Pflichtverletzung
ist die Verletzung einer Pflicht (Rechtspflicht) einer Person, insbesondere einer Rechtspflicht des Schuldners (Leistungspflicht oder Nebenpflicht). Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger, sofern der Schuldner nicht - was er im Streitfall grundsätzlich beweisen muss (anders §619a BGB zu Lasten der Arbeitgeber) - die P. nicht zu vertreten hat, Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 I BGB). Schadensersatz wegen Verzögerung kann er nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB verlangen (§ 280 II BGB), Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 BGB oder des § 283 BGB (§ 280 III BGB). Bei einem gegenseitigen Vertrag ist neben dem Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB auch ein Rücktrittsrecht gegeben. Lit.: Wilmowsky, P., Pflichtverletzungen im Schuldrecht, 2002; Reischl, K., Grundfälle zum neuen Schuldrecht, Jus 2003, 453; Lorenz,, S., Grundwissen - Zivilrecht Was ist eine Pflichtverletzung, JuS 2007, 213
objektive Verletzung einer aus einem Schuldverhältnis bestehenden Pflicht. Die Pflichtverletzung ist der zentrale Begriff des durch das Schuldrechtsreformgesetz geänderten Leistungsstörungsrechts. Der Tatbestand der (objektiven) Pflichtverletzung ist zu trennen von dem des Vertretenmüssen s.
Pflichtverletzung ist jede Verletzung eines Primäranspruchs aus einem Schuldverhältnis. Sie führt regelmäßig zur Entstehung eines Sekundärleistungsanspruchs, wobei der wichtigste Fall das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs ist.
Zentrale Norm für den Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis ist § 280 BGB. Nach § 280 Abs. 1 S.1 BGB kann jede Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch begründen, das Vertretenmüssen des Schuldners wird gemäß § 280 Abs. 1 S.2 BGB vermutet. Zu beachten ist allerdings, dass gemäß § 280 Abs. 2 und 3 BGB Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung oder Schadensersatz statt der Leistung nur unter den „zusätzlichen” Voraussetzungen des § 286 BGB oder der §§281, 282 oder 283 BGB verlangt werden kann. Diese Normen setzen aber spezielle Formen der Pflichtverletzung voraus.
— Der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB erfordert als spezielle Pflichtverletzung den Verzug des Schuldners.
— Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§280 Abs. 1 und 3, 283 BGB setzt (nachträgliche) Unmöglichkeit der Leistung voraus.
Bei anfänglicher Unmöglichkeit entsteht ein Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten. Deswegen beruht der Schadensersatzanspruch wegen anfänglicher Unmöglichkeit auch nicht auf einer Pflichtverletzung i. S. d. §§280, 283 BGB, sondern ist in §311 a Abs. 2 BGB speziell geregelt. Da dem Schuldner seine Unkenntnis von seiner eigenen Leistungsunfähigkeit vorgeworfen wird und er seinen Vertragspartner infolge dessen vor Vertragsschluss über diesen Umstand nicht in Kenntnis gesetzt hat (vgl. §311 a Abs. 2 S. 2 BGB), handelt es sich um einen Spezialfall der in §311 Abs. 2 und 3 BGB geregelten culpa in contrahendo.
— Im Fall des Anspruchs aus §§280 Abs. 1 und 3, 281 BGB ist die Pflichtverletzung in der Nichtleistung nach Fristsetzung zu sehen.
— Der Anspruch aus §§280 Abs. 1 und 3, 282 BGB ist nur bei einer Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB gegeben.
Der Anspruch, der sich aus der alleinigen Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB ergibt und der keine besonderen
Anforderungen an die Pflichtverletzung stellt, kann sich nur auf den Ersatz von Schäden richten, die nicht Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung oder Schadensersatz statt der Leistung darstellen. Für diesen Anspruch ist die Art der Pflichtverletzung bedeutungslos. Es kann sich um die Verletzung von Leistungspflichten oder Rücksichtnahmepflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB handeln. Der Anspruch ist auch nicht davon abhängig, worauf das Schuldverhältnis beruht, aus dem sich die Pflichten ergeben. Es kann sich um ein vertragliches (§ 311 Abs. 1 BGB), vertragsähnliches (§ 311 Abs. 2 und 3 BGB) oder um ein gesetzliches Schuldverhältnis handeln.
ist der Oberbegriff der Leistungsstörungen im Rahmen eines Schuldverhältnisses. Im Einzelnen handelt es sich um Fälle der Unmöglichkeit der Leistung, des Schuldnerverzugs, der (früher sog.) positiven Vertragsverletzung, der mangelhaften Leistung (Gewährleistung, Werkvertrag, 3), des Verschuldens beim Vertragsschluss sowie um die Verletzung sonstiger nicht direkt leistungsbezogener Nebenpflichten (z. B. Beratung, Benutzungsanleitung); s. a. Geschäftsgrundlage. Als Folge einer P. des Schuldners, die nicht unverschuldet ist, kann der Gläubiger grdsätzl. Schadensersatz verlangen (§ 280 I BGB; s. i. E. Schadensersatz, 2 b).
Vorheriger Fachbegriff: Pflichtverband | Nächster Fachbegriff: Pflichtverletzung bei Sonderaufträgen