Leistungsbestimmungsrecht, einseitiges
von den Parteien eines Vertrages einer der Parteien (§ 315 Abs. 1 BGB) oder einem Dritten (§ 317 Abs. 1 BGB) eingeräumtes Recht zur nachträglichen Bestimmung einer vertraglich geschuldeten Leistung. Ausgeübt wird das Bestimmungsrecht dann durch einseitige, empfangsbedürftige Gestaltungserklärung gegenüber der anderen Partei (§ 315 Abs. 2 BGB) bzw. — bei Leistungsbestimmung durch einen Dritten — gegenüber einer der Parteien (§ 318 Abs. 1 BGB).
Kein Leistungsbestimmungsrecht besteht, wenn die nicht ausdrücklich bestimmte Leistung durch Auslegung des Vertrages ermittelt werden kann (insbes. bei taxmäßiger oder üblicher Vergütung, vgl. §§612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 1 BGB). Fehlt die Bestimmung einer Leistung und lässt sie sich auch durch Auslegung nicht ermitteln, besteht ein Leistungsbestimmungsrecht zur Lückenfüllung nur dann, wenn die Parteien auch tatsächlich dem Bestimmungsberechtigten ein entsprechendes Gestaltungsrecht einräumen wollten, weil grundsätzlich die Bestimmtheit der vertragswesentlichen Leistungen Wirksamkeitsvoraussetzung für den Vertrag (s. Antrag) ist. Als Auslegungsregel bestimmt allerdings § 316 BGB, dass bei fehlender Bestimmtheit des Umfangs einer Gegenleistung im Regelfall kein Dissens, sondern ein Bestimmungsrecht des Gläubigers der Gegenleistung anzunehmen ist.
Im Zweifel ist davon auszugehen, dass das Bestimmungsrecht von dem Berechtigten nach billigem
Ermessen auszuüben ist (§§ 315 Abs. 1, 317 Abs. 1 BGB), also unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien, des in vergleichbaren Fällen üblichen und eines angemessenen Wertverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Entspricht die Bestimmung dann nicht der Billigkeit, ist sie unverbindlich (§ 315 Abs. 3 S.1 BGB). Sie kann (und ebenso, wenn eine Bestimmung verzögert wird, §§315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2 BGB) durch eine am Billigkeitsmaßstab orientierte gerichtliche Entscheidung ersetzt werden (§§315 Abs. 3 S.1, 319 Abs. 1 S.1 BGB).
Diese Vorschriften über die richterliche Billigkeitskontrolle dienen (ggf. analog) der Kontrolle und Korrektur einseitiger Festsetzungen durch eine Vertragspartei und haben insbes. auch im Arbeitsrecht (z.B. bei der Überprüfung des Direktions- oder Weisungsrechts des Arbeitgebers) Bedeutung (vor einer besonderen gesetzlichen Regelung dienten sie auch der inhaltlichen Kontrolle von AGB).
Die Parteien können die Leistungsbestimmung aber auch in das freie Belieben des Berechtigten stellen. In diesem Fall scheidet eine Ersetzung durch gerichtliche Entscheidung in Ermangelung eines Beurteilungsmaßstabes aus. Verzögert der bestimmungsberechtigte Vertragspartner die Bestimmung, besteht ggf. aus dem Vertrag ein einklagbarer Anspruch auf Vornahme der Bestimmung. Ist der Bestimmungsberechtigte dagegen ein Dritter, ist der Vertrag dann, wenn dieser die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder sie verzögert, unwirksam (§ 319 Abs. 2 BGB).
Jedenfalls entsprechend sind die §§ 317-319 BGB über die Leistungsbestimmung durch einen Dritten anwendbar auf die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens. Bei einer solchen Vereinbarung vereinbaren die Parteien, dass ein oder mehrere Schiedsgutachter in einer für die Parteien bindenden Weise Inhalt, Grundlagen oder Anpassung der vertraglichen Leistungen ermitteln sollen. Soweit Maßstab nicht die Billigkeit, sondern die objektive Richtigkeit sein soll, ist die Unverbindlichkeit der Entscheidung i. S. d. § 319 Abs. 1 S.1 BGB nur bei offenkundiger Unrichtigkeit anzunehmen.
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