Wirtschaftsgut
steuerrechtliche Bezeichnung für Vermögenswerte und Schulden, die zu einem einheitlichen Zweck in einem Betrieb vereinigt sind. In den Steuergesetzen wird der Begriff „Wirtschaftsgut” nicht
legal definiert. Nach Auffassung des BFH sind Wirtschaftsgüter:
— Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb,
— deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt,
— die einer besonderen Bewertung zugänglich sind,
— in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und
— zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können (BFH vom 19. 6. 1997, BStB1. 1997 II 808 in. w. N.).
Ob ein Wirtschaftsgut vorliegt, ist folglich nicht nach bürgerlichem Recht, sondern nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu bestimmen. Daher sind nach der Rechtsprechung Wertberichtigungen, Eigenkapital, die eigene Arbeitskraft des Unternehmers und
— > Rechnungsabgrenzungsposten keine Wirtschaftsgüter.
Ebenso ist für die Frage, wem das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist (subjektive Zurechnung), nicht nach bürgerlich-rechtlichen Merkmalen, sondern nach wirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden, wobei allerdings im Regelfall die rechtliche und die wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit zusammenfallen dürften.
Eine Bilanzierung ist nur möglich, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung durch das Vorhandensein eines positiven Wirtschaftsguts eine Vermögensmehrung oder durch ein negatives Wirtschaftsgut eine Vermögensminderung eingetreten ist. Dabei ist nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu entscheiden.
Wirtschaftsgüter werden nach unterschiedlichen Kriterien in verschiedene Arten eingeteilt:
aktive/passive Wirtschaftsgüter:
Aktive Wirtschaftsgüter (z. B. Waren, Rechte) stehen
auf der Aktivseite der Bilanz, passive Wirtschaftsgüter (z. B. Verbindlichkeiten, Rückstellungen) auf der
— > Passivseite.
Der steuerrechtliche Begriff „aktives Wirtschaftsgut” wird mit dem handelsrechtlichen Begriff „Vermögensgegenstand” gleichgesetzt. Passive Wirtschaftsgüter des Steuerrechts entsprechen den Schulden des HGB.
selbstständige/unselbstständige Wirtschaftsgüter: Als selbstständig ist ein Wirtschaftsgut anzusehen, wenn es für sich bewertungsfähig und nicht mit einem anderen Wirtschaftsgut derart verbunden ist, dass es nach der Verkehrsanschauung nur in der Gesamtheit mit dem anderen, als dessen Teil es sich darstellt, bewertet werden kann. Ein selbstständiges Wirtschaftsgut ist bilanzsteuerrechtlich eine Ansatz- und Bewertungseinheit.
Grds. ist jede Sache (§ 90 BGB) ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Bei Bruchteils- und Gesamthandseigentum sind jedoch (mind.) so viele Wirtschaftsgüter gegeben, wie Eigentümer vorhanden sind (§ 39 Abs. 2 Nr.2 AO).
Bei Grundstücken sind der Grund und Boden, das Gebäude, die Außenanlagen und das Zubehör als selbstständige Wirtschaftsgüter jeweils getrennt in der Bilanz anzusetzen und zu bewerten.
Selbst ein einheitliches Gebäude wird in mehrere selbstständige Wirtschaftsgüter aufgeteilt, wenn es wegen unterschiedlicher Nutzung in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen steht. Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt, so ist jeder der vier unterschiedlich genutzten Gebäudeteile ein besonderes Wirtschaftsgut (R 4.2 Abs. 4 EStR 2005).
Zudem können wesentliche Bestandteile eines Gebäudes selbstständige Wirtschaftsgüter bilden, wenn sie mit dem Gebäude nicht in einem einheitlichen Nutzungsund Funktionszusammenhang stehen. Selbstständige Wirtschaftsgüter und keine unselbstständigen Gebäudebestandteile sind z. B. Ladeneinbauten und Ladenumbauten, Schaufensteranlagen, Betriebsvorrichtungen, Scheinbestandteile, Mietereinbauten und Mieterumbauten. Sind diese selbstständigen Wirtschaftsgüter abnutzbar, werden sie gesondert nach ihrer jeweiligen Nutzungsdauer abgeschrieben.
Gebäudebestandteile, die üblicherweise der Nutzung des Gebäudes dienen (z. B. Fahrstühle, Heizungs- und Belüftungsanlagen), sind keine selbstständigen Wirtschaftsgüter. Sie werden folglich zusammen mit dem Gebäude abgeschrieben (§ 7 Abs. 4 oder Abs. 5 EStG). Wirtschaftsgüter des Anlage- bzw. Umlaufvermögens:
Je nach Zweckbestimmung ist ein Wirtschaftsgut dem
— > Anlagevermögen oder dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Bei einem Autohändler gehören z. B. die zur Veräußerung bereitstehenden Kfz zum Umlaufvermögen, während der Wagen, der nur Vorführzwecken
dient, ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darstellt. Die Unterscheidung hat u. a. Bedeutung für die Bewertung der jeweiligen Wirtschaftsgüter und die Anwendung der § 6 b EStG (Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter) und § 7 EStG (Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung).
bewegliche/unbewegliche Wirtschaftsgüter: Unbewegliche Wirtschaftsgüter sind insbesondere Grund und Boden, Gebäude, Gebäudeteile, Eigentumswohnungen, Bodenschätze sowie sonstige unbewegliche Wirtschaftsgüter wie Hofbefestigungen, Einfriedungen, Ladeneinbauten, Trennwände.
Bewegliche Wirtschaftsgüter können nur Sachen (§ 90 BGB), Tiere (§ 91 a BGB) und Scheinbestandteile (§ 95 BGB) sein. Betriebsvorrichtungen gehören auch dann zu den beweglichen Wirtschaftsgütern, wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind (R7.1 Abs. 3 S. 2 EStR 2005). Bedeutung hat die Unterscheidung für §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 EStG und andere Abschreibungsregeln und auch für die Gewährung von Investitionszulagen.
abnutzbare/nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter: Abnutzbare Wirtschaftsgüter sind i. d. R. nur für einen beschränkten Zeitraum nutzbar; dagegen gehören z. B. Grund und Boden und zeitlich unbefristete Rechte zu den nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern. Die Unterscheidung ist u. a. bedeutend für die Abschreibungsregeln und die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG (Bewertung).
materielle/immaterielle Wirtschaftsgüter: Kriterien für die Annahme eines immateriellen Wirtschaftsgutes sind:
— Bestehen eines konkreten betrieblichen Vorteils (länger als ein Jahr),
— realisierbarer Vermögenswert im Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen und
— Abgrenzbarkeit gegenüber anderen Wirtschaftsgütern.
Als immaterielle Wirtschaftsgüter kommen somit u. a. Rechte, rechtsähnliche Werte, Firmenwert, Lizenzen in Betracht.
Zu den materiellen Wirtschaftsgütern gehören neben den körperlichen Gegenständen auch die sog. Finanzwerte (vgl. § 266 Abs. 2 A III HGB, z.B. Beteiligungen).
Die Unterscheidung hat z.B. Bedeutung für die Anwendung des § 5 Abs. 2 EStG. Danach besteht für selbst geschaffene (originäre) immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivierungsverbot.
ist ein zentraler Begriff des Einkommensteuerrechts. Er ist gesetzlich nicht definiert. Handelsrechtlich entspricht ihm der Begriff des Vermögensgegenstandes. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden unter W. alle Sachen und Rechte sowie sonstigen wirtschaftlichen Vorteile, die selbständig bewertbar und nutzungsfähig sind, verstanden.
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