Religionsausübung, freie
Nach außen gezeigte Gottesverehrung. Die ungestörte R. ist als Grundrecht in Art. 4 Abs. 2 GG gewährleistet. Sie beinhaltet auch, daß auf niemanden Druck zur Teilnahme an religiösen Handlungen ausgeübt werden darf (z. B. ist ein überkonfessionelles Schulgebet auch gegen den Willen eines Schülers oder dessen Eltern zwar zulässig, die Teilnahme daran muß jedoch jedem Schüler freistehen). Die R. ist nicht völlig imbeschränkt möglich, wenn sie gegen allgemeine Gesetze und wichtige Interessen der Gemeinschaft verstößt. Unzulässig sind jedoch zielgerichtete Eingriffe in die R.
1.
Die ungestörte R. ist als Grundrecht durch Art. 4 II GG gewährleistet. Während die Glaubens- und Gewissensfreiheit die Bildung und Verwirklichung einer inneren Überzeugung von Gott und von sittlichen Wertvorstellungen, die Bekenntnisfreiheit die Kundgabe oder Nichtkundgabe nach außen sichert, schützt das Recht der f. R. die privaten und öffentlichen Kulthandlungen. Sie schützt überdies auch andere Handlungen, die nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften zu den religiösen Pflichten gehören, wie z. B. vor allem caritative Tätigkeiten. Das Grundrecht der f. R. gewährleistet auch den Schutz der R. gegen Beeinträchtigungen von außen. Das G über den Ladenschluss des Landes Berlin, das vier verkaufsoffene Sonntage zuließ, wurde vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt (U. v. 1. 12. 2009, 1 Bv 2857/07). Nach diesem Urteil sind Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe aus religiösen Gründen, aber auch zur persönlichen Erholung der Arbeitnehmer und für deren Teilhabe am sozialen Leben geschützt.
2.
Die f. R. steht dem Einzelnen ebenso wie den Religionsgemeinschaften, z. B. den Kirchengemeinschaften, zu. Für Vereinigungen folgt dies schon aus Art. 19 III GG, wonach die Grundrechte auch für juristische Personen gelten, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Im Übrigen ergibt es sich daraus, dass Art. 4 II GG mit der Gewähr der f. R. auch die R. in Gemeinschaft sichert.
3.
Obwohl das Recht der f. R. keinen Gesetzesvorbehalt enthält, besteht es nicht unbeschränkt. Die sich aus der Verfassung ergebenden immanenten Schranken gelten auch insoweit. So darf sich z. B. eine kirchliche Veranstaltung (z. B. Prozession) nicht ohne weiteres über Verkehrsvorschriften hinwegsetzen. Auch kann z. B. nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften die Abhaltung eines Gottesdienstes wegen Seuchengefahr verboten werden. Das generelle Verbot des Schächtens sah das BVerfG mit U. v. 15. 1. 2002 (NJW 2002, 663) als verfassungswidrig an (s. a. Tierschutz, 1). Unzulässig sind auf jeden Fall zielgerichtete Eingriffe, nicht aber die mit den allgemeinen Gesetzen unumgänglich verbundenen Nebenfolgen.
4.
Die f. R. wird zusätzlich durch die Konkordate und Kirchenverträge gewährleistet. Durch Bekenntnisfreiheit und f. R. ist auch die religionsgesellschaftliche Vereinigungsfreiheit mitgewährleistet. Art. 137 II 1 WV wiederholt insoweit nur die Grundrechtsgarantie (Religionsgesellschaften; Kirchen; Sekten).
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