Rechtswidrigkeit der Zueignung
Vorsatzbedürftiges Tatbestandsmerkmal bei §§242, 246, 249 StGB. Beim Diebstahl und beim Raub muss sich diese Rechtswidrigkeit auf die — subjektiv — beabsichtigte Zueignung beziehen, bei der Unterschlagung kennzeichnet sie den — objektiv — manifestierten Zueignungswillen. Der Vorsatz des Täters muss auch die Rechtswidrigkeit der Zueignung umfassen. Die Rechtswidrigkeit als objektives Tatbestandsmerkmal ist streng von der allgemeinen Rechtswidrigkeit zu trennen, da Letztere erst durch die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes indiziert wird.
Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn sie im Widerspruch zur Eigentumsordnung bzw. zum Eigentumsrecht des Verletzten steht. Handelt der Täter ohne Rechtfertigungsgrund und greift ein solcher lediglich aufseiten des von der Zueignung profitierenden Dritten ein, ist strittig, ob sich die Rechtfertigung des Dritten auch dann zugunsten des Täters auswirkt. Ein Durchgriff bzw. eine Inanspruchnahme des Rechtfertigungsgrundes des Dritten zugunsten des Täters ist auszuschließen, wenn dieser mit der Drittzueignung eigene Motive und nicht solche altruistischer Art verfolgt. Geht es dem Täter lediglich darum, die Eigentumsordnung zugunsten des Dritten wiederherzustellen, ist ihm der Rechtfertigungsgrund des Dritten zuzubilligen.
Rechtmäßig erfolgt die Zueignung grundsätzlich dann, wenn der Täter ein Recht auf Eigentumserwerb in Form eines fälligen und einredefreien Anspruchs auf Übereignung der Sache geltend machen kann. Bei Gattungsschulden ist zu beachten, dass sich der Anspruch des Gläubigers vor erfolgter Konkretisierung i. S. v. §243 Abs. 2 BGB nicht auf bestimmte
Sachen, sondern nur auf die Leistung von Sachen
mittlerer Art und Güte richtet und dass dein auch ein Auswahlrecht des Schuldners entspricht; die Zueignung der geschuldeten Menge ist daher vor erfolgter Konkretisierung rechtswidrig, da der Täter keinen Anspruch auf die konkret zugeeignete Sache geltend machen kann (weitere Differenzierung bei der Zueignung von Geld als Wertsummenverbindlichkeit). Der Wert der Sache ist im Rahmen der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Zueignung unbeachtlich; schützenswert ist die formale Rechtsposition des Eigentümers.
Liegt eine Einwilligung des Eigentümers vor, ist die Zueignung rechtmäßig, wobei der Eigentümer die Einwilligung nicht ausdrücklich erklären muss, und der Täter davon nicht zweifelsfreie Kenntnis erlangen muss; erforderlich ist lediglich, dass der Täter nicht gänzlich ohne Kenntnis von der Einwilligung handelt, sonst kommt eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht. Liegt lediglich eine mutmaßliche bzw. stillschweigende Einwilligung des Eigentümers vor, kann die Rechtswidrigkeit der Zueignung ebenfalls entfallen, wenn es für den Täter offensichtlich ist, dass der Eigentümer in die Zueignung einwilligen würde, wobei erforderlich ist, dass der tatsächliche Wille des Berechtigten nicht in Erfahrung gebracht werden kann.
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