Einwilligung
Das Recht unterscheidet zwischen Zustimmung, Einwilligung und Genehmigung, die Einwilligung ist eine ausdrücklich vorher erteilte Zustimmung, die Genehmigung wird nachträglich erteilt.
In zahlreichen Fällen können Rechtswirkungen nicht erreicht werden, wenn nicht die vorher erteilte Zustimmung, also die Einwilligung vorliegt. Zum Beispiel müssen zur Adoption oder zur Ehelicherklärung oder auch zur Eheschliessung selbst Einwilligungen vorliegen. Sie können nicht nachträglich genehmigt werden.
Die vor der Vornahme eines Rechtsgeschäftes erteilte Zustimmung eines Dritten (§ 183 BGB).
(§ 183 BGB) ist die vor Abschluß eines Rechtsgeschäfts erteilte Zustimmung des Berechtigten, die das von einem anderen geschlossene Rechtsgeschäft wirksam macht. Im Unterschied dazu stellt-die Genehmigung die nachträgliche Zustimmung dar. Die E. kann auch konkludent erteilt werden. Beispiel hierfür ist der § 110 BGB, der von der n.M. als konkludente Einwilligung in alle Rechtsgeschäfte verstanden wird, die sofort bewirkt werden und sich im Rahmen der Zweckbestimmung der überlassenen Mittel halten. Die E. ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts grundsätzlich frei widerruflich. Einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte sind dagegen nur mit E. möglich, vgl. die §§ 111, 180, 1367, 1831 BGB. Bei Fehlen der E. ist das vorgenommene Rechtsgeschäft unwirksam, da ein Schwebezustand bei Gestaltungsrechten aus Gründen der Rechtssicherheit (die andere Seite muß wissen, woran sie ist) nicht hingenommen werden kann. Hierbei handelt es sich um einen allge-- z r --: sgedanken ciss BGB.
Straf recht: E. in Körperverletzung beseitigt deren Rechtswidrigkeit u. damit Strafbarkeit, es sei denn, dass die Tat gegen die guten Sitten verstösst (§ 226a StGB). Gleiches gilt auch bei anderen Delikten, soweit es sich um verzichtbare Rechts-. güter handelt (z.B. Eigentums-od. Vermögensdelikte, vgl. auch Kastration). E. beseitigt die Rechtswidrigkeit u. damit die Strafbarkeit z.B. nicht bei Abtreibung od. Tötung od. den Delikten, die zum Schutz der öffentlichen Ordnung bestehen (z. B. strassenverkehrsrechtl. Bestimmungen des StGB, der StVO u.StVZO). Bei verschiedenen Delikten fehlt es bei E. schon am Tatbestand (z.B. Notzucht, Entführung). E. setzt im strafrechtlichen Bereich nicht Geschäftsfähigkeit voraus, sondern nur die Fähigkeit, über das verletzte Rechtsgut verfügen zu können (wird hinsichtl. Minderjähriger bei Eigentums- u. Vermögensdelikten vielfach fehlen) u. die Bedeutung der Verletzungshandlung zu erkennen u. demgemäss zu handeln (vgl. Gefälligkeitsfahrt, Sportverletzungen). - Zivilrecht: E. ist in diesem Bereich die vorherige Zustimmung (§ 183 BGB), im Unterschied zur (nachträglichen) Genehmigung. E. in Vertrag setzt grundsätzlich Geschäftsfähigkeit voraus; E. Minderj. ist wirksam, wenn sie im Rahmen des genehmigten Erwerbsgeschäfts od. des genehmigten Dienst-od. Arbeitsverhältnisses erteilt wird (§§ 112,113 BGB). Im Bereich der unerlaubten Handlung genügt Verfügungsmacht u. Fähigkeit, Umfang u. Bedeutung der
E. zu erkennen (wie im Bereich des Strafrechts). Haftungsausschluss, Gefälligkeitsfahrt.
(§ 183 BGB) ist die vor Abschluss eines Rechtsgeschäfts erteilte Zustimmung des Berechtigten, die das von einem anderen geschlossene Rechtsgeschäft wirksam macht. Darüber hinaus ist die (vorherige,) zulässige (u. a. den guten Sitten entsprechende) und dem Täter bekannte (str.) E. (z.B. 228 StGB) ein Rechtfertigungsgrund (eine nach Verabreichung einer Beruhigungsspritze auf dem Weg zum Operationssaal Unterzeichnete Erklärung ist z. B. keine wirksame E.). Mutmaßliche E. als Unterstellung einer E. auf Grund einer Rechtslage, bei der angenommen werden kann, dass der Betroffene, wenn er gefragt werden könnte, einwilligen würde (z.B. Operation eines Bewusstlosen), ist ebenfalls Rechtfertigungsgrund. Lit.: Amelung, K./Eymann, F., Die Einwilligung des Verletzten im Strafrecht, JuS 2001, 937; Ohly, A., Volenti non fit iniuria, 2002; Duttge, G., Der BGH auf rechtsphilosophischen Abwegen, NJW 2005, 260; Rönnau, T., Grundwissen - Strafrecht Einwilligung und Einverständnis, JuS 2006, 18
, Strafrecht (Körperverletzung): Körperverletzung: Disposition des Rechtsgutinhabers über den Erhalt seiner körperlichen Integrität. Eine solche ist auch bei den strafrechtlichen Körperverletzungsdelikten grundsätzlich möglich. Im Falle einer wirksamen Einwilligung entfällt dann die Rechtswidrigkeit einer Verletzungshandlung. Voraussetzung ist jedoch, dass die Einwilligung frei von Willensmängeln ist. Zudem setzt eine Einwilligung natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, nicht aber Geschäftsfähigkeit voraus.
Erhebliche Bedeutung kommt insoweit im Rahmen von ärztlichen Heileingriffen der ärztlichen Aufklärungspflicht zu, bevor der Mediziner einen Heile-griff vornimmt. Denn eine Freiheit von Willensmängeln einer Einwilligung ist nur dann gegeben, wenn der Einwilligende über Tragweite und Folgen des Eingriffs umfassende Kenntnis hat. Jedoch schließen nach
h. M. nur rechtsgutbezogene Irrtümer die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung aus. (Nicht aber z.13. die spätere Verwendung eines durch eingewilligte Punktion erhaltenen Blutes auch für einen HIV-Test.) Daneben ist die Rechtswidrigkeit eines ohne ordnungsgemäße Aufklärung durchgeführten Eingriffs auch dann ausgeschlossen, wenn der Patient bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in die tatsächlich durchgeführte Operation eingewilligt hätte. Für sämtliche Körperverletzungsdelikte enthält aber § 228 StGB einen besonderen Umstand, welcher die Rechtswidrigkeit der Tat trotz Einwilligung nicht entfallen lässt. Danach ist eine Körperverletzung auch dann rechtswidrig, wenn die Tat gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist dann der Fall, wenn die in Frage stehende Handlung eine erhebliche Leibes- oder Lebensgefahr in sich birgt; die bloße Ablenkung der nicht rechts-gutbezogenen Tatmotivation (z.B. Sadomasochismus oder einverständlicher Drogenkonsum) reicht für die Annahme der Sittenwidrigkeit i. b. d. § 228 StGB nicht aus (vgl. BGH NJW 2004, 1054).
Unanwendbar ist die Vorschrift des § 228 StGB außerhalb der Körperverletzungsdelikte. Gesetzliche Sondervorschriften über die Einwilligung bei Verletzungshandlungen gelten für die Organspende und die Kastration.
Strafrecht: rechtfertigende Einwilligung.
Zivilrecht: von der (zu einem Rechtsgeschäft zu erteilenden) Einwilligung i. S. d. § 183 BGB (Zustimmung) zu unterscheidende Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen. Die wirksame Einwilligung schließt — als Rechtfertigungsgrund für den Eingreifer — die Rechtswidrigkeit des Eingriffs aus.
Die Einwilligung ist ausdrücklich oder konkludent zu erklären (Handeln auf eigene Gefahr). Bezieht sich die Einwilligung nicht auf ein Recht, sondern auf ein (rechtlich geschütztes, aber der Verfügung entzogenes) Rechtsgut (z. B. Körper, Gesundheit, Freiheit, Ehre), ist sie keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Regeln der Rechtsgeschäftslehre (§§ 104 ff. BGB) nur analog anwendbar sind. Entsprechend anwendbar sind die §§ 134,138 BGB, nach denen eine Besetz- oder sittenwidrige Einwilligung unwirksam ist (vgl. auch § 228 StGB). Die Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden ist nicht erforderlich, wohl aber die geistige und sittliche Reife, die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen zu vermögen (vgl. auch Handeln auf eigene Gefahr).
Bei ausreichender geistiger und sittlicher Reife ist daher auch die Einwilligung eines Minderjährigen wirksam. Ansonsten gelten auch für die Einwilligung die Regeln über die (im Normalfall durch beide Eltern gemeinschaftlich erfolgende) Vertretung mindeijähriger Kinder (§1629 BGB) entsprechend.
Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Einwilligung im Arzthaftungsrecht, da der ärztliche Eingriff grundsätzlich eine Körperverletzung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB darstellt. Die Wirksamkeit der Einwilligung in eine ärztliche Behandlung setzt eine ausreichende und ordnungsgemäße Aufklärung durch den Arzt über Art, Folgen und Risiken der Behandlung voraus Einwilligung in ärztliche Heileingriffe).
Kann der Patient (z.B. infolge Bewusstlosigkeit) nicht eigenverantwortlich entscheiden, kann der ärztliche Eingriff auch durch eine sog. mutmaßliche Einwilligung (die der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung nach pflichtgemäßer Einschätzung durch den Arzt erteilt hätte) gerechtfertigt sein. Kriterien für das Vorliegen einer mutmaßlichen Einwilligung sind der bekannte Wille des Rechtsgutträgers sowie die gesamten Umstände des Einzelfalles. Anhaltspunkte bieten hier die Regeln über eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag.
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