Eingriffskondiktion
Siehe auch: Nichtleistungskondiktion
ist der auf einem Eingriff des Bereicherungsschuldners in das Vermögen des Bereicherungsgläubigers beruhende Bereicherungsanspruch (z.B. Verbrauch fremder Sachen). Nichtleistungskondiktion Lit.: Wieling, H., Bereicherungsrecht, 4. A. 2006; Ell- ger, R., Bereicherung durch Eingriff, 2002
Fall der Nichtleistungskondiktion, bei der die tatbestandliche Vermögensverschiebung durch einen Eingriff in ein fremdes Recht bewirkt wird. Das BGB regelt eine besondere (§ 816 BGB) und eine allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Fall BGB).
1) Bei der besonderen Eingriffskondiktion liegt der Eingriff in die fremde Rechtsposition in einer dem Berechtigten gegenüber wirksamen Verfügung über einen Gegenstand (§ 816 Abs. 1 BGB) oder in einer dem Berechtigten gegenüber wirksamen Entgegennahme einer Leistung durch den Nichtberechtigten (§ 816 Abs. 2 BGB).
Die Wirksamkeit der Verfligung oder der Entgegennahme der Leistung kann sich aus Vorschriften des Gutglaubensschutzes ergeben. So ist § 816 Abs. 1 BGB etwa anwendbar, wenn der Eigentümer (= Berechtigter) sein Eigentum an einer verliehenen Sache verliert, weil der Entleiher (= Nichtberechtigter) sie an einen gutgläubigen Dritten übereignet (§§ 932, 935 BGB). Ein Fall des § 816 Abs. 2 BGB liegt etwa vor, wenn ein Schuldner in Unkenntnis der Forderungsabtretung an den früheren Forderungsinhaber (= Nichtberechtigter) leistet, was der neue Forderungsinhaber (= Berechtigter) gegen sich gelten lassen muss (§ 407 Abs. 1 BGB). Die Wirksamkeit der Verfügung kann sich auch aus § 185 BGB ergeben. So ist insbes. anerkannt, dass der Berechtigte eine Verfügung des Nichtberechtigten (bei einer Veräußerungskette auch jede beliebige Verfügung) genehmigen (1185 Abs.2 S.1, 1. Fall BGB) kann, um den Herausgabeanspruch aus § 816 Abs. 1 BGB geltend machen zu können.
Rechtsfolge ist ein Anspruch des Berechtigten auf „Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten” (§ 816 Abs. 1 S.1 BGB) bzw. auf Herausgabe des Geleisteten (§ 816 Abs. 2 BGB). Dieser Anspruch richtet sich grundsätzlich gegen den (verfügenden bzw. die Leistung entgegennehmenden) Nichtberechtigten. Nur im Falle einer unentgeltlichen Verfügung (ob dieser die rechtsgrundlose Verfügung gleichsteht, ist str.) richtet sich der Anspruch stattdessen gegen denjenigen, der aufgrund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat (§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB). In den Fällen des § 816 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Herausgabeanspruchs jeweils (unproblematisch) auf den an den Empfänger gelangten Gegenstand bzw. auf das an den Nichtberechtigten Geleistete. Für § 816 Abs. 1 S.1 BGB ist demgegenüber str., ob der Nichtberechtigte den Erlös aus dem der Verfügung zugrunde liegenden Kausalgeschäft (h. M.) oder den objektiven Wert des Gegenstandes herauszugeben hat.
2) Die allgemeine Eingriffskondiktion erfasst sonstige, nicht unter § 816 BGB fallende Eingriffe, durch die der Bereicherungsschuldner auf Kosten eines anderen etwas erlangt. Tatbestandsmäßig sind dabei die Verletzungen solcher Rechtspositionen, die nach dem Willen der Rechtsordnung dem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist. Während früher vielfach auf die Rechtswidrigkeit des Eingriffs abgestellt wurde, verlangt die heute ganz h. M. einen dem Zuweisungsgehalt der Rechtsposition widersprechenden Vermögensvorteil des Bereicherungsschuldners. Der Zuweisungsgehalt entspricht einem alleinigen (wirtschaftlichen) Verwertungsrecht und der Befugnis, allein über die Rechtsposition zu disponieren und etwaige Eingriffe Dritter abzuwehren.
Anwendungsfalle der allgemeinen Eingriffskondiktion sind die unbefugte Nutzung fremden Eigentums (hier sind allerdings vielfach die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses vorrangig) oder fremder Immaterialgüterrechte und der Verbrauch fremder Sachen. Ein spezialgesetzlich geregelter Fall (der aber häufig auch der Verwendungskondiktion zugeordnet wird) ist der Eigentumsverlust aufgrund von Verbindung, Vermischung bzw. Vermengung oder Verarbeitung (1951 Abs. 1 BGB, Rechtsgrundverweisung auf die allgemeine Eingriffskondiktion).
Der Eingriff muss „auf Kosten” des Bereicherungsgläubigers erfolgen. Nach heute h. M. dient dieses Merkmal nur der Bestimmung der Parteien des Kondiktionsverhältnisses: Bereicherungsgläubiger ist damit der Träger der Rechtsposition, in die eingegriffen wurde. Eine - der Bereicherung des Eingreifenden gar entsprechende - „Entreicherung” des Bereicherungsgläubigers ist demgegenüber nicht erforderlich (str.). Schließlich ist erforderlich, dass die Vermögensverschiebung „ohne rechtlichen Grund” erfolgt. Dies ist der Fall, wenn der erlangte Vorteil nicht aus Vertrag oder gesetzlichen Sonderbestimmungen (vgl. etwa § 937 Abs. 1 BGB) dem Eingreifenden zusteht. Der Herausgabeanspruch richtet sich bei der allgemeinen Eingriffskondiktion nach h. M. (anders als bei § 816 Abs. 1 S. 1 BGB) auf den objektiven Wert des durch den Eingriff Erlangten.
ungerechtfertigte Bereicherung (2 a).
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