Betreten und Durchsuchen von Wohnungen

, Polizeirecht: Betreten ist das Eintreten in eine Wohnung, durch deren regulären Eingänge, das Verweilen in einer Wohnung und deren Beobachtung. Durchsuchen ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhaltes oder um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will. Die Durchsuchung erfolgt nicht grundsätzlich heimlich, da der Wohnungsinhaber stets ein Anwesenheitsrecht hat.
Die Befugnis zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen ist in §§ 19, 20 MEPo1G geregelt.
Zu der Wohnung gehören alle tatsächlich benutzten Räume, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet sind. Zur Wohnung im polizeirechtlichen Sinne gehören nicht Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder waren, da sie gemäß § 19 Abs. 4 MEPo1G während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit allgemein zur Gefahrenabwehr betreten werden dürfen, es sei denn, sie stehen mit einer Wohnung in Verbindung, dann sind sie Teil der Wohnung und als solche zu behandeln.
Voraussetzungen: Das Betreten und Durchsuchen setzt nach § 19 MEPo1G voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr Personen befinden, die vorgeführt (s Vorführung) oder in Gewahrsam genommen werden dürfen, oder sich in ihr eine Sache befindet, die der Sicherstellung wegen einer gegenwärtigen Gefahr unterliegt. Die Durchsuchung ist zudem zulässig zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert.
Wegen Art.13 GG unterliegt das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen engen Schranken. Während
der Nachtzeit ist ein Betreten und Durchsuchen nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert zulässig. Die Nachtzeit umfasst vom 1. April bis zum 30. September die Stunden von neun Uhr abends bis vier Uhr morgens, vom 1. Oktober bis zum 31. März die Stunden von neun Uhr abends bis sechs Uhr morgens (vgl. § 104 Abs. 3 StPO).
Jederzeit dürfen Wohnungen zur Abwehr dringender Gefahren durchsucht werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erfahrungsgemäß anzunehmen ist, dass dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen oder sich Straftäter verbergen oder die Wohnung der Prostitution dient. Ob diese gesetzliche Regelung einer Beschränkung aufgrund Art. 13 GG bedarf, ist umstritten. Zum Teil wird dies abgelehnt, da der Wohnungsinhaber durch sein Verhalten den Schutz des Art.13 GG verwirkt habe. Andere Auffassungen wollen das Betreten privater Wohnungen von der Regelung ausnehmen, da diese dem vollen Schutz des Art.13 GG unterlägen. Sie verlangen weiterhin das Vorliegen einer konkreten Gefahr oder dringenden Gefahr.
Durchsuchungen dürfen, außer bei Gefahr in Verzug, nur durch den Richter angeordnet werden. Der Wohnungsinhaber hat bei der Durchsuchung ein Anwesenheitsrecht, das im Falle seiner Abwesenheit von einem Vertreter wahrgenommen werden kann. Dem Wohnungsinhaber ist der Grund der Durchsuchung bekannt zu geben, soweit dadurch nicht der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Das ist insb. der Fall, wenn der Adressat noch Gegenstände oder Personen vor der Polizei verstecken könnte. Weiterhin ist über die Durchsuchung eine Niederschrift zu fertigen, die den Anforderungen des § 20 Abs. 4 MEPolG genügen muss. Die Folgen eines Verstoßes gegen diese Verfahrensvorschriften sind ebenso wie bei der Durchsuchung von Sachen umstritten.
Durchsetzung: § 19 MEPo1G berechtigt zum Eintreten, Verweilen, Beobachten und Suchen. Die Vorschrift ermächtigt die Polizei auch zur Aufforderung an den Wohnungsinhaber oder sich darin befindende Dritte, die Tür zu öffnen, was einen Verwaltungsakt darstellt. Ist der Wohnungsinhaber oder ein Dritter indes nicht in der Wohnung oder weigert er sich, die Tür zu öffnen, stellt sich die Frage, ob § 19 MEPo1G auch dazu berechtigt, die Tür durch einen Schlüsseldienst oder auch gewaltsam zu öffnen, oder ob nicht die Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren oder die unmittelbare Ausführung Anwendung finden. Teilweise wird angenommen, die Befugnis, sich Zugang zu einer Wohnung zu verschaffen, ergebe sich ausschließlich aus § 19 MEPo1G. Die Vorschrift legitimiere nicht nur zum Betreten der Wohnung, sondern auch dazu, sich Zugang zu der Wohnung zu verschaffen. Nach anderer Auffassung kann die Polizei sich zwar unter den Voraussetzungen des § 19 MEPo1G Zugang zu einer Wohnung verschaffen;
jedoch hat sie hierbei zusätzlich die Vorschriften über den unmittelbaren Zwang oder die unmittelbare Ausführung zu beachten. Nach einer weiteren Auffassung
handelt es sich beim Eintreten einer Tür um die Vollstreckung einer Verfügung im Wege des unmittelbaren
Zwangs, die auf der polizeilichen Generalermächtigung beruht. Der Streit ist eng angelehnt an die Frage,
ob und wie Standardmaßnahmen vollstreckt werden.




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