Prozessaufrechnung

Aufrechnung im Prozess mit einer Gegenforderung gegen die Klageforderung.
Die Aufrechnungserklärung hat im Prozess eine Doppelnatur: Materiell-rechtlich ist sie rechtsgestaltende Willenserklärung (§388 BGB). Prozessual ist sie Prozesshandlung, aber (als Einrede im prozessualen Sinn) auch ein Verteidigungsmittel. Sie muss daher rechtzeitig geltend gemacht werden, um nicht als verspätet zurückgewiesen zu werden (Verspätung, in der Berufungsinstanz ist die Sonderregelung des § 533 ZPO zu beachten).
Mit der Aufrechnungserklärung tritt hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung keine Rechtshängigkeit ein. Die Prozessaufrechnung führt aber gern. § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB zur Verjährungshemmung.
Die Prozessaufrechnung kann als Primär- (oder Haupt-) Aufrechnung oder als Sekundär- (Hilfs-, Eventual-) Aufrechnung erklärt werden. Im ersten Fall ist sie das einzige (vom Gericht zu prüfende) Verteidigungsmittel gegen die (im Übrigen anerkannte und daher vom Gericht auch nicht weiter zu prüfende) Klageforderung, im zweiten eines von mehreren Verteidigungsmitteln, das vom Gericht erst geprüft werden darf, wenn es die Klageforderung für begründet und andere Einreden des Beklagten für unerheblich hält.
Wird über eine im Prozess erklärte Aufrechnung im Urteil entschieden, erwächst auch die Entscheidung über die Gegenforderung (die nicht zum Streitgegenstand gehört) in Rechtskraft (vgl. § 322 Abs. 2 ZPO). Daraus folgert die Rechtsprechung, dass mangels Zulässigkeit des Rechtsweges über die Aufrechnung mit rechtswegfremden Gegenforderungen nicht entschieden werden könne (etwas anderes gilt daher, wenn die Gegenforderung bereits rechtskräftig tituliert ist, da über die Aufrechnungsvoraussetzungen jedenfalls entschieden werden kann).
Das Gericht kann in diesem Falle entweder die Aussetzung des Prozesses nach § 148 ZPO bis zur anderweitigen Entscheidung über die Gegenforderung anordnen oder ein Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO erlassen.
Die Prozessaufrechnung kann den Streitwert erhöhen (vgl. § 19 Abs. 3 GKG).

Aufrechnung.

ist eine Aufrechnungserklärung als materiellrechtliche Willenserklärung mit Gestaltungswirkung (§§388 S.1, 389 BGB) und ihre gleichzeitige Geltendmachung als Einrede im Prozeß. Es handelt sich also um einen Doppeltatbestand. Anders als bei der rein materiell-rechtlichen Aufrechnung kann jedoch im Prozeß schon im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung des § 322 II ZPO nicht dahingestellt bleiben, ob die Hauptforderung besteht und durchsetzbar ist. Als Ausnahme von dem Grundsatz, daß nur der in der Klage erhobene prozeßuale Anspruch in Rechtskraft erwächst, § 322 I BGB, ordnet § 322 II BGB an, daß auch über die Aufrechnungsforderung, soweit sie nicht besteht, eine rechtskräftige Entscheidung ergeht.

Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn eine Aufrechnung zwar materiellrechtlich zulässig ist, prozeßrechtlich jedoch keine Berücksichtigung finden kann. Wird die im Prozeß geltend gemachte Aufrechnung beispielsweise als verspätet zurückgewiesen nach § 296 II ZPO, heißt dies wegen des Doppeltatbestandes noch nicht, daß sie auch mate-riellrechltlich keine Wirkung entfaltet. Vielmehr ist die Gegenforderung trotz Nichtberücksichtigung im Prozeß nach § 389 BGB erloschen. Um dieses unbillige Ergebnis zu vermeiden, werden verschiedene Lösungsansätze vertreten:

Die Aufrechnungserklärung könnte mit ihrer Geltendmachung im Prozeß als einheitliches Rechtsgeschäft verbunden werden, mit der Folge, daß mit der Unwirksamkeit des prozeßualen Teils auch der materiellrechtliche Teil keine Wirkung entfaltet, §139 BGB.

Die weitaus h.M. geht jedoch davon aus, daß die Prozeßaufrechnung vom Aufrechnenden immer nur eventualiter geltend gemacht wird. D.h., daß die Aufrechnungserklärung nur unter der Bedingung ihrer prozeßualen Berücksichtigung erfolgt. Eine solche Eventualaufrechnung ist gesetzlich in § 19 III GKG anerkannt. Insbesondere verstößt sie auch nicht gegen den Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Prozeßhandlungen. Denn in diesem Fall besteht gerade kein Zustand der Rechtsunsicherheit im Prozeß, da der Eintritt der Bedingung vom Prozeßverlauf selbst abhängt.




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