Strafzumessung

die gerichtliche Festsetzung der Strafe im Einzelfall. Sie wird i. d. R. zunächst vom gesetzlichen Strafrahmen bestimmt; innerhalb dessen bildet die Schuld des Täters die Grundlage der S. Zu berücksichtigen sind die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind. Bei Abwägung der für und gegen den Täter sprechenden Umstände kommen insbes. in Betracht: die Beweggründe und die Ziele des Täters, die aus der Tat sprechende Gesinnung und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Tatausführung und die vom Täter verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wieder gutzumachen. Innerhalb des durch die Berücksichtigung der Schwere der Schuld und der Tatumstände weiter eingeengten Strafrahmens kann das Gericht schließlich auch noch die verschiedenen Strafzwecke berücksichtigen.

Die Strafgesetze enthalten meist einen Strafrahmen, innerhalb dessen der Richter einen gewissen Spielraum zur Festsetzung der im Einzelfall angemessenen Strafe hat. § 13 StGB stellt Grundsätze für die Strafzumessung auf. Hiernach ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe, Schuldstrafrecht. Auch hat das Gericht die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen. Bei der Zumessung der Strafe wägt das Gericht die Umstände, die für u. gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen vor allem in Betracht: die Beweggründe u. die Ziele des Täters, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, u. der bei der Tat aufgewendete Wille, das Mass der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung u. die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters (evtl. Vorstrafen), seine persönlichen u. wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen. Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden (z.B. darf bei Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB der Umstand der Alkoholbeeinflussung nicht strafschärfend gewertet werden; ist der Täter aber stark betrunken, kann das Ausmass des Trunkenheitsgrades zu seinen Ungunsten sprechen). Wurden durch die Tat mehrere Strafgesetze gleichzeitig verletzt, so wirkt sich dies i. d. R. straferschwerend aus. Andererseits wird strafmildernd berücksichtigt, wenn der gesetzeswidrige Erfolg durch Mitverschulden od. auch nur Mitverursachung eines anderen herbeigeführt wurde. Eine Freiheitsstrafe unter 6 Mon. verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat od. der Persönlichkeit des Täters liegen, dies zur Einwirkung auf den Täter od. zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen, sonst ist Geldstrafe auszusprechen (§ 14 StGB). Darf das Gericht die Strafe nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift mildem, kann es bis zum gesetzlichen Mindestmass der angedrohten Strafe herabgehen od. auf Geldstrafe erkennen (§ 15 StGB). In gewissen Fällen kann das Gericht auch von Strafe absehen (§ 16 StGB; Absehen von Strafe). Rückfall wirkt allgemein straferschwerend. Beschränkte Zurechnungsfähigkeit kann zur Strafmilderung führen. Überzeugungstäter.

(§ 46 StGB) ist die Festsetzung der Strafe durch das Gericht im Einzelfall. Die Grundlage der S. bildet innerhalb des Strafrahmens die Schuld des Täters. Zu berücksichtigen sind die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind. Bei der Abwägung des Gerichts sind insbesondere zu beachten die Beweggründe und Ziele des Täters, seine Gesinnung und sein Tatwille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art und die verschuldeten Folgen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat. Lit.: Schäfer, G., Praxis der Strafzumessung, 3. A. 2001; Brögelmann, J., Methodik der Strafzumessung, JuS 2002, 903; Ferner, W., Strafzumessung, 2003; Meier, B., Licht ins Dunkel, JuS 2005, 769

Festlegung der konkreten Strafe für eine oder mehrere Straftaten. Gesetzlich geregelt in den §§ 46-55 StGB.
Bildung der Einzelstrafe:
1) Ausgangspunkt der Strafzumessung ist der vom Gesetzgeber bestimmte Strafrahmen, also die für das jeweilige Delikt abstrakt angeordnete Mindest-und Höchststrafe. Soweit Angaben fehlen, gelten die allgemeinen Unter- und Obergrenzen für Geldstrafe oder Freiheitsstrafe.
So reicht der Strafrahmen des einfachen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB von einem Monat bis zu fünfJahren Freiheitsstrafe oder von fünf bis zu 360 Tagessätzen Geldstrafe.
Der Strafrahmen der Körperverletzung mit Todesfolge reicht gemäß § 227 Abs. 1 StGB von drei bis 15 Jahren Freiheitsstrafe. Geldstrafe ist überhaupt nicht vorgesehen.
2) Im zweiten Schritt ist zu ermitteln, ob Strafrahmenverschiebungen und Sonderstrafrahmen wirksam sind:
a) Dies können zunächst tatbestandliche Änderungen sein in Form von Qualifikationen, Privilegierungen und Spezialtatbeständen (Tatbestand).
§ 263 Abs. 5 StGB qualifiziert den Betrug zum Verbrechen, wenn es sich um eine gewerbsmäßige Bandentat handelt.
§ 283 c StGB, die Gläubigerbegünstigung, ist eine Privilegierung gegenüber dem Bankrott, § 283 Abs. 1 Nr.1 StGB.
Raub (§249 StGB) oder räuberischer Diebstahl (§252 StGB) sind aus Nötigung und Diebstahl zusammengesetzte Spezialtatbestände.
b) In vielen Strafvorschriften erlaubt der Gesetzgeber eine höhere Strafe, wenn ein besonders schwerer Fall vorliegt; in anderen kann die Strafe abgesenkt werden, wenn ein minder schwerer Fall anzunehmen ist. Beides kann sowohl bei Grunddelikten als auch bei Qualifikationen vorkommen. In all diesen Fällen handelt es sich um reine Strafzumessungsregeln.
Wesentliche Unterschiede zu den vorgenannten tatbestandlichen Strafänderungen: Sie führen gemäß § 12 Abs. 3 StGB nicht zu einer Änderung des Deliktscharakters, auch wenn
der geänderte Strafrahmen dadurch über oder unter ein Jahr Mindeststrafe modifiziert wird (vgl. z.B. § 226 Abs. 3 StGB). Ihr Vorliegen ist nicht abschließend an bestimmte Merkmale angeknüpft, sondern Ergebnis einer richterlichen Gesamtabwägung.
Schon bei der Gesamtabwägung, ob ein besonders schwerer oder ein minder schwerer Fall vorliegt, sind allgemeine oder vertypte Strafmilderungsgründe zu berücksichtigen. Nach § 50 StGB gilt aber ein Doppelverwertungsverbot für Strafmilderungsgründe. Danach darf derselbe Strafmilderungsgrund nicht zur Verneinung eines besonders schweren Falles oder Annahme eines minder schweren Falles berücksichtigt und danach noch einmal zur Strafmilderung nach § 49 StGB herangezogen werden.
3) Die Bestimmung der konkreten Strafart und -höhe: Aus § 46 Abs. 1 S.1 StGB folgt zum einen, dass Schuld - nicht i. S. v. Vorwerfbarkeit gemäß §§ 19 ff. StGB, sondern i. S. v. Strafzumessungsschuld - die Grenzen der individuellen Strafe bestimmt, zum anderen, dass auch Spezial- und Generalprävention innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine Rolle spielen können. Dabei vertritt die Rspr. die so genannte Spielraumtheorie, wonach sich aus dem Schuldmaß keine feste Strafgröße, keine „Punktstrafe” für eine konkrete Tat, wohl aber ein gegenüber dem gesetzlichen Strafrahmen konkreter Strafrahmen finden lässt (BGHSt 20, 264, 266).
a) Faktoren der Strafzumessungsschuld:
Schwere der Tat und ihre Bedeutung für das verletzte Rechtsgut (Erfolgsunwert) sowie der Grad der persönlichen Vorwerfbarkeit des Täters (Handlungsunwert), Vorleben des Täters, dessen Beweggründe und Ziele, Nachtatumstände.
b) Spezialpräventive Faktoren: Wirkungen der Strafe auf den Täter” i. S. v. § 46 Abs. 1 S. 2 StGB.
c) Generalpräventive Faktoren: „Verteidigung der Rechtsordnung” i. S. d. §§ 47 Abs. 1, 56 Abs. 3, 59 Abs. 1 Nr.3 StGB.
Häufig besteht die Gefahr, einen Umstand zum (in der Regel strafschärfenden) Strafzumessungsfaktor zu machen, der bereits Gegenstand des gesetzlichen Unrechts ist, aus dem der Täter verurteilt wird. Dies verstößt gegen das ausdrücklich in § 46 Abs.3 StGB normierte Doppelverwertungsverbot. Ihrem Wortlaut nach verbietet die Vorschrift nur die Berücksichtigung von Umständen, die sich mit gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen decken.
Gegen § 46 Abs. 3 StGB verstößt es, wenn eine Verurteilung aus Totschlag strafschärfend berücksichtigt, dass der Täter mit direktem Vorsatz gehandelt habe, weil dies gerade dem Regelfall des §212 StGB entspricht (BGH StV 1990, 304).
Die Rspr. erstreckt das Doppelverwertungsverbot darüber hinaus auf Umstände, die typische Begleiterscheinungen oder regelmäßige Tatfolge des Delikts sind, aus dem der Täter schuldig gesprochen wurde.
Wegen Verletzung des § 46 Abs. 3 StGB hob der BGH den gesamten Strafausspruch eines Urteils wegen Beihilfe zu einer schweren
räuberischen Erpressung auf, in dem als straferschwerend gesehen wurde, dass der Angeklagte durch seinen physischen Gehilfenbeitrag in dem Haupttäter auch die Bereitschaft zur Tatbegehung gefördert habe. Dies ist - so der BGH - regelmäßige Begleiterscheinung einer Beihilfehandlung (BGH StV 1998, 656).
Bildung der Strafe bei Schuldspruch aus mehreren Straftaten: Hier ist zu unterscheiden nach Verurteilung wegen mehrerer Delikte in Idealkonkurrenz Tateinheit, Straffestsetzung) und Realkonkurrenz Tatmehrheit, Straffestsetzung).

Die Strafgesetze enthalten meist einen Strafrahmen, der dem Richter einen Spielraum zur Festsetzung der im Einzelfall angemessenen Strafe einräumt (anders bei den absoluten Strafen: lebenslange Freiheitsstrafe). Maßgebend sind die Schwere der Schuld und die Tatumstände, die für und gegen den Täter sprechen; sie geben den (engeren) Schuldstrafrahmen, innerhalb dessen der Richter die Strafe unter Berücksichtigung der Strafzwecke festzusetzen hat (es gibt keine in der Art einer Pönometrie zu errechnende Punktstrafe). Das Maß der Schuld wird wesentlich beeinflusst durch Beweggründe und Ziele des Täters, seine aus der Tat sprechende Gesinnung (s. aber Überzeugungstäter), das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Tatausführung und die vom Täter verschuldeten Wirkungen, das Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 46 StGB). Auch nach der Tat liegende Umstände können berücksichtigt werden, so z. B. Geständnis, rechtsfeindliche Gesinnung (hartnäckiges Leugnen dagegen nur, wenn es nachteilige Schlüsse auf die Einstellung zur Tat zulässt). Dazu gehören auch Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung (§ 46 a StGB) sowie Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung schwerer Straftaten (§ 46 b StGB, Kronzeuge), die zu Strafmilderung oder Absehen von Strafe führen können, ferner die Verfahrensdauer (Beschleunigung des Strafprozesses). Vielfach gibt das Strafgesetz Leitbilder für die S., so durch erhöhte oder verminderte Strafdrohungen für besonders schwere oder minder schwere Fälle, die eine Abweichung vom Regelstrafrahmen vorschreiben oder zulassen. Benannte besonders schwere Fälle sind Regelbeispiele. Kurze Freiheitsstrafen (unter 6 Mon.) sollen nur aus besonderen Gründen verhängt werden, die in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters liegen und eine Freiheitsstrafe aus Gründen der Spezialprävention oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen; andernfalls ist Geldstrafe zu verhängen (§ 47 StGB). Im Jugendstrafrecht gilt eine Wertskala: Zuchtmittel dürfen nur angewendet werden, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen; Jugendstrafe als stärkstes Mittel nur, wenn wegen schädlicher Neigungen des Jugendlichen auch Zuchtmittel nicht genügen oder wenn die Schwere der Schuld Strafe erfordert (§§ 5 II, 13 I, 17 II JGG). Tatbestandsmerkmale, welche die Strafbarkeit oder erhöhte Strafbarkeit begründen, dürfen nicht nochmals als Strafschärfungsgründe verwendet werden (so bei der schweren Brandstiftung, § 306 a StGB, die Gefährdung von Menschen). Solche und andere erschwerende Tatumstände oder -folgen dürfen die S. nur beeinflussen, soweit sie vom Verschulden des Täters umfasst werden (§§ 18, 46 III StGB). Eine Verletzung der gesetzlichen Regeln der S. kann die Revision begründen. Zur S. in Steuerstrafsachen s. Steuerstrafrecht (1 a).




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