Aussetzung
Straftat, die begeht, wer einen wegen jugendlichen Alters, Krankheit (auch starker Trunkenheit) oder Gebrechen hilflosen Menschen aussetzt oder in hilfloser Lage verläßt.
(§221 StGB) ist im Strafrecht das in eine hilflose Lage Versetzen oder das trotz Beistandspflicht in einer hilflosen Lage im Stich Lassen eines Menschen, der dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung ausgesetzt wird. Das Aussetzen eines Tieres kann eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit sein, Tierschutz. Im Verfahrensrecht ist A. eines Verfahrens dessen Stillstand auf Grund gerichtlicher Anordnung (z.B. §§ 148, 149 ZPO, 145 StPO, 94 VwGO), A. der Hauptverhandlung eines Strafprozesses die Vertagung mit der Folge, dass die Hauptverhandlung neu eröffnet werden muss (§ 228 I StPO). Daneben ist im Verfahrensrecht auch eine A. der Vollstreckung (Strafvollstreckung,^Zwangsvollstreckung) möglich. Lit.: Eis, H. van, Zur Auslegung des § 221 StGB, NJW 1967, 966; Lucks, H., Der Aussetzungstatbestand, 2003; Kühler, L., Verfahrensaussetzung bei zu erwartender Leitentscheidung?, NJW 2004, 1132
Zivilprozess: Stillstand des Zivilprozesses, der durch gerichtliche Anordnung (zu den Rechtsbehelfen vgl. § 252 ZPO) eintritt (während die Unterbrechung kraft Gesetzes eintritt). Das Gericht kann der Verfahren von Amts wegen aussetzen für die Dauer eines anderen Zivil-, Straf- oder Verwaltungsverfahrens bei Vorgreiftichkeit der dortigen Entscheidung für das Verfahren (§§ 148, 149 ZPO, außerdem § 247 ZPO). Auf Antrag einer Partei (vgl. § 248 ZPO) ist die Aussetzung anzuordnen in den Fällen der §§ 152-154, 246 Abs. 1, 614, 640f ZPO.
Wirkungen der Aussetzung (wie auch der Unterbrechung) sind:
— der Lauf aller („eigentlichen”) Fristen (§ 249 Abs. 1 ZPO) endet,
— nach der Aussetzung vorgenommene Handlungen des Gerichts, die die Hauptsache betreffen, sind den Parteien gegenüber unwirksam (Ausnahme: Verkündung einer Entscheidung, wenn die Unterbrechung nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintrat, § 249 Abs. 3 ZPO),
— nach der Aussetzung vorgenommene Prozesshandlungen der Parteien sind der anderen Partei gegenüber unwirksam (§ 249 Abs. 2 ZPO).
Eine von Amts wegen angeordnete Aussetzung kann vom Gericht jederzeit wieder aufgehoben werden (§ 150 ZPO). Ansonsten ist eine Aufnahme durch die Partei erforderlich, für die die Aussetzung beantragt wurde (§ 250 ZPO, Ausnahme: § 155 ZPO). Sonderfall der Aussetzung ist die Anordnung des Ruhens des Verfahrens.
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