Ordnungsbehörden
Polizeirecht.
(Gefahrenabwehrbehörden, Verwaltungsbehörden, Sicherheitsbehörden): Behörden, die zur Gefahrenabwehr zuständig sind, aber nach dem formellen und institutionellen Begriff der Polizei nicht mehr der Polizei angehören. Sie gehören aber dennoch nach dem materiellen Polizeibegriff der Polizei an, da sie ebenfalls zu der Abwehr von Gefahren zuständig sind.
Die Aufspaltung von Polizei und Ordnungsbehörden entstand unter dem Vorzeichen der Entpolizeilichung
staatlicher Gewalt und sollte zu einer sprachlichen Abgrenzung gegenüber der Polizei im institutionellen Sinne führen, die sich im Dritten Reich mit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und der zum Teil mit der SS verschmolzenen Kriminalpolizei weitgehend „entstaatlicht” hatte.
In den meisten Bundesländern wird zwischen Polizeivollzugsbehörden und Ordnungsbehörden unterschieden, obwohl beide Behörden gemeinsam zur Gefahrenabwehr tätig werden. Lediglich in Baden-Württemberg, in Bremen, im Saarland und in Sachsen wird an einem einheitlichen Polizeibegriff festgehalten. In diesen Ländern gehören die Ordnungsbehörden als Polizeibehörden auch institutionell der Polizei an.
Innerhalb der Ordnungsbehörden unterscheidet man allgemeine Ordnungsbehörden und Sonderordnungsbehörden.
1.
O. i. w. S. sind alle Behörden, deren Aufgabe die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die Beseitigung bereits eingetretener Störungen ist (Gefahrenabwehr). Zu den O. i. w. S. gehört auch die Polizei (1). O. im heutigen engeren Sinne sind nur Behörden, die in den Ländern des institutionellen Polizeibegriffes (Polizei, 1 und 2) nicht zur Polizei gehören; in den Ländern des materiellen Polizeibegriffes (Polizei, 1 und 2) sind auch die Polizeibehörden und Polizeiverwaltungsbehörden als O. anzusehen.
2.
Die Terminologie für die O. ist unterschiedlich. O. heißen sie in Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. In Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt werden sie Verwaltungsbehörden bezeichnet, in Hessen Gefahrenabwehrbehörden, in Bayern Sicherheitsbehörden. Von den Ländern des materiellen Polizeibegriffs bezeichnet sie das Saarland als Polizeiverwaltungsbehörden, Baden-Württemberg, Bremen und Sachsen als Polizeibehörden. Keine einheitliche Bezeichnung besteht auch auf Bundesebene. Dort werden Aufgaben der O. vom Bundesministerium des Innern und verschiedenen Bundesämtern und Bundesbehörden wie z. B. der Strompolizei wahrgenommen (Polizei, 2 und 3).
3.
Organisatorisch gibt es O. auf der Ebene des Bundes und der Länder. Zahlreiche Oberste Bundesbehörden und Bundesoberbehörden haben ordnungsbehördliche Aufgaben und Befugnisse. Auf der Ebene der Länder obliegt der größte Bereich der Ordnungsverwaltung den Gemeinden und den Kreisverwaltungsbehörden (Kreisverwaltung), auf der Mittelstufe den Regierungen (Regierung, 3) oder Regierungspräsidenten sowie oberen und Obersten Landesbehörden; zudem sind zahlreiche ordnungsbehördliche Befugnisse auf Fachbehörden (Sonderordnungsbehörden) verteilt. Auf Gemeindeebene sind häufig die O. im „Amt für öffentliche Ordnung“ zusammengefasst. In Anlehnung an den früheren materiellen Polizeibegriff (Polizei, 1) findet sich auch in den Ländern mit institutionellem Polizeibegriff im allgemeinen Sprachgebrauch für einige O. noch die Bezeichnung Baupolizei (statt Baubehörde oder Bauordnungsamt), Gesundheitspolizei (statt Gesundheitsbehörde oder Gesundheitsamt), Gewerbepolizei (statt Gewerbeamt, Gewerbebehörde oder Gewerbeaufsichtsamt) oder Ausländerpolizei (statt Ausländerbehörde oder Ausländeramt).
4.
Aufgabe der O. ist die Gefahrenabwehr. Welche ordnungsbehördliche Maßnahmen die O. ergreifen dürfen, richtet sich nach den im Ordnungsrecht geregelten Befugnissen. Der überwiegende Teil der ordnungsrechtlichen Aufgaben und Befugnisse betrifft Spezialbereiche, z. B. Abfallrecht (Abfälle), Ausländerrecht (Ausländer), Bauordnungsrecht (Baurecht), Gaststättenrecht (Gaststätte), Gewerberecht (Gewerbeordnung), Handwerksrecht (Handwerk), Immissionsschutzrecht und Versammlungsrecht (Versammlungsgesetz). Während die ordnungsrechtlichen Spezialgesetze überwiegend dem Bundesrecht zuzuordnen sind, ist das allgemeine Ordnungsrecht überwiegend Landesrecht.
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