Vorsteuer
ist im Umsatzsteuerrecht die einem Unternehmer von seinem Lieferanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer. Der Unternehmer kann sie von seiner eigenen Steuerschuld abziehen. Dadurch verringert sich seine Steuerschuld auf den Umsatz des von ihm geschaffenen Mehrwerts. Lit.: Stadie, H., Das Recht des Vorsteuerabzuges, 1989; Riegler, B., Vergütung der Vorsteuer, 1991
, Abk. VorSt: die dem Unternehmer von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellte und in der Rechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer. Sie ist das technische Mittel, um zu erreichen, dass letztlich nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit Umsatzsteuer belastet wird (Allphasen-Umsatzsteuer), denn der Unternehmer kann die Vorsteuer von der eigenen Umsatzsteuerschuld subtrahieren. An das Finanzamt ist letztendlich nur die Differenz zwischen geschuldeter Umsatzsteuer und der Vorsteuer (= Zahllast) abzuführen.
Zum Vorsteuerabzug sind ausschließlich Unternehmer i. S. d. §§2 und 2 a UStG berechtigt (nicht Kleihunternehmer). Dabei entspricht der Vorsteuerabzug des leistungsempfangenden Unternehmers betragsmäßig i. d. R. der Umsatzsteuerschuld des leistenden Unternehmers.
Neben der persönlichen Voraussetzung der Unternehmereigenschaft macht § 15 Abs. 1 Nr.1 UStG den Vorsteuerabzug von folgenden sachlichen Voraussetzungen abhängig:
— Es muss eine Rechnung (§§ 14, 14a UStG) vorliegen.
— In der Rechnung muss die Steuer offen ausgewiesen sein, d. h., die Steuer muss in einem Betrag in der Rechnung erscheinen. Die Angabe des Steuersatzes genügt nicht (Ausnahme: Kleinbetragsrechnung, Fahrausweise §§33-35 UStDV).
— Leistung von einem anderen Unternehmer (kein Innenumsatz) .
Die Leistung muss für das eigene Unternehmen des leistungsempfangenden Unternehmers bezogen worden sein, d. h., die Leistung muss zumindest mittelbar zur Ausführung der eigenen Umsätze des Leistungsempfängers dienen. Bei Leistungen für den unternehmerischen und außerunternehmerischen Bereich hat der Unternehmer ein Wahlrecht hinsichtlich der Zuordnung (A 192 Abs. 21 UStR 2008). Die Leistung dient dann dem eigenen Unternehmen nur, soweit der Unternehmer sie dem unternehmerischen Bereich zugeordnet hat.
Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG kann außerdem die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer, nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb und gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG die Steuer für Leistungen i. S. d. § 13b UStG, die ein Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat (Reverse-charge-Verfahren) als Vorsteuer abgezogen werden.
Ist einer der Tatbestände des § 15 Abs. 1 Nr. 1 —Nr. 4 UStG erfüllt, ist die Vorsteuer grundsätzlich abzugsfähig, jedoch darf sie nur dann von der Umsatzsteuerschuld abgezogen werden, wenn kein Vorsteuerausschluss (vgl. § 15 Abs. 1 a—Abs. 4 b UStG) greift.
Nach § 15 Abs. 2 UStG ist die Vorsteuer vom Abzug ausgeschlossen, wenn die der Vorsteuer zugrunde liegenden Umsätze (Lieferungen, sonstige Leistungen, Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe) zur Ausführung bestimmter in § 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 UStG beschriebener Ausgangsumsätze verwendet werden:
— steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8-28 UStG, soweit nicht nach § 9 UStG gezielt auf die Befreiung verzichtet wurde (Option),
— nicht steuerbare Umsätze im Ausland, die im Inland nach § 4 Nr. 8-28 UStG steuerfrei wären.
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen (sog. Ausschlussumsätze), so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 S.1 UStG nicht abziehbar, der den Ausschlussumsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Ausgangspunkt für die Aufteilung sind ausschließlich die Verhältnisse im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung der Leistung.
Bauunternehmer B errichtet auf dem Grundstück des Unternehmers U ein 250 qm großes Geschäftshaus. Für seine Leistung stellt B eine Rechnung aus, in der die Umsatzsteuer i. H. v. 250 000 € gesondert ausgewiesen wurde. U vermietet ab dem Tag der Fertigstellung (1.10. 2008) 150 qm an einen Rechtsanwalt und 100 qm an einen Arzt, die das Gebäude jeweils für ihre beruflichen Zwecke nutzen. Bei der Vermietung an den Rechtsanwalt hat U zulässigerweise gern. § 9 UStG zur Umsatzsteuer optiert, d. h., er vermietet steuerpflichtig.
Die mit 250 000 € gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist grundsätzlich gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehbar, da U eine Leistung (Errichtung eines Gebäudes) von einem Unternehmer (B) für sein Unternehmen (selbstständige, nachhaltige Vermietungstätigkeit) bezogen hat.
Jedoch sind die Ausgangsumsätze des U teilweise steuerfrei (Vermietung an den Arzt, § 4 Nr.12 a UStG)
und teilweise steuerpflichtig (Vermietung an den Rechtsanwalt, § 9 i. V m. § 4 Nr. 12 a UStG). Der Vorsteuerabzug wird daher gern. § 15 Abs. 2 Nr. 1
i. V m. Abs. 3 UStG ausgeschlossen, soweit die Bauleistung des B für die steuerfreie Vermietung verwendet
wird. Ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab nach dem
Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung ist hier die Nutzfläche. Somit kann U in 2008 von den 250 000 €
einen Betrag von 150 000 € als Vorsteuer abziehen, während 100 000 € vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind.
Hat ein Unternehmer ein sachgerechtes Aufteilungsverfahren (neuerdings ist auch das Verhältnis der Ausgangsumsätze als Aufteilungsmaßstab möglich, A208
Abs. 3 UStR 2008) gewählt, ist dieser Maßstab auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume zugrunde zu
legen. Dieser Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG bei Änderungen der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse. Erwirbt ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut für sein Unternehmen, so ist für den Vorsteuerabzug
— im Zeitpunkt des Leistungsbezuges
— unter Berücksichtigung der Verwendungsabsicht des Unternehmers
— bereits endgültig über den Vorsteuerabzug zu entscheiden.
Beabsichtigt z.B. der Unternehmer, den Gegenstand für steuerpflichtige Umsätze zu verwenden, wird der
Vorsteuerabzug gewährt. Wird der Gegenstand später
abweichend von der ursprünglichen Absicht des Unternehmers tatsächlich zur Ausführung von steuerabzugsschädlichcu Umsätzen (vgl. § 15 Abs. 2 und Ab,. 3 UStG) verwendet, führt dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG.
Nach § 15 Abs. 1 a UStG war bis 2003 u. a. der Vorsteuerabzug für Reisekosten voll ausgeschlossen. Der Vorsteuerausschluss für bestimmte Reisekosten wurde ab 20. 12.2003 aufgehoben.
§ 15 Abs. 1 b UStG regelte bis 2003 ein 50%iges Abzugsverbot für Vorsteuerbeträge, die auf die Anschaffung oder Herstellung, die Einfuhr, die Miete oder
den Betrieb von Fahrzeugen im Sinne des § 1 b Abs. 2 UStG entfallen, die auf für den privaten Bedarf des
Unternehmers oder andere unternehmensfremde
Zwecke verwendet werden. Wegen des 50 %igen Ausschlusses entfiel im Gegenzug eine Besteuerung der
privaten Nutzung durch den Unternehmer als unentgeltliche Wertabgabe. Die Vorsteuerkappung auf 50% wurde ab 1.1.2004 aufgehoben (die private Pkw-Nutzung ist als unentgeltliche Wertabgabe wieder der Umsatzsteuer zu unterwerfen).
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