Veräußerung des Gewerbebetriebes
Nach § 16 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) auch Gewinne und Verluste aus
— der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebes (§ 16 Abs. 1 Nr.1 EStG),
— der Veräußerung eines gewerblichen Teilbetriebes (§ 15 Abs. 1 Nr.1 EStG),
— der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils oder Teile eines Mitunternehmeranteils (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG),
— der Veräußerung des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Abs. 1 Nr.3 EStG),
— der Aufgabe eines Gewerbebetriebes oder eines Mitunternehmeranteils (§ 15 Abs. 3 S.1 EStG),
— der Realteilung (§ 15 Abs. 3 S. 2 EStG),
— der Veräußerung von wesentlichen Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG).
Besonderheiten gelten für die Übertragung, unentgeltliche, eines Gewerbebetriebes.
Steuerpflichtige Veräußerungsgewinne entstehen aufgrund der steuerlichen Bewertungsvorschriften, denn Wirtschaftsgüter sind in der Bilanz grundsätzlich mit den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (vermindert um die Absetzungen für Abnutzung, § 6 Abs. 1 Nr.1 u. 2 EStG) anzusetzen und nicht mit dem Verkehrswert. Übersteigt oder unterschreitet der Veräußerungserlös abzüglich Veräußerungskosten den Buchwert des Wirtschaftsguts, führt dies zu Gewinn oder Verlust. Insb. stille Reserven eines Wirtschaftsguts aufgrund steigender Verkehrswerte oder überhöhter steuerlicher Abschreibungen (höher als der Wertverzehr) werden somit erst bei einer Veräußerung realisiert (Realisationsprinzip als allgemeiner Bewertungsgrundsatz des Handelsrechts; § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, Vorsichtsprinzip).
Die steuerliche Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von betrieblichen Wirtschaftsgütern ist unterschiedlich:
— Der Gewinn aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftgüter gehört zum laufenden Gewinn und ist grundsätzlich nicht steuerlich begünstigt (Ausnahme z. B. bei Reinvestitionsmaßnahmen nach § 6 b EStG).
— Der Gewinn aus der Veräußerung eines ganzen Betriebes, eines Teilbetriebes, eines Mitunternehmeranteils oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils wird dagegen zum Veräußerungszeitpunkt gesondert ermittelt und durch die Freibetragsregelung des § 16 Abs. 4 EStG sowie Steuersatzermäßigungen (§ 34 EStG) begünstigt (die in der Regel eintretende zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven soll nicht durch einen zu hohen Einkommensteuertarif besteuert werden, BFH BStBl. II 1989, 458).
Die Gewinnrealisierung erfolgt nicht bereits durch das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft (z. B. Kaufvertrag), sondern als maßgebender Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Erfüllung durch den Veräußerer anzusehen (bei Betriebsveräußerung der Tag der Betriebsübergabe, BFH BStB1.1I 1989, 557).
Bei der Veräußerung des Gewerbebetriebes gegen wiederkehrende Bezüge (insb. gegen eine Leibrente) können unter bestimmten Voraussetzungen (Wahlrecht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung, BFH BStBl. II 1984, 829) zwei Besteuerungsarten gewählt werden:
* Sofortbesteuerung des begünstigten Veräußerungsgewinns nach §§ 16, 34 EStG zum Veräußerungszeitpunkt,
* Versteuerung laufender nachträglicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr des Zuflusses nach § 24 Nr. 2 i. V. in. § 15 Abs. 1 Nr.1 EStG (jedoch ohne Freibetrag nach § 16 Abs. 4 und ohne Steuersatzermäßigung nach § 34 EStG, BFH BStB1. II 1989, 409).
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