikation unterworfen. Eine mittäterschaftliche Begehung (*Mittäter) ist hierfür nicht notwendigerweise erforderlich. Ausreichend ist nach Rspr. und h. Lit. schon die Unterstützung des Haupttäters durch einen Gehilfen. Unstreitig genügt aber nicht die bloße Tatbeteiligung; vielmehr ist immer ein bewusstes Zusammenwirken erforderlich. Der Grund hierfür liegt darin, dass ein Opfer, welches sich mehreren Angreifern gegenübersieht, in seiner Verteidigung beschränkt ist.
5) Als letzte Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung normiert Nr. 5 die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung. Eine solche Behandlung ist bereits dann zu bejahen, wenn das Vorgehen des Täters — auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles — wegen seiner allgemeinen Gefährlichkeit abstrakt geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden. Dabei kann das Gefährdungspotenzial entweder der Körperverletzungshandlung (Hinunterstoßen von einer Klippe), aber auch dem Körperverletzungserfolg anhaften (z. B. die Infektion mit Aids-Viren). Abzustellen ist jeweils auf die körperliche Verfassung des Tatopfers.
In minder schweren Fällen kann das Gericht die Strafe der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 2 StGB auf drei Monate bis fünf Jahre mildern. Solche können z.B. dann gegeben sein, wenn die Voraussetzungen der 1. Alt. des § 213 StGB vorliegen.
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