Immissionsschutzrecht

(anlagenbezogen) Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Wesentliche Grundlage ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BlmSchG) vom 26.9. 2002 (BGBl. I S. 3830). Das BImSchG enthält insb. Regelungen über genehmigungsbedürftige Anlagen, über nicht genehmigungsbedürftige Anlagen und die Ermittlung von Emissionen und Immissionen.
Für Emissionen, die von genehmigungsbedürftigen Anlagen ausgehen, ist das BImSchG grundsätzlich abschließend. Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen eröffnet § 22 Abs. 2 BlmSchG dem Landesgesetzgeber die Kompetenz, strengere Forderungen zu stellen. Im Übrigen verbleibt dem Landesgesetzgeber Raum zur Regelung von Emissionen, die durch das Verhalten von Personen hervorgerufen werden. So enthalten die Landes-Immissionsschutzgesetze z. B. Vorschriften über den Schutz der Nachtruhe, die Benutzung von Tongeräten und das Halten von Tieren. Schaubild „Genehmigungsbedürftige Anlage nach BlmSchG”
Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen i. S. d. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) sowie deren wesentliche Änderung bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§§ 4,16 BImSchG). Unwesentliche Änderungen unterliegen einer Anzeigepflicht (§ 15 BImSchG). We sentlich ist eine Änderung, wenn sie nachteilige Auswirkungen hervorrufen kann und diese für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erheblich sein können.
Das BImSchG unterscheidet zwei Arten von Genehmigungsverfahren: das förmliche Verfahren (§10 BImSchG) und das vereinfachte Verfahren (§19 BImSchG). Das förmliche Verfahren ist dem Planfeststellungsverfahren vergleichbar: öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens, Auslegung der Antragsunterlagen, die für jedermann (nicht nur für Betroffene) bestehende Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist Einwendungen zu erheben, sowie die Beteiligung anderer Behörden. Der Verfahrensgang im Einzelnen ist in der 9. BImSchV geregelt. Außerdem ist die Umweltverträglichkeitsprüfung unselbstständiger Teil des Genehmigungsverfahrens, wenn die Anlage nach dem UVP-Gesetz UVP-pflichtig ist. Einwendungen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind im förmlichen Verfahren nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen (§ 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG), d. h., verfristete Einwendungen können auch in einem späteren Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Außerdem entfaltet die im förmlichen Verfahren erteilte Genehmigung privatrechtsgestaltende Wirkung: Der Nachbar kann wegen benachteiligender Einwirkungen auf sein Grundstück auch privatrechtlich nicht die Einstellung des Betriebes einer Anlage verlangen, wenn deren Genehmigung unanfechtbar ist. Er hat nur Anspruch auf Schutzvorkehrungen. Schadensersatz kann er beanspruchen, soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind (§ 14 BlmSchG).
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nach § 6 BImSchG zu erteilen, wenn
— die Betreiberpflichten des § 5 BImSchG eingehalten werden,
— andere anlagenbezogene Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht entgegenstehen und
— die Anforderungen verschiedener Durchführungsverordnungen erfüllt werden (§ 7 BlmSchG).
Vgl. die StörfallVO, die GroßfeuerungsanlagenVO und die VO über Abfallverbrennungsanlagen (12., 13. und 17. BlmSchV).
Sind die Voraussetzungen erfüllt, hat der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung. Die Genehmigung hat Konzentrationswirkung: Sie schließt alle anderen anlagenbezogenen (nicht betreiberbezogenen) öffentlich-rechtlichen Zulassungsentscheidungen ein (z. B. eine Baugenehmigung). Ausnahmen gelten für berg-, atom- und bestimmte wasserrechtliche Entscheidungen sowie Planfeststellungen (§ 13 BImSchG).
Besondere Arten der Genehmigung sind die Teilgenehmigung (§ 8 BImSchG) bzgl. eines Anlagenteils und der Vorbescheid (§ 9 BlmSchG) bzgl. einzelner Genehmigungsvoraussetzungen. Unter den Voraussetzungen des §8 a BlmSchG kann vor allem bei einem berechtigten Interesse des Antragstellers der vorzeitige Beginn des Vorhabens vor Genehmigungserteilung zugelassen werden.
Der Nachbar kann die dem Betreiber erteilte Genehmigung anfechten, wenn er einen Verstoß gegen den Schutzgrundsatz nach §5 Abs. 1 Nr.1 BImSchG geltend machen kann. Die übrigen Betreiberpflichten des § 5 sind dagegen nicht nachbarschützend.
§ 17 BlmSchG ermächtigt die zuständige Behörde, zur Erfüllung der inunissionsrechtlichen Pflichten auch noch nach Erteilung der Genehmigung nachträgliche Anordnungen zu treffen. Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage oder einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung nicht nach, kann die Behörde nach § 20 Abs.1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise
bis zur Erfüllung der Pflicht untersagen. Als letztes Mittel hat die Behörde die Möglichkeit, die erteilte rechtmäßige Genehmigung unter den Voraussetzungen des §21 Abs. 1 BImSchG zu widerrufen (für die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung gilt die allgemeine Regelung in §48 VwVfG). Anlagen, die ohne Genehmigung oder nicht in der genehmigten Art und Weise betrieben werden, sind formell illegal. Um vollendete Tatsachen zu verhindern, soll die Behörde solche Anlagen stilllegen oder beseitigen (§20 Abs. 2 S.1 BImSchG). Die Behörde ist zum Einschreiten verpflichtet, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft anders nicht ausreichend geschützt werden (§20 Abs. 2 S.2 BImSchG). §20 Abs. 1 a BlmSchG regelt die (vorläufige) Untersagung bei Verstößen gegen bestimmte Unfallverhütungsvorschriften. § 20 Abs. 3 BImSchG enthält darüber hinaus eine
Sondervorschrift für die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Anlagenbetreibers. Nichtgenehmigungspflichtige Anlagen sind nach § 22 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass
— schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
— nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
— die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Diese Pflichten können durch Anordnung im Einzelfall (§ 24 BImSchG) und ah ultima ratio mittels Untersagung (§ 25 BImSchG) durchgesetzt werden. Nach § 25 Abs. 2 BImSchG soll die Behörde die Errichtung oder den Betrieb ganz oder teilweise untersagen, wenn die von der Anlage hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden, soweit die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann. In den §§ 32 ff. BlmSchG finden sich vor allem Ermächtigungsgrundlagen für Rechtsverordnungen der Bundesregierung zur Regelung der Beschaffenheit von Anlagen und Stoffen sowie Vorschriften über die Beschaffenheit und den Betrieb von Fahrzeugen sowie den Bau und die Änderung von Straßen und Schienenwegen (§§ 38 ff. BImSchG).

1.
Den Schutz im öffentlichen Recht vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigung, Geräusche, Erschütterungen u. ä. (Immissionen) regelt das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) i. d. F. v. 26. 9. 2002 (BGBl. I 3830) m. Änd. Es basiert z. T. auf europarechtlichen Vorgaben. Zum internationalen I. s. Klimaschutzrecht.

a) Zweck des Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und ihrem Entstehen vorzubeugen; soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dient das G auch dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden (§ 1). Damit ist das BImSchG einer der Grundpfeiler des Umweltrechts. Das BImSchG ist Schutzgesetz gem. § 823 II BGB. Die LandesimmissionsschutzG ergänzen es und regeln den Vollzug. Zum BImSchG gibt es z. Zt. 30 DVOen, u. a. zu Anlagengenehmigung (Anlage, 1, überwachungsbedürftige Anlage), Luftreinhaltung, Lärmschutz und elektromagnetischen Feldern.

b) Schädlich sind nach § 3 Umweltauswirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder für die Nachbarschaft herbeizuführen. Das G enthält im Bereich des Rechts der Anlagen überwiegend unmittelbar vollziehbare Vorschriften. Die übrigen Regelungsbereiche sind zum großen Teil als Verordnungsermächtigungen ausgestaltet. Im Einzelnen befasst sich das G mit der Genehmigung und Überwachung von Anlagen, dem Störfallbeauftragten und dem Immissionsschutzbeauftragten, ferner mit Vorschriften über die Beschaffenheit von Produkten und den Straßenbau.

c) Genehmigungsformen sind die uneingeschränkte Genehmigung (Vollgenehmigung), ferner die Teilgenehmigung (vorläufige Genehmigung auf Grund kursorischer Überprüfung, § 8) sowie der Vorbescheid, mit dem die Behörde sich verbindlich zu den Genehmigungsaussichten für eine Anlage äußern kann (§ 9). Unter besonderen Voraussetzungen ist ein vorzeitiger Beginn der Errichtung einer Anlage möglich (§ 8 a). Die Grundsätze des Genehmigungsverfahrens regelt die 9. DVO i. d. F. v. 29. 5. 1992 (BGBl. I 1001) m. Änd. Die Antragsunterlagen müssen öffentlich ausgelegt werden. Einwendungen können befristet von jedermann erhoben werden. Beruhen die Einwendungen auf privatrechtlichen Titeln, sind sie an die ordentlichen Gerichte zu verweisen. Die Erörterung der Einwendungen, der sog. Erörterungstermin, ist Ermessenssache der Genehmigungsbehörde (§ 10 VI BImSchG). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 6). Durch die Genehmigung oder auch durch Untätigkeit der Behörden können die Nachbarn in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt sein; s. a. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz.

d) Im 3. und 4. Teil des BImSchG werden der BReg. Ermächtigungen erteilt, durch RechtsVO die Beschaffenheit von Anlagen (§§ 32, 33), Brennstoffen und Treibstoffen (§ 34), Stoffen und Erzeugnissen (§ 35), Biokraftstoffen (§§ 37 a ff.) sowie Fahrzeugen (§ 38) festzulegen und Schallschutzmaßnahmen anzuordnen (§ 43). Dadurch soll ein vorbeugender Immissionsschutz gewährleistet werden. Mit bis zu 50 000 EUR können Ordnungswidrigkeiten geahndet werden (§ 62); s. a. Umweltkriminalität, sowie Abfallrecht, Emissionshandel, Immissionswerte, Lärmbekämpfung, Reinhaltung der Gewässer, Störfälle.

2. Zum Immissionsschutz im Privatrecht s. Immissionen.




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