Anrechnungsverfahren
allg. Steuerrecht: Die grundlegendste Änderung durch das Steuersenkungsgesetz — StSenkG vorn 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1433; BStB1.1 2000, 1428) — war für den Bereich der Körperschaftsteuer (neben dem einheitlichen Körperschaftsteuersatz ohne Unterscheidung zwischen dem Thesaurierungssteuersatz und dem Ausschüttungssteuersatz) der ersatzlose Wegfall des bisherigen Anrechnungsverfahrens (§§ 27-47 KStG a. E) und die damit korrespondierende Einführung der Definitivbesteuerung und des Halbeinkünfteverfahrens.
Eigenkapitalgliederungen des verwendbaren Eigenkapitals („EK-Töpfe”) zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung auf 30% bei offenen Gewinnausschüttungen und verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 27 Abs. 1 KStG a. E) waren ab dem Veranlagungszeitraum 2001 nicht mehr notwendig. Zwar erwirtschaftet eine Kapitalgesellschaft auch künftig für Ausschüttungen verwendetes Eigenkapital (z.B. aus Gewinnen), eine Aufgliederung dieses verwendbaren Eigenkapitals entfällt jedoch wegen des einheitlichen Körperschaftsteuersatzes i. V m. dem Halbeinkünfteverfahren. Vielmehr bestimmt § 27 Abs. 1 S.1 KStG seither, dass die Körperschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jeden Wirtschaftsjahres auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen hat. Hinsichtlich der noch nicht ausgeschütteten Eigenkapitalbestände aus den Veranlagungszeiträumen bis 2000 sind Übergangsregelungen (bis zu 18 Jahre) zu beachten (§§36 ff. KStG). Wegen weiterer Einzelheiten siehe BMF vom 6.11. 2003, BStB1. I 2003, 575.
Durch die Abschaffung der Anrechungsmöglichkeit der bei der Kapitalgesellschaft einbehaltenen Körperschaftsteuer beim Anteilseigner hätte dies bei allen Ausschüttungen (offene oder verdeckte) wegen der Einkommensteuerpflicht (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Einkünfte aus Kapitalvermögen) zu einer Doppelbesteuerung der ausgeschütteten Gewinne geführt. Dieses Ergebnis wurde durch das Halbeinkünfteverfahren abgemildert, da die Hälfte der Einnahmen aus
Gewinnanteilen (z. B. Dividenden) und sonstigen Bezügen i. S. d. §20 Abs. 1 Nr.1 EStG (z.B. Verdeckte Gewinnausschüttungen) steuerfrei belassen werden (§3 Nr. 40d EStG; das Halbeinkünfteverfahren gilt auch für im Betriebsvermögen gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften, § 3 Nr. 40 S. 2 i. V m. § 20 Abs. 3 EStG).
Beispiel Anrechnungsverfahren: — Besteuerung einer Körperschaft/des Anteilseigners.
Aus der Besteuerung bei der ausschüttenden Körperschaft und beim Ausschüttungsempfänger ergibt sich somit eine Ertragsteuerbelastung von insgesamt 45 000 € (altes Anrechnungsverfahren).
Halbeinkünfteverfahren
Aus der Besteuerung bei der ausschüttenden Körperschaft und beim Ausschüttungsempfänger ergibt sich wegen der Definitivbesteuerung aufgrund des Halbeinkünfteverfahrens eine Ertragsteuerbelastung von insgesamt 41 875 €.
Die steuerliche Belastung war somit bei einem Einkommensteuertarif von 40% beim Anrechungs- und Halbeinkünfteverfahren identisch (jedoch ohne Berücksichtigung individueller Verhältnisse, z.B. Werbungskosten, Sparerfreibetrag). Bis zu einem Einkommensteuertarif von 40% führte das Halb-einkünfteverfahren grundsätzlich zu einer höheren
Einkommensteuerbelastung, über 40% war das Halb-einkünfteverfahren gegenüber dem bisherigen Anrechnungsverfahren einkommensteuerlich günstiger.
Das Halbeinkünfteverfahren wurde zum 31. 12. 2008 wieder abgeschafft und ab 1. 1. 2009 durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt (Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 vorn 14. 8. 2007 (BGBl. I 2007, 1912; BStBI. I 2007, 630).
Weiteres allg. Steuerrecht: Doppelbesteuerungsabkommen, Verständigungsverfahren.
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