Fristen
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Fristen festzusetzen. Sie können
* in Gesetzen geregelt sein,
* von Verhandlungs- oder Prozessparteien außergerichtlich oder in einem Verfahren vereinbart werden,
* einer Partei von der gegnerischen Seite auferlegt werden.
Das Versäumen von Fristen führt gewisse Rechtswirkungen herbei. Man unterscheidet hier zwischen Verjährungs- und Ausschlussfristen. Nach Ende einer Verjährungsfrist bleiben die mit ihr verbundenen zivilrechtlichen Ansprüche zwar bestehen, aber der Verpflichtete darf nun die Leistung verweigern. Dagegen verliert man nach Ablauf einer Ausschlussfrist automatisch ein bestimmtes Recht.
Art der Zustellung
Bis auf wenige Ausnahmen beginnen Rechtsmittelfristen mit der Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung an die Prozessparteien. Damit man die Frist präzise berechnen kann, ist eine Überprüfung erforderlich, ob die Übergabe stattgefunden hat. Im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit sind Uberbringungen durch den Gerichtsvollzieher, die Post, den Gerichtswachtmeister oder von Anwalt zu Anwalt möglich. Die Aushändigung kann an jedem Ort stattfinden, an dem sich der Empfänger gerade aufhält. Wird er zu Hause nicht angetroffen, darf ein zur Familie gehörender erwachsener Mitbewohner, eine "in der Familie dienende erwachsene Person" oder ein im selben Haus wohnender Vermieter das Schriftstück annehmen. Auch die Mitarbeiter von Gewerbetreibenden sind dazu in den Geschäftsräumen befugt.
Gelingt keine solche Ersatzzustellung, so hinterlegt der Zusteller das Schriftstück bei der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts; an den Empfänger geht eine schriftliche Benachrichtigung. Diese darf in seinen Hausbriefkasten eingeworfen, an der Wohnungstür befestigt oder einem Nachbarn ausgehändigt werden. Der Vorgang nennt sich Zustellung durch Niederlegung. Zustellungen zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen finden nur mit richterlicher Erlaubnis statt. Jeder Zusteller muss eine Zustellungsurkunde mit genauen Daten errichten.
§§ 166-213a ZPO
Fristberechnung
In den Vorschriften zur Fristberechnung geht das Gesetz prinzipiell von vollen Tagen aus, wobei der Anfangstag nicht mitgezählt wird. Eine nach Tagen festgelegte Frist hört mit dem Ablauf des letzten Tags auf. Nach Wochen, Monaten oder Jahren veranschlagte Fristen enden mit dem Ablauf des Tags, der durch seine Benennung oder Zahl dem Anfangstag entspricht. Nichtjuristen neigen dazu, Monats- in Wochenzeiträume umzuwandeln oder umgekehrt. Doch ein Blick in den Kalender verdeutlicht den Unterschied: Verlangt das Gesetz beispielsweise eine Frist von einem Monat und erhält man ein Schriftstück am 11. November, fängt die Frist am 12. November an und dauert bis zum 11. Dezember. Würde sie auf vier Wochen lauten, liefe sie bereits am 9. Dezember ab.
Der festgelegte Zeitraum endet immer um 24 Uhr an dem entsprechenden Tag. Man ist also noch pünktlich, wenn man ein angefordertes Dokument um 23.59 Uhr in den Nachtbriefkasten seines Gerichts wirft.
§§ 186 ff. BOB
Fristversäumnis
Versäumt jemand eine Not- oder Rechtsmittelfrist, so kann man ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren. Die Maßnahme ist unanfechtbar, d. h., der benachteiligte Prozessgegner kann sich dagegen nicht zur Wehr setzen.
Alle Gerichtsverfahren sehen diese Möglichkeit vor. Hier dazu einige Erläuterungen anhand der Zivilprozessordnung: Es geschieht oft, dass eine Partei ohne eigenes Verschulden eine Notfrist, z. B. für eine Berufung, nicht einhält, wenn das Urteil in der Ferienzeit durch Niederlegung zugestellt wird. Der Betroffene kann nun einen Wiedereinsetzungsantrag stellen, und zwar innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag, an dem er von der Zustellung und damit von der verpassten Frist Kenntnis erlangt. Nach Ablauf eines Jahres kann man jedoch generell um keine Wiedereinsetzung mehr bitten. In dem Antrag muss man darlegen, welche Gründe einen an der Einhaltung der Frist gehindert haben, und diese Argumente glaubhaft machen, z. B. indem man gemeinsam mit seinen Mitreisenden eine eidesstattliche Versicherung mit Angaben zum Urlaubsaufenthalt abgibt oder die Flugtickets vorlegt. Die versäumte Prozesshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen, sinnvollerweise gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag. Es bleibt dem Gericht überlassen, ob es schriftlich über diesen entscheidet oder zunächst eine mündliche Verhandlung anberaumt. Gelegentlich versäumen Rechtsanwälte Fristen. Chancen auf Wiedereinsetzung bestehen für sie aber nur, wenn beispielsweise ihr Büropersonal einen Fehler gemacht hat und sie glaubhaft belegen, dass sie ihre Angestellten ausreichend überwachen.
§§233ff ZPO
In zahlreichen Gesetzen, in gerichtlichen Verfügungen und bei bestimmten Rechtsgeschäften gibt es zu beachtende Fristen, also einen äbgegrenzten, bestimmbaren Zeitraum, innerhalb dessen Handlungen erfolgen müssen, Leistungen zu erbringen sind, Rechte begründet werden oder erlöschen können.
Unterschiedliche Bestimmungen gibt es für den Fristbeginn und das Fristende, wobei deren Bestimmungen gleichwohl exakt gesetzlich fetgelegt sind. Zum Beispiel wird unter Anfang des Monats der erste, unter Mitte des Monats der fünfzehnte und unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats verstanden. Es wird festgelegt, dass dann, wenn eine Frist an einem Sonn- und Feiertag oder an einem Samstag abläuft, an die Stelle dieses Tages der nächstfolgende Werktag tritt. Auch wenn diese Regelung eindeutig erscheint, wird sie von Juristen ausgelegt und abgewandelt. Für Kündigungsfristen z. B. soll sie oft nicht gelten.
Zeiträume, binnen deren eine Partei eine bestimmte Handlung vornehmen muß. Man unterscheidet: Gesetzliche Fristen: Das sind solche, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zum Beispiel die Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln oder die Kündigung von Arbeitsverträgen. Bei ihnen handelt es sich oft um sogenannte Notfristen, die nicht verlängert werden können. Versäumt eine Partei eine solche Frist unverschuldet, so kann sie nur noch eine «Wiedereinsetzung in den vorigen Stand» beantragen. Richterliche Fristen: Sie werden den Parteien eines Prozesses vom Richter gesetzt, damit der Prozeß von ihnen nicht verzögert wird (wozu natürlich vor allem der Beklagte neigt, der nach Verlust des Prozesses etwas an den Kläger zahlen muß). Sie können vom Richter aus triftigen Gründen auch verlängert werden. Werden sie versäumt, kann die Partei die betreffende Prozeßhandlung (zum Beispiel Benennung eines Zeugen) nicht mehr nachholen. Sie wird damit « ausgeschlossen ». c) Vertraglich vereinbarte Ieinseitig gesetzte Fristen: Hierzu gehören zum Beispiel von den Parteien vereinbarte Liefer- oder Zahlungsfristen, aber auch Kündigungsfristen. Einseitig werden dem Schuldner vom Gläubiger Nachfristen gesetzt, wenn er sich im Verzug befindet. Versäumt der Schuldner solche Fristen, so kann der Gläubiger von ihm meist Schadensersatz verlangen oder seinen Rücktritt vom Vertrage erklären. Darüber, wie Fristen berechnet werden, findet sich eine für das gesamte Recht geltende Regelung in den §§186-193 BGB.
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