Aufklärungspflicht des Richters
ist Aufgabe der Sachleitung (Prozessleitung) des Vorsitzenden Richters; im Straf- und Bussgeldverfahren hat das Gericht die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 StPO), ohne Rücksicht auf evtl. gestellte Beweisanträge. A. erstreckt sich auch auf Rechtfertigungs-, Schuld- und Strafausschliessungsgründe, sowie auch auf Umstände, die für die Strafzumessung (Geldbusse) von Bedeutung sind. Im Zivilverfahrennnd anderen Parteiprozessen geht die A. weniger weit, da das Gericht an die Beweisanträge gebunden ist; es sind aber Parteien und Beteiligte darauf hinzuweisen, sachdienliche Anträge zu stellen, unvollständiges und unklares Vorbringen zu ergänzen, und darauf wenn Beweislast zufällt (§ 139 ZPO).
im Prozess. Sie obliegt dem vorsitzenden Richter im Rahmen der Prozessleitung (§ 139 ZPO, §§ 238, 244 II StPO, § 86 III VwGO, § 76 II FGO, § 106 I SGG). Die A. ist vom Untersuchungsgrundsatz unabhängig. Sie richtet sich darauf, dass die Parteien oder Beteiligten sachdienliche Anträge stellen, unvollständiges oder unklares Vorbringen erläutern oder ergänzen, Beweismittel bezeichnen und sonstige erforderliche Erklärungen abgeben. Soweit das Gericht etwas von Amts wegen zu prüfen hat, ist ggf. auf rechtliche Bedenken gegen das Vorbringen oder auf übersehene rechtliche Gesichtspunkte hinzuweisen. Eine Verletzung der A. kann einen Revisionsgrund darstellen.
Besonders weit geht die A. im Strafverfahren im Hinblick auf das dort allgemein herrschende Offizialprinzip. Nach § 244 II StPO hat das Gericht die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Es hat alle in Betracht kommenden Straftatbestände zu prüfen und alle erreichbaren Beweismittel von Amts wegen heranzuziehen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts angebracht erscheint, auch wenn sie nicht Gegenstand von Beweisanträgen der Verfahrensbeteiligten sind (Beweis). Aufzuklären sind auch Rechtfertigungsgründe, Schuld- und Strafausschließungsgründe sowie Umstände, die für die Strafhöhe oder eine Strafaussetzung von Bedeutung sind. Entfernt liegende Möglichkeiten, deren Berücksichtigung sich im konkreten Falle nicht aufdrängt, können außer Betracht bleiben. Im Ausland befindliche Beweismittel müssen herbeigeschafft werden, wenn ihre Verwertung notwendig oder sachdienlich ist. Hierbei kann zwischenstaatliche Rechtshilfe in Anspruch genommen werden, insbes. wenn im Ausland wohnhafte Zeugen nicht erscheinen.
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