Vernehmung im Strafverfahren
1) Im Ermittlungsverfahren ist der Beschuldigte nach § 163 a StPO spätestens vor Abschluss der Ermittlungen zu vernehmen, wenn das Verfahren nicht eingestellt wird. Der Beschuldigte kann durch Polizeibeamte, Staatsanwaltschaft oder durch den Richter vernommen werden (§§ 136,163 a StPO). In einfachen Sachen kann sich der Beschuldigte auch schriftlich äussern. Bei der ersten Vernehmung durch Polizeibeamte ist dem Beschuldigten nach Aufnahme seiner Personalien zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last liegt, bei Vernehmung durch Staatsanwalt oder Richter ist er ausserdem darüber zu belehren, welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Der Beschuldigte ist in der ersten Vernehmung darauf hinzuweisen, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äussern, zu schweigen oder vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Die Angaben der Personalien darf der Beschuldigte nicht verweigern (wäre Übertretung nach § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB). Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Beantragt er zu seiner Entlastung die Erhebung weiterer Beweise, so sind diese zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind (§ 136 Abs.
2, § 163 a Abs. 2 StPO). - Verbotene Vernehmungsmittel. Bei der Vernehmung darf die Freiheit der Willensentschliessung des Beschuldigten nicht beeinträchtigt werden durch: Misshandlung, Ermüdung, körperliche Eingriffe, Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung, Hypnose (Lügendetektor, Narkoanalyse). Verboten ist auch die Drohung mit einer unzulässigen Massnahme oder das Versprechen von nicht gesetzlich vorgesehenen Vorteilen. Massnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet. Aussagen, die unter Verletzung dieser Verbote zustande gekommen sind, dürfen nicht verwertet werden, auch wenn der Beschuldigte einer Verwertungzustimmt(§ 136a StPO). Suggestivbefragung. - 2) Die Vernehmung von Zeugen beginnt mit der Aufnahme ihrer Personalien und Ermahnung zur Wahrheit. Zeugen und Sachverständige sind über den Vernehmungsgegenstand aufzuklären und auf ein evtl. Zeugnisverweigerungsrecht hinzuweisen. Ausserdem ist der Zeuge darauf aufmerksam zu machen, dass er die Auskunft auf solche Fragen verweigern könne, deren Beantwortung ihm selbst oder einem Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden (§ 163a Abs. 5, §§ 52, 55 StPO; Auskunftsverweigerung). Auch bei Zeugen ist die Anwendung der beim Beschuldigten verbotenen Vernehmungsmittel unzulässig (s. oben). - 3) In der Hauptverhandlungv/erden nach Aufruf der Sache die Zeugen belehrt (§ 57 StPO). Der Angeklagte wird dann in Abwesenheit der Zeugen nach Hinweis auf sein Aussageverweigerungsrecht vernommen. Die Vernehmung der Zeugen erfolgt einzeln und in Abwesenheit der später zu vernehmenden. Hinweis auf Zeugnis- und evtl. Auskunftsverweigerungsrecht hat durch den Vorsitzenden zu erfolgen. Siehe auch: Zeuge, Sachverständiger, Kreuzverhör, Vereidigung.
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