Staatsvertrag
Als Staatsvertrag bezeichnet man allgemein einen Vertrag zwischen Ländern, «die einander nicht als Ausland betrachten», z.B. zwischen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland. Im besonderen wird damit der Vertrag bezeichnet, den die Bundesrepublik Deutschland und die seinerzeit noch bestehende DDR im Frühjahr 1990 als Vorstufe zur völligen Herstellung der deutschen Einheit durch den Einigungsvertrag abgeschlossen haben. Aufgrund dieses Staatsvertrages wurde zum 2. Juli 1990 die Deutsche Mark als alleiniges Zahlungsmittel auch in der früheren DDR eingeführt. Damit verbunden war die Übernahme der Finanz-, Wirtschaftsund Sozialordnung der Bundesrepublik durch die frühere DDR, insbesondere also die Einführung der «sozialen Marktwirtschaft» in der früheren DDR, ferner die Übernahme des in der Bundesrepublik bestehenden Systems der Steuern und der Sozialversicherung durch die frühere DDR. In der Folge traten dort erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, insbesondere eine erhöhte Arbeitslosigkeit, auf, was dazu führte, daß die Bundesrepublik erhebliche finanzielle Hilfen leisten mußte, die im wesentlichen aus einem von der Bundesrepublik und den Bundesländern je zur Hälfte finanzierten «Fonds Deutsche Einheit» fließen sollen.
im weiteren Sinn jeder Vertrag zwischen Staaten (völkerrechtlicher Vertrag), im engeren Sinn der Vertrag zwischen einzelnen Gliedstaaten eines Bundesstaates; letzterer wird durch die Regierung des Gliedstaates abgeschlossen und ist vom Parlament ähnlich der Ratifikation zu billigen.
ist der zwischen mindestens zwei Staaten geschlossene völkerrechtliche Vertrag sowie der von mehreren Ländern eines Staates geschlossene Vertrag (z.B. Doppelbesteuerungsabkommen). Er kann bilateraler Vertrag oder multilateraler Vertrag sein. Der völkerrechtliche S. wird zunächst paraphiert, dann vom zuständigen innerstaatlichen Örgan durch Zustimmungsgesetz angenommen und danach durch das Staatsoberhaupt ratifiziert.
1.
S. ist die gängige Bezeichnung für einen völkerrechtlichen Vertrag, der nicht nur Verwaltungsabkommen ist. Dieses erstreckt sich nur auf Gegenstände, welche die vollziehende Gewalt in eigener Zuständigkeit regeln kann; hingegen hat der S. Regelungen zum Inhalt, deren innerstaatliche Durchführung gesetzgeberische Akte erfordert. Dementsprechend bedürfen Verträge, welche sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung (d. h. der Gesetzgebung überhaupt, nicht nur der des Bundes) beziehen, der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes (Art. 59 II 1 GG). Die Zustimmung hat die Form eines Gesetzes („Vertragsgesetz“), das außerdem die Transformation der vertraglichen Regelung in das innerstaatliche Recht enthält („Transformationsgesetz“). Erst nach der Zustimmung kann der Bundespräsident oder sein Bevollmächtigter die Ratifikation des S. vornehmen; das Zustimmungsgesetz wird daher häufig auch als „Ratifikationsgesetz“ bezeichnet. Wird ein S. ohne Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften ratifiziert, so ist str., ob er deshalb unwirksam ist oder im Verhältnis zum Vertragspartner verbindlich bleibt. Die gleiche Regelung wie für Verträge, die sich auf Gegenstände der Gesetzgebung beziehen, sieht Art. 59 II 1 GG für Verträge vor, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln, d. h. die Existenz, Unabhängigkeit, den Gebietsstand oder die Stellung der BRep. in der Staatengemeinschaft berühren. Ob ein Handelsvertrag oder ein Kulturabkommen „die politischen Beziehungen des Bundes“ regelt, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles. „Politische Verträge“ i. S. des Art. 59 II 1 GG bedürfen der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften, auch wenn sie keine Regelung enthalten, deren Durchführung innerstaatlich einen Gesetzgebungsakt erfordert.
2.
Will der Bund einen S. oder einen anderen völkerrechtlichen Vertrag schließen, der ganz oder in einzelnen Gegenständen der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder unterfällt, dann muss er nach dem Lindauer Abkommen das Einverständnis aller Länder herbeiführen, bevor ein von ihm abzuschließender Vertrag völkerrechtlich verbindlich wird. Dieses Einverständnis aller Länder wird durch die Beteiligung des Bundesrates beim Ratifikationsgesetz nicht ersetzt.
3.
Die Länder der BRep. können im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz S. mit auswärtigen Staaten nur mit Zustimmung der BReg. schließen (Art. 32 III GG). Bei Konkordaten und Kirchenverträgen wird diese Zustimmung von der Staatspraxis nicht als erforderlich angesehen, soweit sich die Regelungsgegenstände auf die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder beschränken. Untereinander können sie S. über alle Gegenstände ihres Aufgabenbereichs (nicht nur ihrer Gesetzgebungskompetenz) abschließen, insbes. über gemeinsame Einrichtungen (z. B. auf kulturellem Gebiet: S. über die Errichtung des ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts). Inwieweit diese der Zustimmung des Landesparlaments bedürfen, entscheidet sich nach der Landesverfassung; bei Gegenständen, die der Gesetzgebungskompetenz des Landesparlaments unterliegen, ist das regelmäßig der Fall. Beispiel für einen S. zwischen Bund und Land: S. zwischen der BRep. D. und dem Freistaat Bayern über den rechtl. Status der Main-Donau-Wasserstraße vom 29. 8. 1985 (BayGVBl. 1986, 83).
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