objektive Zurechnung

, Strafrecht: Die (herrschende) Lehre von der objektiven Zurechnung schränkt die strafrechtliche Haftung bereits im objektiven Tatbestand ein. Dieser ist bei Erfolgsdelikten nur erfüllt, wenn zwischen Handlung und Erfolg nicht nur ein natürlicher Ursachenzusammenhang, sondern auch ein normativer Zurechnungszusammenhang besteht. Das ist nur der Fall, wenn die Handlung ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen hat und dieses sich in dem Erfolg realisiert hat (Risikozusammenhang). Die Voraussetzungen hierfür sind derzeit noch nicht abschließend geklärt.
Um kein rechtlich relevantes Risiko handelt es sich, wenn
— der tatbestandliche Erfolg außerhalb menschlichen Beherrschungsvermögens liegt,
— bei sozialadäquatem Verhalten sowie
— bei solchen Handlungen, die zwar den Erfolg in seiner konkreten Gestalt verursacht, das Risiko aber nicht erhöht, sondern verringert haben.
Hiervon sind die Fälle zu unterscheiden, in denen ein Risiko auf Kosten der Schaffung oder Erhöhung eines anderen gemindert wurde. Hier kann die Tat lediglich nach Notstandsregeln gerechtfertigt sein.
Um keine Realisierung des missbilligten Risikos handelt es sich
— bei inadäquaten Kausalverläufen mit atypischen Schadensfolgen, mit deren Eintritt niemand zu rechnen braucht (Adäquanztheorie),
— wenn der Erfolg außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegt
— sowie dann, wenn der Erfolg erst durch das Hinzutreten weiteren Handelns des Opfers selbst (eigenverantwortliche Selbstgefährdung), eines Dritten oder des Täters verursacht wurde, durch das ein neues Risiko geschaffen wurde, das sich in dem Erfolg realisiert hat. Das Hinzutreten des Handelns Dritter unterbricht den Zurechnungszusammenhang jedoch dann nicht, wenn es eine typische Folge der vorhergehenden Handlung darstellt oder diese gerade um des Schutzes vor solchem Handeln willen verboten war.
Bei Fahrlässigkeitsdelikten ist der Zurechnungszusammenhang nach h. L. ferner dann zu verneinen, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg auch bei sorgfaltsgerechtem Handeln nicht zu vermeiden war. Dies bestreiten die Vertreter der Risikoerhöhungslehre, die dem Täter den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens versagt, wenn sich das unerlaubte Risiko in dem Erfolg niedergeschlagen hat.
Bei erfolgsqualifizierten Delikten und bei allen konkreten Gefährdungsdelikten muss sich in dem weitergehenden Erfolg oder in der konkreten Gefahr das dem Grunddelikt jeweils anhaftende tatbestandstypische spezifische Risiko verwirklichen.




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