Vorläufiger Erbe
Siehe auch: Erbe
Erbe, vorläufiger.
Erbe, der sich in der Zeit zwischen Erbschaftsanfall und Annahme (Annahme einer Erbschaft) bzw. Ausschlagung der Erbschaft befindet. Während dieser Zeit ist der Erbe zwar schon Inhaber des Nachlassvermögens, es besteht jedoch eine rechtliche Zweiteilung zwischen seinem Eigenvermögen und dem Nachlass als Sondervermögen. Hinsichtlich der Rechtsstellung des vorläufigen Erben ergeben sich deshalb einige Besonderheiten:
Nachlassansprüche können vor der Annahme der Erbschaft nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden (§ 1958 BGB). Rechtsgeschäftliche (außergerichtliche) Erklärungen wie z. B. Anfechtung, Rücktritt oder Kündigung können jedoch auch gegenüber dem vorläufigen Erben abgegeben werden und bleiben auch noch nach der Ausschlagung wirksam (§ 1959 Abs. 3 BGB).
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Nachlassverbindlichkeiten sind gegen den vorläufigen Erben nur zulässig, wenn sie auf das Nachlassvermögen gerichtet sind (§ 778 Abs. 1 ZPO) und zu Lebzeiten des Erblassers begonnen wurden (§ 779 Abs. 1 ZPO). Wegen eigener Verbindlichkeiten des vorläufigen Erben darf zum Schutz des endgültigen Erben (Erbe, endgültiger) nicht in den Nachlass vollstreckt werden (§ 778 Abs. 2 ZPO).
Tätigt der vorläufige Erbe Verpflichtungsgeschäfte für den Nachlass, so kann er nach Ausschlagung der Erbschaft Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den endgültigen Erben geltend machen (§ 1959 Abs. 1 BGB).
Verfügungen über Nachlassgegenstände darf der vorläufige Erbe nur vornehmen, wenn sie dringlich sind (§ 1959 Abs. 2 BGB). Im Übrigen handelt er als Nichtberechtigter, wenn er später die Erbschaft ausschlägt. Möglich bleibt dann ein gutgläubiger Erwerb (§§ 932 ff. BGB) oder eine Genehmigung durch den endgültigen Erben (§ 185 Abs. 2 BGB).
Unbeschadet des sofort mit dem Tode des Erblassers eintretenden Erbanfalls ist der berufene Erbe bis zur Annahme der Erbschaft oder Ausschlagung der Erbschaft nur vorläufiger Erbe, der in verschiedener Hinsicht einen besonderen Schutz genießt. So können Ansprüche gegen den Nachlass nicht gegen den vorläufigen Erben gerichtlich - wohl aber außergerichtlich, z. B. durch Kündigung u. dgl. - geltend gemacht werden (§ 1958 BGB). Zwangsvollstreckung wegen Nachlassverbindlichkeiten ist nur in den Nachlass, wegen Eigenverbindlichkeiten des v. E. nur in dessen Eigenvermögen zulässig (§§ 778, 779 ZPO). Die Haftung des v. E. gegenüber dem endgültigen Erben für die Besorgung erbschaftlicher Geschäfte richtet sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Unaufschiebbare Verfügungen des v. E. sind stets wirksam (§ 1959 II BGB), andere nach Ausschlagung der Erbschaft nur, wenn sie der endgültige Erbe genehmigt (§ 185 II BGB) oder wenn die Grundsätze über den Schutz des gutgläubigen Erwerbs beim Erwerb vom Nichtberechtigten eingreifen. S. Nachlasspfleger, Dreimonatseinrede. Über die Ablaufhemmung der Verjährung bei Ansprüchen, die zu einem Nachlass gehören oder sich gegen ihn richten, Verjährung (6 b).
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